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Fotokopie
5????:!:Bäespiegel_Sandershausen vom März 1972
Betreffend die Eingemeindung nach Kassel
Nr. 39
SPIEGEL
SANDERSHAUSEN
* f
März 1972
Jahrgang 12
Eingemeindung nach Kassel? NEIN!
Seit der Vorlage des sogenannten „Bielefeld-Papiers“ schlagen
nicht nur in unserer Gemeinde „die Wellen hoch"; auch die mit
betroffenen Gemeinden Lohfelden, Bergshausen und Vellmar
wehren sich zu Recht gegen die Eingemeindung in die Stadt
Kassel.
Was ist und was enthält das „Bielefeld-Papier"?
Der Hessische Minister des Innern, Staatsminister Hans-Heinz
Bielefeld, hat es in seinen Vorschlägen für die Gebiets-Neu
gliederung der Landkreise und Gemeinden (daher „Bielefeld-
Papier“) für eine sinnvolle Reform- und Kommunalplanung ge
halten, im Zuge der Gebiets-Neugliederung die Stadtrandge
meinden Sandershausen, Lohfelden, Bergshausen und Vellmar
in die Stadt Kassel einzugliedern. Als Gründe, die für unsere
Eingliederung sprechen, hat er ausgeführt:
1. Die Bundesautobahn durchschneide unser östliches Gemar
kungsgebiet und stehe somit der weiteren Siedlungsent
wicklung entgegen.
2. Der noch verbleibende Siedlungsentwicklungsspielraum wür
de daher zu einer baulichen Anbindung an den Kasseler
Stadtteil Bettenhausen führen.
3. Sandershausen sei straßenmäßig mit Kassel verbunden.
4. Sandershausen gehöre zum Grundversorgungsbereich der
Stadt Kassel, sei an die Gasversorgung der Stadt Kassel an
geschlossen und sei in das Verkehrsnetz der KVG einbe
zogen.
5. Die noch nicht zufriedenstellende Abwasserbeseiligung lasse
es sinnvoll erscheinen, dieses Problem gemeinsam mit der
Stadt Kassel zu lösen.
6. Bei einer zukünftigen Fuldaregulierung werde Planung und
Durchführung wesentlich erleichtert.
Der gute Wille des Reformers soll unterstellt werden. Wenn aber
aus Wiesbaden ein solches Papier kommt, dann sollte man
auch unterstellen dürfen, daß man sich vorher über die Lage
und Situation genauer unterrichtet hätte und nicht den Eindruck
entstehen lassen, vom „grünen Tisch“ aus planen und refor
mieren zu wollen.
Das „Bielefeld-Papier“ enthält schon in sich selbst einen Wider
spruch. Zunächst wurde bei der Kreisgebietsreform dem erklär
ten Willen der drei Kreistage Kassel-Land, Hofgeismar und
Wolfhagen entsprochen, diese drei Kreise zum neuen Großkreis
Kassel-Land zu vereinigen, wobei lediglich aus dem Landkreis
Kassel der jetzt noch in seinem Gebiet liegende Teil des Gut
bezirkes Kaufunger Wald ausgekreist werden soll. Sanders
hausen und die weiteren 3 betroffenen Gemeinden sind nicht
erwähnt und bleiben also beim Großkreis Kassel-Land. Wahr
scheinlich hat man bei dieser Schlußfolgerung daran gedacht,
daß bei dem seiner Zeit gefaßten Beschluß der 3 Kreise, sich
zusammen zu schließen, von allen 3 Kreistagen dem Zusam
menschluß nur unter der Bedingung zugestimmt wurde, daß
keine Gemeinde des Landkreises Kassel in die Stadt Kassel
eingegliedert wird.
Bei dieser klaren Sachlage ist es unverständlich, im zweiten
Teil des „Bielefeld-Papiers“ {Gemeindegebietsreform) sodann
die Eingliederung von 4 Landkreisgemeinden in die Stadt Kassel
vorzusehen. Will man nun den Großkreis Kassel-Land (mit den
4 Gemeinden) oder soll der erklärte Willen der 3 Kreistage
wieder zu Nichte gemacht werden?
Das Anhörungsverfahren zur Neugliederung hessischer Land
kreise und Gemeinden ist inzwischen auch in unserer Gemein
de angelaufen. Beide Fraktionen (SPD und CDU) unserer Ge
meindevertretung haben ein hartes NEIN zur Eingliederung in
die Stadt Kassel ausgesprochen und ihre Entscheidungen über
zeugend begründen können.
Allgemein muß festgestellt werden, daß Im „Bielefeld-Papier“
immer wieder von einer sinnvollen Kommunalplanung die Rede
ist und auch der Wille der betroffenen Gebietskörperschaft be
rücksichtigt werden soll. Sinnvoll können Reformen und Pla
nungen aber nur dann sein, wenn sie den betroffenen Bürgern
Vorteile bringen. Eine Eingemeindung gegen den Willen der
Bevölkerung ist weder sinnvoll noch demokratisch, sie wider
spricht auch dem Wohle unserer Bevölkerung. Die bei uns schon
immer praktizierte und durchschaubare Verwaltung — auch
wiederholt als ein Ziel der Planungen und Reformer in den Vor
dergrund gestellt — würde verloren gehen. Die Wege zur Ver
waltung würden weiter, zeitraubender und teurer. Teurer wür
den nicht nur Grundsteuern, Kanal-, Wasser- und sonstige
Gebühren, auch der Autofahrer würde höhere Versicherungs
prämien bezahlen müssen. Von einer besseren Durchschaubar-
keit der Verwaltung könnte keine Rede sein. Der Bürger würde
vielmehr in die Anonymität abrutschen. Könnte die z. Zt. mit
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