Full text: 400 Jahre Landesbibliothek

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Grundriß Museum Fridericianum, Erdge- j ........ | 
schoß (Bibliotheksgeschoß) 1913 m o 
schaftler im Dienste des Fürsten gestanden und in seinem Aufträge gearbeitet - 
und das ist allen Dankes wert. Seien es Heinrich Schütz, Guerniero, du Ry, 
Tischbein, Denis Papin, die Lehrer am Collegium Carolinum oder auch die 
Schminckes, Strieder und Rommel. Die Grimms standen auch im Dienste des 
Fürsten, aber sie waren es, die hier die gegebene Tradition durchbrachen, die 
selbständig eine neue Wissenschaft begründeten, die nach ihrem Wunsche vom 
einfachen Menschen ausging und an das Gesamtvolk sich richtete, in geschwister 
licher Nachbarschaft zu allen anderen Völkern, denen ihre Achtung in gleichem 
Maße galt wie dem eigenen. Mit ihnen begann in der Kasseler Bibliothek eine 
neue Ära, die in der Stadt weiter durch die Namen eigenschöpferischer Menschen 
gekennzeichnet ist, wie Louis Spohr, Brüder Murhard, Carl Heinrich Arnold 
und Carl Anton Henschel, Friedrich Wöhler und Robert Bunsen; auch den 
liebenswerten Ernst Koch dürfen wir zu ihnen rechnen. Es ist der Anbruch, der 
Durchbruch eines neuen Zeitalters eigenbewußter schöpferischer Kräfte, der in 
unserer Bibliothek durch die Brüder Grimm ihren ersten Ausdruck gefunden hat. 
Diese sozusagen innere Entwicklung erhielt ihre äußere Form dadurch, 
daß mit der hessischen Verfassung vom Jahre 1831 die fürstliche Bibliothek in den 
Besitz des Landes überging. Die Erforschung der hessischen Geschichte über 
nahm alsbald anstelle der fürstlichen Bibliotheksbeamten der 1834 gegründete 
bürgerliche Verein für hessische Geschichte und Landeskunde, der weit über ein 
Jahrhundert auf das engste mit der Bibliothek verbunden gewesen ist und, so 
möchte ich wünschen, es auch wieder werden sollte. Karl Bernhard!, Jacob 
Grimms Nachfolger in der Bibliothek und später auch Vorsitzender des 
Geschichtsvereins, saß mit jenem zusammen als Abgeordneter in der Paulskirche. 
Welche eine Wandlung des Milieus! 
Es kommt aber noch etwas höchst Bemerkenswertes hinzu: Die Stiftung 
der Murhardschen Bibliothek der Stadt Kassel durch das 1845 niedergeschriebene 
Testament der Brüder Friedrich und Carl Murhard. Seine Bestimmungen, die im 
übrigen einer kleinen Bibliothekslehre gleichen, wurden im Jahre 1863 wirksam; 
dieser Tag wurde im Jahre 1963 in der Murhardschen und Landesbibliothek 
festlich begangen. Die nach sorgfältiger Vorbereitung im Jahre 1874 eröffnete 
Bibliothek ist, soweit es sich übersehen läßt, die einzige wissenschaftliche 
Universalbibliothek in Deutschland, die auf eine private Stiftung zurückgeht 
(während das z. B. in den USA besonders häufig ist). 
Diese Stiftung geschah nicht unbedingt im Gegensatz zu der bestehenden
	        

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