Sie brannte vollständig ab, und gewährte einen imposanten
Anblick; einem Brillantfeuerwerke ähnlich. Das Publikum
hatte sich auf der Promenade vis a vis sehr zahlreich eingefun-
den, und betrachtete den Brand wie ein Theaterstück. Es wurde das
Ende vollständig abgewartet, d. h. der Einsturz des Thurmes; so
wie das vorüber war, gingen die Leute befriedigt nach
Hause. Großes Bedauern fand nicht statt; die Kirche versperrte
die Aussicht und sah nicht gut aus, außer wie sie brannte,
also nur einmal seit 300 Jahren. — Nach 7 Uhr Abends wußte
man kaum mehr, daß eine Kirche dort gestanden; so gründlich
ist alles verbrannt. Der mit imposanten Gebäuden besetzte
Platz ist nun frei, und will man das Denkmal des vorigen
Königs dorthin setzen. Schrecklicher war kürzlich der kolossale
Brand des Gasthofs und Tanzsaales Zum russischen Kaiser in
der Odervorstadt, eines großen massiven Eckhauses mit
zwei Fronten von 20 und 12 Fenstem; das Haus gerieth
durch gesprungene Gasröhren über und über in Brand und
gewährte einen furchtbaren Anblick. — Sollten Sie diese
Feuergeschichten nicht vergessen, so würde deren Mittheilung
den Herren Sobirey und Stolz von großem Interesse
sein. Weiter wüßte ich nichts zu schreiben, als daß der
Winter mit ungeheurem Schneetreiben und großen
Massen seit gestern bei uns eingekehrt ist. –
Also noch tausend Dank für alle Genüsse; empfehlen Sie
mich Ihrer Frau Gemahlin und allen lieben Ihrigen, H. u. Fr. v. Malsburg, dann
H. Bott, Sobirey, Stolz u. Schloß ergebenst und freundlichst.
Mit vorzüglicher Verehrung
Ihr
dankbarer
Adolf Hesse
Volltext von: Karl Traugott Goldbach, Spohr-Briefe
www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1854111431