Full text: Geschichte II (3)

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genutzt. Um die trotzdem immer unerträglicher werdende Woh 
nungsnot etwas zu mildern, wurden von der Gemeinde Wellerode 
dreißig Wohnbaracken angekauft und hier im Dorf an interes 
sierte Bürger zur Aufstellung und Nutzung weiterverkauft. 
In den ersten ca. fünf Wochen nach Beendigung der Kampfhand 
lungen, war für die Einwohner von Sandershausen erschwerend, 
daß täglich etwa 4oo bis 600 Personen, die in Richtung Westen 
geflüchtet waren, durch das Dorf kamen, um in ihren Heimatort 
zurückzukehren. Einige von ihnen blieben immer auch für eine 
Nacht in Sandershausen und wurden in der Schule untergebracht. 
Eür diesen Zweck waren im Schulgebäude zwei Kochstellen ein 
gerichtet worden. 
Mit einer weiteren Schwierigkeit hatten die Bürgerinnen und 
Bürger von Sandershausen zu kämpfen, und die hieß Fremdar 
beiter und ehemalige Kriegsgefangene. 
Fremdarbeiter und ehemalige Kriegsgefangene lebten jetzt zu 
sammen in größerer Zahl in den Kasernengebäuden auf der Ha 
senhecke in Kassel-Wolfsanger. Es kamen aber auch ehemalige 
Kriegsgefangene, die in Sandershausen im Lager untergebracht 
und in Richtung Osten verlegt worden waren, nach hier in das 
Dorf zurück. Von allen diesen Fremdarbeitern und ehemaligen 
Kriegsgefangenen waren Anschläge auf "Leib und Leben" der Be 
völkerung und deren noch vorhandenes "Hab und Gut" an der Ta 
gesordnung. Verschiedenlich sollen sogar Morde vorgekommen 
sein. Gegen diese, plündernd, raubend und im Extremfall auch 
mordend sich betätigenden "Fremdlinge", hatten die, nur mit 
Knüppeln bewaffneten Hilfspolizisten, natürlich keine Mög 
lichkeit einzugreifen. Zudem auch bekannt war, daß diese, ihr 
Unwesen treibenden Personen mit Schußwaffen ausgerüstet wa 
ren. Von Seiten der Besatzungstruppen oder der Militärregie 
rung wurde gegen diese Übergriffe nichts unternommen. Mitte 
Juni 194-5, nach einem gewaltsamen Übergriff auf Hilfspolizi 
sten in Sandershausen, auf der Spiekershäuser Straße, wurden 
die im Dorf noch wohnenden, ihr Unwesen treibenden Fremdar 
beiter und ehemaligen Kriegsgefangenen per Lastkraftwagen auch 
zur Kasenhecke transportiert. Eine gewisse Ruhe stellte sich 
ein, nachdem der Bretter-Laufsteg über das Nadelwehr an der 
Schleuse Wolfsanger/Sandershausen entfernt worden war. Ent- 
gültige Ruhe gab es aber erst, nachdem die Fremdarbeiter und 
ehemaligen Kriegsgefangenen in ihre Heimat zurückgekehrt wa 
ren. Trotz vieler Übergriffe auf Menschen, Diebstähle, Sach 
beschädigungen u.ä., war in Sandershausen glücklicherweise 
kein Menschenleben zu beklagen. 
Nicht unerheblich war auch die Schwierigkeit, die Einwohner 
mit den allernotwendigsten Lebensmitteln versorgen zu können. 
Lebensmittelkarten wurden zwar weiterhin ausgegeben, aber auch 
etwas dafür kaufen zu können, war eine reine Glücksache. Alle 
Grundnahrungsmittel waren, wenn überhaupt beschaffbar, nur in 
geringen Mengen verfügbar. Es kam aber auch vor, daß nicht 
einmal mehr Mehl um Brot zu backen vorhanden war. Kurzum, die 
gesamte Ernahrungsläge war katastrophal. Etwas besser waren 
nur diejenigen Einwohner gestellt, die noch "Wertsachen" be 
saßen und gegen Lebensmittel tauschen konnten und auch woll 
ten, oder solche, die, wenn auch nur ein kleines Stückchen 
Land besaßen, um möglicherweise etwas zu ernten.. Für Geld 
und zu regulären Preisen war so gut wie nichts zu bekommen. 
Der bekannt, berüchtigte "Schwarzmarkt" mit all seinen Auswir 
kungen nahm seinen Anfang.
	        
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