?
V'*
y ££ Zk,
j
Nerciats Unterschrift unter den Brief an
Schlözer vom 22. 2. 1781; T Ms.hass.320^
172
sagen wagen! Das durfte nicht unwidersprochen bleiben. So erscheint denn im
26. Stück der Gothaischen gelehrten Zeitung von 1781 eine Entgegnung Nerciats
vom 6. März 1781, in der er sich zu verteidigen und seinen Kopf aus der
Schlinge zu ziehen sucht: Deux Francois ä la verite sont attaches ä la Bibliotheque
de Cassel; mais Vun est un Chef, une espece de Primat des Sciences, Lettres et Arts.
Ce Chef a seul imagine la distnbuüon actuelle... Je suis ce Francois et je Vohs
Proteste, Monsieur... (Strieder 8, 131/2.) Und noch einen Brief Nerciats druckt
Strieder ab, um sich an der halbherzigen Empörung Nerciats zu weiden: Celui
donc qui vous ecrit... franqais d la verite... Sous-Bibliothecaire par hazard, et sans
vocation, sans pretentions... Avant sa metamorphose imprevüe, il avait produit
quelques Ouvrages d’Imagination en vers et en prose... (a. a. O. 133). Schlözer
entgegnet ihm in böser Ironie und hält einen Vortrag über die Bedeutung des
anstößigen Wortes „ungelert“ und sagt: Ein Homme-Lettre braucht nicht reuten
zu können, und niemand verachtet ihn deswegen: wie aber, wenn er Stallmeister
würde? (a. a. O. 135.) Und dann heißt es bissig: Verzeihen Sie, daß ich deutsch
schreibe. Ich verstehe zwar französisch, aber zu schreiben wage ich es nicht, weil
ich Gefahr laufe, in jeder Zeile eine Exeuropaeane zu machen. Das ist eine
Anspielung auf die dilettantische Systematik. Der gute buchet hatte da nämlich
geschrieben „Historia Europaeana, Historia Exeuropaeana“, wobei es Schlözer
schüttelte. Nebenbei bemerkt: Mit einiger Wehmut liest man den Satz, den
Schlözer in diesem Zusammenhang en passant fallen läßt: Nun Cassel ist der Stolz
von uns Deutschen im Kleinen, wie Paris der Stoltz der Franzosen im Grossen. Wir
Göttinger haben noch ein specielles Interesse dabei. Cassel und Göttingen nützen
sich wechselweise, und mancher illustre Reisende würde nicht in unsere Gegenden
kommen, wenn nicht beyde Städte so nahe Nachbarinnen wären, (a. a. O. 136/7.)
Das waren noch Zeiten! Heute ist Göttingen allein die großzügig Gebende.
Nerciat also wußte sich mit Eleganz aus allem herauszuhalten, er schob
alle Schuld auf buchet. Er war ja nur Bibliothekar „par hazard“ geworden - wie
mancher vor und nach ihm -, eigentlich wollte er an buchets Tätigkeit als
Theaterdirektor partizipieren, buchet hatte auch seine komische Oper „Con-
stance ou b’heureuse Temerite“ mit großem Aufwand im Komödienhaus in
Kassel in Szene gesetzt. Nerciat war so übel nicht - kein geringerer als Guillaume
Apollinaire widmete ihm mit bohmeyers Hilfe eine Monographie - aber er war
gewiß kein Bibliothekar, wollte es auch nicht sein, wollte
Romanhelden mit Eleganz und Vergnügen durchs beben kommen.
nur wie seine
* Fragments of Ancient Poetry. Edinburgh 1760. Hrsg, von James Macpherson.
** Reliques of Ancient English Poetry. London 1765. Hrsg, von Thomas Percy (1729-1811).
* Teildr. 1773 u. 1774. EA Leipzig 1778/9. Ab 1807 u.d.T. „Stimmen der Völker“.