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Vorentwurf zum
Landesbibliothek
1939
die Berufung eines gemeinsamen Leiters für die Landesbibliothek Kassel und die
Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel zu erreichen. Der Verhandlungszeit
punkt war insofern günstig, als bei beiden Bibliotheken die Position des Leiters
vakant war. Das Abkommen vom 14. 12. 1938 sieht jedoch lediglich eine
wirkungsvollere Erwerbungskooperation zwischen beiden Bibliotheken für die
Zukunft vor. Als Garant für die Einhaltung der Vereinbarung wurde der Direktor
der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Professor Dr. Hartmann,
berufen. 4 Der kurz danach beginnende zweite Weltkrieg verhinderte jedoch das
Wirksamwerden der Vereinbarung.
Das unbefriedigende Verhandlungsergebnis bewegte den Bezirksverband,
aus eigener Kraft, d, h. zu Lasten aller Kommunen Nordhessens, auch der Stadt
Kassel, die Landesbibliothek Kassel zu reorganisieren und großzügig mit
Personal und Sachmitteln auszustatten. Zum 1. April 1939 trat Dr. jur. Hans-
Peter des Coudres seinen Dienst als neuer Leiter der Landesbibliothek Kassel an.
Den in ihn gesetzten Erwartungen entsprach er durch die Vorlage eines
Reorganisationsplans der Landesbibliothek Kassel bereits am 6, 5. 1939. Dieser
wurde kurzfristig genehmigt. 5
Des Coudres schlug vor, das Bibliotheksgebäude „Museum Frideri-
cianum“ im wesentlichen von allen Bücherbeständen zu befreien. Diese seien in
einem anzubauenden Magazin aufzustellen. Dieses könne entweder die benach
barte, im Besitz der Stadt Kassel befindliche Bürgerschule sein, die die Stadt
Kassel durchaus verkaufen wolle, oder ein Neubau nach Abriß einiger benachbar
ter Häuser. Des Coudres nahm insofern die von Hopf bereits 1927 geäußerte Idee
auf.
In baulicher Hinsicht bestach sein Reorganisationsentwurf im Hauptge
bäude durch die vorgeschlagene Großzügigkeit. Die Ausleihe in der Eingangs
halle sollte in den dahinter gelegenen Rundbau verlegt werden. Damit würde für
Besucher der Aufgang in den ersten Stock frei, wo der alte große Büchersaal,
ästhetisch gefüllt mit der Wilhelmshöher Schloßbibliothek, als Vortragsraum
genutzt werden sollte. Der Rundbau im ersten Stock sollte Ausstellungsraum
sein.
Katalograum, Sekretariat, Direktorzimmer und Beamtenzimmer hätten
im Erdgeschoß im linken Teil des Gebäudes Platz zu finden. Der rechte Teil des
Erdgeschosses würde dem Lesesaal, einem Zeitschriftenlesesaal sowie einem
Handschriften-, Karten- und Musiklesesaal Vorbehalten sein. Der linke Flügel im
ersten Stock sollte der Unterbringung der Handschriften, der Kartenabteilung
und anderen Sondersammlungen dienen, der rechte Flügel unter anderem die
Brüder-Grimm-Sammlung aufnehmen. Der Zwehrener Turm sollte eine Foto
stelle und sonstige technische Einrichtungen beherbergen.
Noch kurz vor Kriegsbeginn wurde mit den Umbaumaßnahmen begon
nen. Verausgabt wurden im gleichen Jahr noch 17000 RM, ehe die Baumaßnahme
durch die Kriegsereignisse gestoppt werden mußte. Der Umbau des alten
Vortragssaales zum Katalograum war fast vollendet. Des Coudres, der im
Oktober 1939 eingezogen worden war, hat 1940 während gelegentlicher Heimat
aufenthalte mit seinen Mitarbeitern die Planung weiter verfeinert.
In personeller und bibliothekstechnischer Hinsicht war das vorgelegte
und genehmigte Reorganisationspapier noch großzügiger. Des Coudres bean
tragte und erhielt zusätzlich zu den bereits 1939 zugesagten zwei Stellen im
folgenden Jahr nochmals vier Planstellen. Zwei dieser Stellen - je eine Planstelle
höherer und gehobener Dienst - sollten jedoch erst am Ende des Krieges besetzt
werden. Der Personalstand der Bibliothek wuchs somit von dreizehn Planstellen
1938 über fünfzehn Planstellen 1939 auf siebzehn Planstellen 1940 - fünf Stellen
wissenschaftlicher Dienst, sieben Stellen gehobener Dienst, fünf Stellen techni-
Neu- und Umbau der sc ^ er Dienst -. Zusätzlich sollte durch den Kauf weiterer Schreibmaschinen und
zu Kassel, Erdgeschoß, einer Kardex-Registratur für die Arbeitsbereiche Fortsetzungen und
Zeitschriftenerwerbung eine weniger arbeitsaufwendige und raschere Geschäfts-