zurück; im Oktober 1834 mußte das Blatt nach der Verhaftung des Verlegers
Geeh sein Erscheinen einstellen.
Zweimal - 1832 und 1833 - wurde Bernhard! als Abgeordneter der
Diemelstädte in den Landtag gewählt, beide Male wußte die Regierung durch
Machenschaft die Wahrnehmung der Parlamentsarbeit zu verhindern, beim
zweiten Mal durch einen ganz geschickten Schachzug: Er wurde in die
Bibliotheksdirektion berufen, Bibliotheksdirektor Rommels Urlaub wurde in die
Zeit verlegt; dadurch war er beruflich gebunden und konnte nach Ansicht der
Regierung sein Mandat nicht wahrnehmen. Obwohl Bernhardi dies bestritt,
wurde er faktisch gezwungen, auf das Mandat zu verzichten, wollte er nicht die
Auflösung des Landtags provozieren.
Geradezu paradox war es, daß er, der Vorkämpfer der Pressefreiheit, von
Amts wegen Mitglied der Zensurkommission sein mußte. Mit Argwohn betrach
tete ihn, den Liberalen, seine Vorgesetzte Behörde; 1841 kam es zum Eklat. Er
hatte einen Artikel „Das konstitutionelle Leben in Hessen“, der sich kritisch mit
der restriktiven Politik in Kassel befaßte, unbeanstandet passieren lassen. Prompt
wurde er entlassen, was ihm nicht unlieb war, ja es scheint sogar, als habe er seine
Demission provoziert.
Daß ihm, der von 1835 an fünf Jahre lang Vorstand des Bürgerausschusses
im Rathaus war, 1841 die Nachfolge seines verehrten Freundes Karl Schomburg
im Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Kassel angeboten wurde, in eben dem
Jahr 1841 also, in dem er aus der Zensurbehörde entlassen wurde, das ist ein
apartes Zusammentreffen. Es spiegelt aber zugleich etwas wider von dem
Gegensatz Regierung auf der einen, Stadt und Bürgertum auf der anderen Seite.
Bernhardis Ansehen war durch seine Arbeit in der Bibliothek, seine besonnene,
konsequente politische Haltung, seine Arbeit im Bürgerausschuß und vor allem
durch sein Bemühen um eine Verbesserung der Lage sozial schwächerer Schichten
so groß geworden, daß er letzten Endes doch unangreifbar war. 1834 hatte er eine
„Anstalt zur Erziehung armer und verwahrloster Knaben“ ins Leben gerufen, die
von einem Verein „zur Verbesserung des moralischen und physischen Zustandes
der hiesigen Armen“ getragen wurde. Wie segensvoll diese Anstalt wirkte, erhellt
sich daraus, daß ihm von der Stadt anläßlich der 25jährigen Stiftungsfeier des
Vereins 1859 die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde. Im übrigen sah er es aber
durchaus als Aufgabe der Kirchen an, sich der Armenfürsorge anzunehmen. Sie
bzw. ihre finanzkräftigen Gemeindemitglieder hätten sich um die Bedürftigen zu
kümmern, der Arbeitslosigkeit abzuhelfen; eine Fürsorge, die von den Geistli
chen, den Gemeindeältesten bzw. ehrenamtlich bestellten Pflegern getragen
werde, sei allemal besser als öffentliche Armenpflege, weil sie allein die nötige
persönliche Hingabe gewährleiste. (Kirchenfreund 4. 4. 1846.)
Die beste Darstellung der Armenpflege in Kassel legte wiederum ein
Bibliothekar vor: 1889 erschien HUGO BRUNNERS ,Armenpflege, Wohlthätig-
keits- u. gemeinnützige Veranstaltungen in der Residenzstadt Cassel'. Brunner
gibt in diesem Band, den er den Teilnehmern der 10. Jahresversammlung des
deutschen Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit in Kassel widmet, einen
kurzen geschichtlichen Abriß der Sozialfürsorge in Kassel und stellt dann die
einzelnen Einrichtungen vor einschließlich Zweck, Dotierung, statistischer
Angaben. Rund 60 soziale Einrichtungen der Zeit werden dargestellt, städtische,
staatliche, kirchliche, gemeinnützige und private. Das reicht von den städtischen
Armenanstalten über den vaterländischen Frauenverein', den »Verein gegen
Verarmung und Hausbettelei', der immerhin 1137 Mitglieder hatte, 1888 4345
Personen, die noch nicht unter der Obhut der städtischen Armenfürsorge
standen, unterstützte, bis zur Suppenanstalt, die 1888 71 109 Portionen Suppe (je
1 Liter) zu ganz geringer Kostenbeteiligung verabreichte (bei Schülern vier
Pfennig). Das Buch schließt mit einer kurzen Übersicht über das Krankenkassen
system und die Berufsgenossenschaften mit einem Ausblick auf die Zeit vor
Einführung des Krankenkassengesetzes vom 15. 6. 1883.