Full text: Geschichte II (3)

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waren nicht so schlimm betroffen wie die Kartoffeln. Durch 
die schlechte Ernte gab es Kürzungen der Lebensmittelratio 
nen. Vom Amerikaner wurden 5o kg Kartoffeln pro Kopf und 
Jahr als Ration festgesetzt. 
Auch die Zuteilung von Rauchwaren war sehr gering. So kam es, 
daß in vielen Gärten Tabakpflanzen angebaut wurden, für die 
bei der Gemeinde eine Steuer zu zahlen war. Waren die Blätter 
der Pflanzen groß und reif, wurden sie zu Hause zu Tabak ver 
arbeitet. Es entstand der Tabak der Marke "Eigenbau". Wurde 
dieser Tabak in geschlossenen Räumen geraucht, war meistens 
ein ziemlicher Gestank vorhanden. Bei aus diesem Tabak ge 
drehten Zigaretten wurde von der Marke "Fliegentod" gesproch 
en, was bedeutet, daß von dem Rauch dieser Zigaretten die 
Fliegen tod umgefallen sein sollen. 
Zu Beginn des Jahres 1948 gab es immer noch diese geringe Zu 
teilung an Lebensmitteln auf Karte, was sich auch in der Fol 
gezeit nicht änderte. Auch Gebrauchsgegenstände jeglicher Art, 
auf Bezugsschein, waren für Geld und zu normalen, handelsüb 
lichen Preis kaum zu haben. 
Der "Schwarzmarkt" blühte in einem sich ständig vergrößernden 
Umfang weiter. Für eine Gans mußten ca. 5oo,oo EM, für 1 kg 
Fett ca. 55o,oo RM und für eine Zigarette 1o,oo bis 15,00 RM 
bezahlt werden. Dabei betrug der wöchentliche Verdienst eines 
Facharbeiters ca. 41,00 RM bis 48,00 RM Brutto bei einer Ar 
beitszeit von 48 Wochenstunden. "Schwarzhändler" und "Schie 
ber" hatten also ein wesentlich höheres Einkommen als die in 
den Betrieben regulär arbeitenden und Lohnsteuer sowie Sozi 
alversicherungsbeiträge zahlenden Menschen. Wenn es auch öf 
fentlich nicht zugegeben wurde, es konnte wohl nur noch von 
einem wirtschaftlichen Chaos gesprochen werden. Da ist es zu 
verstehen, daß sich Mißmut, Frustration und auch Wut breit 
machte. 
Dann kam die "Währungsreform". 
Zeugnisse aus schwerer Zeit. 
Teil einer Lebensmittelkarte -in Fotokopie- 
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