werden: Prof. Becker ist bekannt als fähiger Bibliotheksfachmann; Prof.
Hartmann war bereits als sachkundiger Fachschiedsrichter am Ende der Bespre
chungen zwischen der Stadt Kassel und dem Bezirksverband 1938 abgesprochen
worden. Als Kurhesse war er wie Becker, der vor ihm Direktor der Universitäts
bibliothek Göttingen gewesen war, mit den Verhältnissen in Nordhessen bestens
vertraut.
Das Gutachten vom 7. August 1942, das der Reichsminister für Wissen
schaft, Erziehung und Volksbildung zur Arbeitsrichtlinie für die weiteren
Gespräche zwischen der Stadt Kassel und dem Bezirksverband Hessen erklärte,
empfiehlt die Vereinigung der Landesbibliothek und der Murhardschen Biblio
thek zu einer wissenschaftlichen öffentlichen Bibliothek. ,,Es ist dies die einzige
organische Lösung, die eine rationelle und zweckmäßige Verwendung der
öffentlichen Mittel gewährleistet.“ 8
Der Bezirksverband als Träger der Landesbibliothek sollte von der Stadt
Kassel die Murhardsche Stadtbibliothek mit den gesamten Beständen kaufen. Bis
zur endgültigen Lösung der Frage der Unterbringung der neuen Landesbiblio
thek müsse das Gebäude der Murhardschen Bibliothek zur Verfügung gestellt
werden, damit im wissenschaftlichen Bibliothekswesen Kassels keine Unterbre
chung im Dienstleistungsangebot entstehe.
In einer Besprechung unter Vorsitz des Oberpräsidenten von Hessen-
Nassau am 25. 11. 1942 erklärten sich Stadt Kassel und Bezirksverband mit dem
Inhalt des Gutachtens des Beirats grundsätzlich einverstanden. Die folgenden
Grundsätze für einen Übernahmevertrag wurden vereinbart:
1. Die Kaufsumme für die Bücherbestände der Murhardschen Bibliothek wird
durch eine Schätzung von Prof. Becker festgestellt (ermittelter späterer
Schätzbetrag 2450000 RM).
2. Das Inventar der Bibliothek wird ebenfalls vom Bezirksverband angekauft.
Der später ermittelte Schätzwert betrug 60000 RM.
3. Das Personal der Murhardschen Bibliothek wird übernommen.
4. Da der alsbald durchzuführende planmäßige Wiederaufbau der Landesbiblio
thek die Übernahme der Murhardschen Bibliothek zur Voraussetzung hat, ist
die Vereinigung beider Bibliotheken so schnell wie möglich durchzuführen.
5. Das Gebäude der Murhardschen Bibliothek wird dem Bezirksverband für die
vereinigte Bibliothek für eine Jahresmiete von 12000 RM von der Stadt Kassel
zur Verfügung gestellt.
6. Der Mietvertrag kann zum Schluß eines jeden Kalenderjahres gekündigt
werden, frühestens mit Ablauf des 5. Jahres nach Beendigung des Krieges.
Allen Beteiligten war klar, daß im Falle eines Scheiterns der Verhandlun
gen über eine Vereinigung beider wissenschaftlicher Bibliotheken in Kassel der
Wiederaufbau der Landesbibliothek anders organisiert werden müsse. Die
Arbeitsrichtlinie der Landesbibliothek Kassel bis zum Ende der Verhandlungen
lautete daher nur:
1. Sicherung der wertvollen Handschriftenbestände wie der alten Musikalien
Die Handschriftenabteilung wurde hierzu im April 1942 nach Marburg in das
neue Gebäude des Hessischen Staatsarchives ausgelagert, wo die Handschriften
im Keller relativ gut gegen Bomben geschützt waren. Als Leiter der Hand
schriftenabteilung wurde Dr. Israel nach Marburg abgeordnet. Besonders
wertvolle Handschriften wurden bis Mitte 1944 in drei Tresoren bei der
Kreissparkasse Kassel aufbewahrt.
Dr. Israel hat in den Kriegsjahren wie danach bis zu seiner Pensionierung im
Herbst 1948 in Marburg im Rahmen des Möglichen die 1941 und 1945 in
Unordnung geratenen Bestände wieder geordnet, die Bestände endlich zu
katalogisieren versucht und eine den schwierigen Umständen entsprechende
Benutzung der Handschriften und Musikalien ermöglicht. Die Handschriften
abteilung kehrte erst am 2. Dez. 1949 nach Kassel zurück.