Hessische Geschichte
und Biographie
Friedrich Wilhelm Strieder (1739-1815)
Christoph (von) Rommel (1781-1859)
Johann Philipp Kuchenbecker (1703-1746)
Hugo Brunner (1853-1922)
Wilhelm Grotefend (1857-1901)
Nicht einer der Bibliothekare, der sich nicht mehr oder weniger intensiv
mit hessischer Geschichte oder der Biographie hessischer Persönlichkeiten befaßt
hätte. Und sogar der eingefleischte Pausanias-Jünger Schubart, der sich nicht
leicht von diesem seinen Forschungsgegenstand abbringen ließ, war 1834 durch
Bernhardi und Landau dazu bewogen worden, bei der Gründung des Vereins für
Hessische Geschichte und Landeskunde mitzuwirken, aber auch nur, weil man
gerade selbdritt durch die zauberhafte hessische Landschaft bei Zierenberg
wanderte, der gegenüber sich niemand verhärten kann, und besonders, weil man
Schubart damit lockte, die Kasseler Landesbibliothek habe noch keinen
Herodot gefunden. Durch eine so klassische Aussicht ließest Du Dich endlich
bestimmen, unseren vaterländischen Bestrebungen Dich anzuschließen und gabst
uns, angesichts dreier mächtiger Zeugen, des hehren Dörnberg''s, des mächtigen
Bärenbergs und des drohenden Schreckenberges, das feierliche Versprechen, diese
Deine Theilnahme durch eine ,Geschichte der hiesigen Landesbibliothek‘ zu
bethätigen (in: Die Revolution der Casselschen Bibliothek in dem Jahre 1779.
Nach e. Tagebuch des damaligen Bibliotheksregistrators F. W. Strieder... Hrsg,
von Karl Bernhardi. Kassel 1850, S. III). Schubart hat, nebenbei bemerkt, diese
Geschichte nie geschrieben, obwohl Bernhardi ihn durch die Veröffentlichung
dieser Striederschen Schrift zur Feier des 25. Jahrestages der Promotion von
Schubart nochmals provozieren wollte. Schubarts Beitrag zur hessischen
Geschichte beschränkte sich auf die Redaktion der Zeitschrift für Hessische
Geschichte und Landeskunde und - last but least - auf die Verwaltung der
Vereinskasse. Daran änderte auch Bernhardis Zuruf nichts: Herr, vergiß der
Bibliotheksgeschichte nicht! (a.a.O.S.IV.) Dies übrigens ein Zuruf, der offenbar
kaum mehr bis in die Bibliotheksschulen Deutschlands dringt.
Bleiben wir gleich bei FRIEDRICH WILHELM STRIEDER (12. 3. 1739 Rin
teln, 1752-57 Studium, vorwiegend Theologie, in Rinteln, 1758 Soldat (Kurz
schlußhandlung) bis 1765, nach dem Abschied Skribent in der Steuerbehörde
Niederaula bei Hersfeld, 1765 Registrator LB Kassel, 1776 Sekretär, 1786 Rat
und wirklicher Bibliothekar, 1788 1. Bibliothekar und Hofbibliothekar,
16. 6. 1808 Entlassung, 1814-1815 Direktor, f 13. 10. 1815).
Strieder ist wie Philipp Losch Landesbibliothekar par ecxellence, unge
heuer belesen, selbst Verzweiflungsausrufe mit literarischen Zitaten schmückend,
gradlinig bis zur Sturheit, aufrichtig seinem Fürstenhaus ergeben. Zweimal in
seinem Leben mußte er „Franzosenherrschaft“ erdulden, einmal unter Landgraf
Friedrich II., der für alles Französische schwärmte und 1779 Jean Pierre Louis de
Luchet unter anderem als Bibliothekar ein- und Strieder vor die Nase setzte.
Dessen Wirken, als „die Revolution der Casselschen Bibliothek“ weithin
bekannt geworden, brachte nicht nur die Bibliothek, sondern vor allem Strieders
am klassischen Wissenschaftssystem geschliffenen Geist in Aufruhr. Er mußte
mit ansehen, wie Luchet in laienhaftester Weise versuchte, Ordnungselemente auf
eine Bibliothek zu übertragen, die aus einer Geschichte erwachsen war, welche
mit denen, die Luchet vorschwebten, nicht viel gemein hatte. Dazu erfolgte diese
Umsystematisierung mitten in den Umzug ins Fridericianum im Frühjahr 1779