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J. Grimm über zwei entdecltte Gedichte
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Dem ersten der beiden Gedichte dürfte man unbedenklich die Über
schrift Idisi d.i. nymphae geben und es lautet im deutschen Urtext folgen
dergestalt:
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das heifst:
Eiris säzun idisi, säzun hera duoder,
suma hapt heptidun, suma heri lezidun,
suma clübödun umbi cuoniowidi,
insprincg haptbandun, invar wigandun. H.
eiVi-t) — ■ cütit • Olim sedebant nymphae, sedebant buc atque illuc,
aliae vincula vinciebant, aliae exercitum morabantur,
aliae colligebant serta,
insultum diis complicibus, introitum heroibus.
Erläuterung begehrt vorzugsweise das Wort idis, welches zwar fast allen
unsern ältesten Dialecten bekannt, auch seinem Begriffe nach unzweifelhaft,
von unsern Sprachforschern nicht genug erwogen worden ist. Es scheint
mir ein erzheidnischer Ausdruck, dem man doch auch nach der Bekehrung
eine Zeitlang Gnade widerfahren liefs, wie insgemein, was ich bereits an
derswo wahrgenommen, weibliche Wesen des Heidenthums von den Christen
schonender und duldsamer als die männlichen angesehen wurden. Otfried( 1 )
steht nicht an itis von Maria zu gebrauchen, der Dichter des Heliand idis
von Elisabeth, Maria, Maria Magdalena und andern. Ebenso nennt Csedmon
nicht nur Eva idesa seo betste (das beste Weib), sondern auch Cains Frau
ides, und im Gedicht von Helena sehen wir ides überall der Mutter Con-
stantins beigelegt. Im Beovulf heifsen Königinnen, Frauen, Jungfrauen
idesa, und es ist überhaupt festzuhalten, dafs das Wort von jungen wie von
alten Frauen ohne Unterschied gilt, von ledigen und verheirateten; das ahd.
itislih übersetzt matronalis. Auf dieselbe Weise bezeichnete den Griechen
vv/j.(pvi bald Mädchen, bald Braut, bald Ehfrau; den Nymphen als höheren
zwischen Göttern und Menschen stehenden Wesen, wurde fernes Lebensziel
beigelegt. Mit Vorbedacht habe ich das altnordische Wort noch nicht an
gegeben, welches dem ahd. itis, alts. idis ( 2 ), ags. ides zur Seite steht, und
wirklich Philologen wie Mythographen sind sich dieses für unsere Untersu- (*)
(*) zi theru itis frono O. I. 5, 6.
( 2 ) nicht anders als idis würde es wol in gothischer Sprache lauten.