Full text: Liederkraenze für Jugend und Volk

82 III. LebenSglück u. Beförderungsmittel desselben. 
Glieder jeden neuen Morgen wieder; immer noch hat 
uns die Nacht, süßen Schlummer zugebracht. 
3. Oft, wenn wir die Pflicht vergessen, diesen 
Leib, so fein gewebt, treu zu schützen; wenn vermessen 
er, der Staub, sich überhebt, sorglos der Gefahr nicht 
achtet, treuen weisen Rath verachtet, ist zum Helfen 
ausgestreckt deine Hand, die unS bedeckt. 
4. Laß uns dafür dankbar werden! Zwar ist 
unsre Hülle Staub, nur gebaut für uns'auf Erden, 
bald des dunkeln Grabes Raub; mag sie einst in Staub 
zerfallen! doch, in dieses Thales Wallen, sey sie theuer 
uns und werth, auch durch sie sey du geehrt! 
5. Was sie vor der Zeit zerstöret, was uns schwach 
und elend macht, was Vermessenheit uns lehret, was 
wir, ruhig überdacht, bitter, doch zu spat bereuen, laß 
uns, Vater! ernstlich scheuen, laß eS ferne von uns 
seyn! Denn auch unser Leib ist dein. 
131. Keuschheit. 
(X 18.) 1. Wem Wollust nie den Nacken bog, und 
der Gesundheit Mark entsog, dem steht ein schönes Wort 
wohl an, das Heldenwort: Ich bin ein Mann! 
2. Denn er gedeiht und sproßt empor, wie auf 
der Wies' ein schlankes Rohr; und lebt und webt, der , 
Gottheit voll, an Kraft und Schönheit ein Apoll. 
3. Die Götterkraft, die ihn durchfleußt, beflügelt 
seinen Feuergeist, und treibt, aus kalter Dämmerung, 
gen Himmel seinen Adlerschwung. 
4. Dort taucht er sich in's Sonnenmeer und Klar 
heit strömet um ihn her. Dann wandelt sein erhellter 
Sinn durch alle Schöpfung Gottes hin. 
5. Und er durchspaht, und wagt, und mißt, was 
schön, was groß und herrlich ist, und stellt es dar in 
Red' und Sang, voll Harmonie, wie Himmelsklang. 
6. Sein Auge funkelt dunkelhell, wie ein krystall- 
ner Schattenquell. Sein Antlitz strahlt, wie Morgen 
roth; auf seiner Stirn herrscht Machtgcbot. 
7. Die Fülle seines Lebens glanzt, wie Wein 
von Rosen rund umkränzt; der Lebensreinhcit sich be 
wußt, schlagt froh das Herz in seiner Brust.
	        
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