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Stich aus: Das Kurfürstenthum Hessen in
malerischen Original-Ansichten ... Darm
stadt 1852, nach S. 306. Zierenberg mit
Umgehung, wo Bernhardi, Duncker und
Landau hei einer Wanderung den Plan zur
Gründung des Vereins für hessische Ge
schichte und Landeskunde faßten
hinein. Friedrich II. war begeistert, weil er glaubte, nun noch etwas französischer
zu sein als vorher, und Strieder grollte. Er beschrieb das Chaos und die
Luchetschen Untaten minuziös; man möchte aber fast vermuten, daß er vieles
hätte verhindern können, wenn er nur ein wenig zugänglich gewesen wäre und
nicht alles von der Warte der Wissenschaft, sondern mit den Augen der
Diplomatie gesehen hätte. Dem Nicht-Bibliothekar sei hier mitgeteilt, daß der
Streit darüber, nach welchem System Bücher aufgestellt werden, wahrscheinlich
so alt ist wie die Bibliotheken selbst, er kann nur von Bibliothekaren richtig
gewürdigt, offenbar von diesen aber auch nur begriffen werden.
Erst nach dem Tode Friedrichs II. 1786 wurde er wieder in seine früheren
Rechte eingesetzt, und er ging sofort mit vehementer Energie daran, einen achtzig
Foliobände umfassenden systematischen Katalog anzulegen. Verantwortlich
dafür war Ernst Wilhelm Cuhn, der uns hier noch an anderer Stelle interessiert.
Dieses gewaltige Katalogwerk gehört zu den wenigen Resten, die die Brandnacht
im September 1941 verschont hat. Ein Katalog ohne Bibliothek - wahrlich fast ein
ad absurdum geführtes Zeugnis bibliothekarischer Idiosynkrasie.
Das nächste Verhängnis brach über Strieder herein mit der Vertreibung
des Kurfürsten und der Installierung des westfälischen Königreiches unter Jeröme
im Jahre 1806-07. Voll echtem Entsetzen berichtet er davon, nicht ohne seine
Gelehrsamkeit durch einen historischen Schnörkel unter Beweis gestellt zu
haben, ... der unglücklichste Tag für Hessen, solange es seit dem Isten Heinrich,
dem Kinde von Brabant, seit 1265 nämlich in die Reihe der erhabensten
Fürstenhäuser gehörte (Autobiographie in: Strieder 18, 475). Er erbittet seine
Entlassung und erhält sie. Da sitze ich dann nun in regno vegetabili, und halte
mich stets in meinen vier Wänden. Trauer über das so große menschliche Elend -
Trauer über Fürsten und Vaterland will mich nicht verlassen! Wahrscheinlich
erliege ich darunter, bei allem philosophischen oder religiösen Sinne, wo auch mich
Dunkelheit der fürchterlichsten Verwirrungen umgibt und stutzig macht; (- man
lese doch Spaldings Bestimmung des Menschen, Leipzig 1768, S. 49 u. ff. -).
Tatsächlich verließ er sein Kasseler Haus nicht, bis Jeröme 1813 mit Schimpf und
Schande davonging. Er durfte es noch erleben, voll rehabilitiert zu werden und
hatte das Glück, so rechtzeitig zu sterben, daß ihm die erbärmliche Denkungsart
seines Fürsten nicht mehr recht bewußt werden konnte. Es mag nicht immer
leicht gewesen sein, mit, über oder unter dem alten Dickschädel zu arbeiten; man
kann schon den 2. Bibliothekar Ernst Wilhelm Cuhn verstehen, daß er sich auf