Full text: Geschichte II (3)

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an der Kirche und neben dem Wahllokal ("Kleine Schule"), eine 
rote Kahne -warscheinlich von Mitgliedern der KPD- befestigt 
worden. Diese rote Fahne wurde dann, am Vormittag des Wahl 
tages, entfernt. Dabei wäre es beinahe zu einer Schlägerei un 
ter den Mitgliedern verschiedener Parteien gekommen. In diese 
allgemeine Aufregung der anwesenden Personengruppen -neugierig 
beobachtet von anwesenden, noch schulpflichtigen Kindern- rück 
te plötzlich, von der Hannoverschen Straße her kommend, eine 
Gruppe uniformierter "SA"-Männer mit heruntergezogenem Kinn 
riemen, in der einen Hand einen Gummiknüppel und in der ande 
ren eine Pistole an und löste die Menschenansammlung gewaltsam 
auf. 
Am 21. März ^933 fand die -als denkwürdig bezeichnete- Sitzung 
in der Garnisonkirche zu Potsdam statt, und am 24. März 1933 
wurde das sogenannte "Ermächtigungsgesetz" (Gesetz zur Behe 
bung der Not von Volk und Reich, das durch Gesetz vom 5o. Ja 
nuar 1959 bis zum Io. März 1943 verlängert wurde) verabschie 
det. "Deutschland war erwacht !" 
Es wurde nun begonnen, die führenden Stellenpositionen aller 
Verwaltungen, von höchster Ebene bis hinunter zu den Stadt- 
und DorfVerwaltungen, mit Parteimitgliedern der "NSDAP", also 
mit sogenannten "Nazis" zu besetzen. 
So wurde in 1953 auch in Sandershausen für den bisherigen ge 
schält sführenden Bürgermeister, Ludwig Raabe, ein der NSDAP 
angehörender neuer Bürgermeister, Reinhard Hämmerling, bestimmt. 
Beisitzer, auch Schöffen genannt und Gemeindevertreter wurden 
aus Parteimitgliedern neu gewählt. 
Die vordringlichste Aufgabe war nun die Massenarbeitslosigkeit 
zu beseitigen und die Lebensperspektiven zu verbesseren. Daß 
diese beschlossene Verbesserung der Lebensperspektiven einer 
parteipolitisch geprägten "Umerziehung" in der Auffassung und 
Denkweise gleichkam, war und konnte auch nicht, die Meinung 
aller Bürger sein und werden. Grundlage wurde das Führerprinzip 
und der Sinn des Schlagwortes "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" 
mit der Folgerung "der Einzelne ist Nichts, der Staat ist Al 
les ! " 
Zur Rückführung von arbeitslosen Bürgern in das Erwerbsleben 
wurde zunächst die Wirtschaft allgemein angekurbelt, der Bau 
von Reichsautobahnen begonnen und die Gründung bezw. Ansied 
lung neuer Industriebetriebe gefördert. 
Im Raum Kassel war für die Wiedereingliederung in das Erwerbs 
leben für viele Bürger die Ansiedlung der Industriebetriebe 
"Spifa", "Junkers-Flugmotorenbau" und die "Fieseler-Flugzeug- 
werke" -alle in Bettenhausen- von großem Vorteil, denn es gab 
viele neue Arbeitsplätze, auch für Arbeitslose aus Sanders 
hausen. 
Am 28. November 1934 erfolgte auf einem ehemals dem Erbhof 
bauern Fritz Süß gehörendem Acker an der Milchstraße (heute 
Ellenbachstraße), der erste "Spatenstich" für den Bau der 
Reichsautobahn in Kurhessen (die Strecke Göttingen-Kassel- 
Frankfurt/Main), durch den damaligen Gauleiter der Partei, 
Karl Weinrich. Am 2o. Juni 1937 war dann die Einweihung der 
Reichsautobahnstrecke Kassel-Göttingen. Die Eröffnungsfahrt 
begann an der Auffahrt Heiligenrode (heute Auffahrt Kassel- 
Ost) mit dem Gauleiter Karl Weinrich an der Spitze. Der Bau 
der Reichsautobahn in diesem Abschnitt hatte auch für einen 
Teil Sandershäuser Bürger wieder die Rückkehr in ein Beschäf 
tigungsverhältnis gebracht. 
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