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Jacob Grimm:
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Tacitus berichtet, dafs ein haupttheil der Germanen zu seiner zeit zwi
schen unermefslichen Waldungen einzeln und zerstreut wohnte: ne pati qui-
dem inter se junctas sedes, colunt discreti ac diversi, ut fons, ut campus, ut
nemus placuit, wer aber so angesessen war, und einer geraden gasse der häu-
ser auswich, dem wird auch keine schnür die äcker eingefriedigt haben; da
muste noch der feldbau vor dem hirtenleben und der Viehzucht zurückwei
chen. Von andern deutschen stammen namentlich den Sueven, die Caesar
ins äuge fafst, wissen wir dagegen dafs ihnen damals schon regelmäfsige ac-
kerbestellung nach weise der späteren dreifelderwirthschaft bekannt war.
Dürfen nordwestliche Germanen diesen Sueven, darf lange nachher noch
sächsische sitte und lebensart der fränkischen und alamannischen entgegenge
setzt werden, so ist wol anzunehmen, dafs wie unter jenen höfe mit einzel
nen häusern durch das land verbreitet waren, unter diesen stattliche dörfer
alle Wohnungen an einander reihten, auf den sächsischen triften länger der
hirtenstab herschte, auf den schwäbischen früher schon der pflüg des bauers
die furche zog, darum auch in der feldflur dort die naturgrenze, hier eine
schon kunstgerechtere Vermessung des bodens werde gefallen haben. Viel
fache abweichungen und Übergänge von der einen zu der andern Ordnung
des anbaus mögen eingetreten sein, aber ihre grundverschiedenheit ist eine
durchgreifende, deren einflüsse auf landeigenthum und ackerbau nach allen
seiten hin gar nicht ausbleiben konnten. Nichts zeugt uns deutlicher von
jenem freieren und zugleich roheren zustand der feldbehandlung als die le
bendige eigenthümlichkeit der markgenossenschaften und nirgend in Deutsch
land hat sie sich länger und treuer bewahrt als in Niedersachsen und West
falen. Überwiegt bei einem volke schon der ackerbau, so wird es geneigt
sein, auch die äufsere grenze seiner Auren, dörfer und Städte durch den pflüg
oder die mefsr^te zu weihen; waltet noch das hirtenleben vor, so finden die
alten bezeichnungen der triften und weiden auf die äcker anwendung. Hier
geht von der mark das ackerfeld, dort von dem acker alles übrige aus.
III. Arten der landtheilung.
Wir wollen suchen von ganz einem andern puncte her dasselbe ziel
zu erreichen und für die vorgetragnen ansichten desto willkommnere bestä-
tigung zu gewinnen.