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Weisheit und Tugend.
92.
(37.) 1. Die Tugend ist das Band der Freude,
kein Bündniß dauert ohne sie, das Laster stiftet Men
schenfeinde und stört der Herzen Harmonie.
2. Ja, suchte jeder Mensch die Tugend, so würde
Freundschaft allgemein, und alle Welt, wie eine Jugend,
von einem einz'gen Vater seyn.
3. Die Tugend halt mit treuen Armen den, der
es edel mit ihr meint; sein Unglück fühlt sie mit Er
barmen, sein Wohl so freudig als ein Freund.
4. O Kind der Tugend, holde Liebe! wir bilden
unser Glück durch dich; den Menschen segnen deine
Triebe, er liebt, und denket brüderlich.
93.
(128.) ( 1. Schon hier folgt jeder edlen That der
Hoffnung süßer Segen, sie reift, wie grüne Waizen-
saat, der Zeit der Äerndt entgegen.
2. Der Tag, wenn ich was Gutes thu', ist hier,
schon hier beglückend, wie schön ist er, und dann die
Ruh am Abend, wie beglückend !
3. Wenn dann so still vor meinem Blick die That
des Tages schwebet, dann fühl ich ganz, wie hoch dieß
Glück den Geist zu Gott erhebet.
94.
(49.) 1. Geliebte Tugend! schön ist dein Bild,
du bist der Jugend ein Rettungsschild, du bist dem
Greise ein fester Stab; und ihm zum Preise krönst du
sein Grab!
2. Dir, o Vertraute der Einsamkeit! dir singt
die Laute Gelassenheit. Am Rosenkleide, das dich um
strahlt, ist weise Freude hold abgemalt.
3. Froh sind die Stunden von dir gewebt, wer
die empfunden, der hat gelebt; der hat gebauet mit
Zuversicht; Heil ihm, er schauet ein göttlich Licht!