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Nach_Kriegsende_und_der_Wiederauf'bau_.
Mit dem Ende der Kampfhandlungen im Gebiet um Kassel und der
Besetzung durch amerikanische Truppenverbände war auch der
Krieg für die Bürgerinnen und Bürger in Sandershausen beendet.
Als "Recht" galten nun die Anordnungen der amerikanischen Of
fiziere und der folgenden "Militärregierung". Zur Einhaltung
und Überwachung dieser erlassenen Anordnungen, wurden vom Ame
rikaner, ihm vertrauenswürdig erscheinende Personen eingesetzt.
In Sandershausen war es zunächst, für eine Zeit von nur etwas
über vier Wochen, Martin Siebert, der von den Besatzungstrup
pen als Bürgermeister eingesetzt war. Danach wurde, mit Zu
stimmung der Militärregierung, Moritz Zahnwetzer, kommissa
rischer Bürgermeister. Wie in vielen Dörfern, so auch in San
der shausen, wurden vertrauenswürdige Männer ausgewählt und mit
Duldung der Besatzungsmacht, als unbewaffnete "Hilfspolizei"
innerörtlich eingesetzt. Zu ihrem eigenen Schutz waren diese
"Hilfspolizisten" immer mit dicken Knüppeln ausgerüstet unter
wegs.
Für die im Dorf jetzt Verantwortung tragende Personen, ja es
muß wohl gesagt werden, für alle hier lebenden einheimischen
erwachsenen Menschen, mußte zunächst eine Bestandsaufnahme er
folgen. Diese Bestandsaufnahme sah so aus:
1?8 Wohnhäuser total zerstört und somit unbewohnbar
111 Wohnhäuser schwer beschädigt und kaum bewohnbar
91 Wohnhäuser leichter beschädigt und mind. teilbewohnbar
Einige, wenige Wohnhäuser fast ohne Schaden und somit voll
bewohnbar.
Der überwiegende Teil der Stallungen, Scheunen, Betriebs- und
Geschäftsgebäude total zerstört.
Fast sämtliche Wasser-, Kanal- und Gasleitungen zerstört.
Unbeschädigt geblieben das Wasserwerk an der Milchstraße.
Die Strom-Freileitungen zerrissen und die Masten der Leitungen
größtenteils zerbrochen.
Die Straßen durch Bombentrichter zerstört und durch Schuttber
ge kaum passierbar.
In der Eeldgemarkung viele Bombentrichter und in der Erde
steckende Stabbrandbomben.
Beim Einrücken der Amerikaner hatte Sandershausen nur noch
etwa 6oo Einwohner. Eine genaue Zahl ist nicht vorhanden. Die
se Einwohnerzahl stieg, durch die Rückkehr von Evakuierten
und die frühe Heimkehr vom Glück begünstigter Soldaten der
ehemaligen Wehrmacht, bis zum Herbst des Jahres 194-5 auf etwa
1825 Personen an.
Die vordringlichste Aufgabe war nun, die Schuttberge auf den
Straßen zu beseitigen, die Bombentrichter aufzufüllen und so
die Straßen einigermaßen passierbar zu machen. Des weiteren
den zurückkommenden Bürgern eine Minimalversorgung an Wohn-
raum zu geben. Es war auch wichtig, die Versorgung der Bürger
mit Brauchwasser (Trinkwasser) zu verbesseren.
Um die Zurückkommenden auch nur mit einem minimal erforder
lichen Wohnraum versorgen zu können, war es erforderlich, in
Wohnungen, die für eine Familie gerade ausreichend gewesen
wäre, zwei Familien unterzubringen. Oft wurden auch Keller
räume in sonst unbewohnbar zerstörten Häusern als "Wohnung"