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Berg, noch ein weiteres Ziel für einen Sonntagsausflug vor
handen. Es war das "Zoll-Forsthaus", das ein Ausflugslokal
geworden war und erstmals von dem Gastwirtsehepaar Ködding
betrieben wurde.
Gemeindliche Einrichtungen oder Anlagen für die Freizeitge
staltung der Bürger waren im Dorf, außer dem Sportplatz und
einem "Freibad", im Sinne des Wortes natürlich fragwürdig,
nicht vorhanden.
Der Sportplatz in der "Ern" war allerdings, im Sommer wäh
rend der Getreide-Erntezeit, aus den folgenden Gründen, für
Sport und Spiel nicht benutzbar.
Auf dem Gesamtgelände des Sportplatzes stand auch der Dresch
schuppen der Dreschgenossenschaft. Dieser Dreschschuppen war
als Unterstellmöglichkeit für die genossenschaftseigene
Dreschmaschine gebaut worden. Während der Getreide-Erntezeit
wurde täglich, sofern es nicht regnete, das von den "Klein-
anbauern" (Industriearbeitern usw.) und auch teilweise von
den Landwirten (Bauern) abgeerntete, angefahrene Getreide
hier gedroschen. So gab es während der Erntezeit oft Tage, an
denen der gesamte Sportplatz von, mit Getreidegarben belade
nen Wagen zugestellt war.
Das "Freibad" am "Ziegenpark" war eine durch Bohlen erzeugte
Stauung des Wassers der Nieste, da wo heute noch, unterhalb
des jetzigen Freibades, der Steg über die Nieste ist. Hier
ging der größte Teil der Sandershäuser Jugend ihrem Badespaß
nach. Als Liegewiese konnte die gemeindeeigene steinige Gras
fläche des Ziegenparks genutzt werden. Die Wirklichkeit war
aber, daß auf der gegenüberliegenden Seite des Ziegenparks,
die im Privatbesitz befindlichen Wiesenflächen besser und auch
schöner waren, und daher, sehr zum Leidwesen der Eigentümer,
als Liegewiese benutzt wurde. Strafandrohungen änderten an
diesem Zustand auch recht wenig.
Einem Teil der Sandershäuser Jugend war die Wasserfläche des
Bades am Ziegenpark aber zu klein und zog es daher vor, in
der, damals allerdings noch sauberen, Fulda zu baden.
In Sandershausen gab es zwei Turn- und Sportvereine. Der eine
war im Dachverband "Deutscher Arbeiter Turn- u. Sportbund" or
ganisiert und hatte sein Vereinslokal im Gasthaus "Vaterland"
(Wirt Backhausen) und der andere war im Dachverband "Deut
scher Turnerbund" und hatte als Vereinslokal die Gastwirtschaft
"Goldener Stern" (Wirt Hellwig).
Im erstgenannten Verein, der den Namen "Turn- und Sportgemein
de 1889 Sandershausen" hatte, waren unter dem Motto der Dach
organisation "Frisch, Frei, Stark, Treu" neben Turner und
Leichtathleten die Fußballmannschaften beheimatet. Im, durch
eine, aus gesellschaftlich-politischen Gründen erfolgten Ab
spaltung vom alten Verein entstandenen neuen Verein "Turn- u.
Sportverein 07 Sandershausen" hatten unter dem Motto seines
Dachverbandes "Frisch, Fromm, Frölich, Frei" neben den Turnern
und Leichtathleten die Handballer ihr Domizil.
Beide Vereine waren finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet.
Aufgrund der wirtschaftlichen Lage wurden die sportlichen Ver
anstaltungen von zahlenden Zuschauern auch nicht gerade gut
besucht. So kam es, daß versucht wurde, durch ausgefallene
Darbietungen Zuschauer anzulocken und ggf. zu begeistern.
Eine solche ausgefallene Idee war im Jahre i93o ein Fußball
spiel "Schwarz gegen Weiß". Überall im Dorf wurde durch große
Plakate das Fußballspiel einer Mannschaft aus "Zentral-Afrika"
gegen die einheimische Mannschaft aus Sandershausen angekündigt.
-Io-