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waren nicht so schlimm betroffen wie die Kartoffeln. Durch
die schlechte Ernte gab es Kürzungen der Lebensmittelratio
nen. Vom Amerikaner wurden 5o kg Kartoffeln pro Kopf und
Jahr als Ration festgesetzt.
Auch die Zuteilung von Rauchwaren war sehr gering. So kam es,
daß in vielen Gärten Tabakpflanzen angebaut wurden, für die
bei der Gemeinde eine Steuer zu zahlen war. Waren die Blätter
der Pflanzen groß und reif, wurden sie zu Hause zu Tabak ver
arbeitet. Es entstand der Tabak der Marke "Eigenbau". Wurde
dieser Tabak in geschlossenen Räumen geraucht, war meistens
ein ziemlicher Gestank vorhanden. Bei aus diesem Tabak ge
drehten Zigaretten wurde von der Marke "Fliegentod" gesproch
en, was bedeutet, daß von dem Rauch dieser Zigaretten die
Fliegen tod umgefallen sein sollen.
Zu Beginn des Jahres 1948 gab es immer noch diese geringe Zu
teilung an Lebensmitteln auf Karte, was sich auch in der Fol
gezeit nicht änderte. Auch Gebrauchsgegenstände jeglicher Art,
auf Bezugsschein, waren für Geld und zu normalen, handelsüb
lichen Preis kaum zu haben.
Der "Schwarzmarkt" blühte in einem sich ständig vergrößernden
Umfang weiter. Für eine Gans mußten ca. 5oo,oo EM, für 1 kg
Fett ca. 55o,oo RM und für eine Zigarette 1o,oo bis 15,00 RM
bezahlt werden. Dabei betrug der wöchentliche Verdienst eines
Facharbeiters ca. 41,00 RM bis 48,00 RM Brutto bei einer Ar
beitszeit von 48 Wochenstunden. "Schwarzhändler" und "Schie
ber" hatten also ein wesentlich höheres Einkommen als die in
den Betrieben regulär arbeitenden und Lohnsteuer sowie Sozi
alversicherungsbeiträge zahlenden Menschen. Wenn es auch öf
fentlich nicht zugegeben wurde, es konnte wohl nur noch von
einem wirtschaftlichen Chaos gesprochen werden. Da ist es zu
verstehen, daß sich Mißmut, Frustration und auch Wut breit
machte.
Dann kam die "Währungsreform".
Zeugnisse aus schwerer Zeit.
Teil einer Lebensmittelkarte -in Fotokopie-
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