Full text: 400 Jahre Landesbibliothek

in den USA und kehrte 1955 in die Handschriftenabteilung zurück. Das Blatt 1 
wie der Willehalmcodex wurden 1972 ebenfalls in den USA aufgefunden und 
zurückgegeben. 
Die Mehrzahl der wertvolleren, in Marburg befindlichen Handschriften waren 
noch 1944 in das Salzbergwerk Heiligenroda in der Nähe von Vacha 
ausgelagert worden. Auch davon gingen 13 Stück verloren, darunter drei 
Pergamenthandschriften, die 1942 zur Restaurierung an ein Spezialinstitut nach 
Rom gegeben worden waren und noch 1944 zurückkehrten. Die erste dieser 
hervorragend restaurierten Handschriften, eine Sammelhandschrift mit Texten 
u. a. von M. T. Cicero, konnte 1978 in den USA gefunden und zurückgeführt 
werden. 
Wertvollste Handschriften, wie das „Hildebrandslied“ und der „Willehalm 
codex“, wurden 1939 bzw. 1941 zunächst in Tresoren der Kreissparkasse 
Kassel und der Landeskreditbank Kassel untergebracht. Dieser Aufbewah 
rungsort erschien 1943 nicht mehr sicher genug. Zusammen mit wertvollen 
Dubletten, einigen besonderen Hassiacaerwerbungen sowie der Brüder- 
Grimm-Sammlung wurden die Bände mit Ausnahme von „Hildebrandslied“ 
und „Willehalmcodex“ in den Keller eines Forsthauses auf dem Karnberg bei 
Wanfried, Kreis Eschwege, ausgelagert. Verschiedene Bemühungen seit 1945, 
die Auslagerungsstelle aufsuchen zu dürfen, scheiterten immer wieder, da das 
Gebiet als Teil Thüringens inzwischen in sowjetische Oberhoheit gekommen 
war. Die eingelagerten Bestände wurden offensichtlich geplündert. Restbe 
stände wurden 1956 aufgefunden und befinden sich heute in Verwahrung bei 
der Deutschen Staatsbibliothek in Ostberlin. Einige Handschriften wurden, 
zum Teil im Rahmen von polizeilichen Hausdurchsuchungen, in Grenzorten 
im Kreise Eschwege festgestellt. Einzelblätter aus der alten Brüder-Grimm- 
Sammlung wurden auf einer Auktion festgestellt. 
Verschwunden bis heute ist u. a. das bekannte Hardehäuser Evangeliar aus 
dem 12. Jahrhundert, 
Bereits durch den Brand am 8./9. September 1941 wurden folgende Teile des 
Handschriftenbestandes vernichtet: 
a) Der Gesamtbestand an Handschriften der Wilhelmshöher Schloßbibliothek 
mit 20 Hassiacis und 47 Nicht-Hassiacis. Gerettet wurde allein, da sie sich 
im Zwehren-Turm befand, die Handschrift Nr. 18: „Dilich, W. und 
J. Hartmann: Aufriß und Ansichten von Schlössern.“ 
b) 21 Hessische Urkunden aus dem Handschriftenschrank im Theologie 
zimmer. 
Die Handschriften insgesamt hatten in der Brandkatastrophe 1941 wie danach 
an den Auslagerungsorten z. T. sehr gelitten. Bereits 1942 konnten wenige 
Handschriftenbände zur Restaurierung weggegeben werden. Nach dem Zwei 
ten Weltkrieg wurden bis 1957 einige besonders gefährdete Handschriften 
bände mit finanzieller Unterstützung der Hessischen Brandversicherungsan 
stalt durch Professor Hübner, Freiburg (Br.) wieder hergestellt. 
3. Patentschriftenabteilung 
Auf Drängen der Industrie- und Handelskammer stimmte die Landesbiblio 
thek Kassel zu, ab 1950 die Patentschriften des Deutschen Patentamtes in 
München in einer Sonderabteilung im Ständehaus zu sammeln, geordnet 
bereitzuhalten und ihre Benutzung zu ermöglichen. Für die Bibliothek war die 
Betreuung dieser Sonderabteilung eine zusätzliche große Arbeitsbelastung. 
Anstatt des erwarteten Zugangs von etwa 300 Patenten je Woche waren in den 
ersten Jahren im Durchschnitt 900 Patentschriften einzuordnen. Die in den 
Folgejahren immer stärkere Arbeitsbelastung, die z. T. nur durch den Arbeits 
einsatz von arbeitslosen Kollegen ohne Bezahlung geleistet werden konnte, 
führte dazu, daß es 1970 zu erneuten Gesprächen mit der Industrie- und 
Handelskammer kam mit dem Ergebnis, daß man sich entschloß, die Patent 
schriftenabteilung stillzulegen. Die Patente wurden im Jahre 1974 verschenkt.
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.