Full text: Geschichte I (2)

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Ereignis in Sandershausen noch nicht dagewesen sei. Es sollte 
aber auch -was allerdings noch nicht geahnt werden konnte- 
das letzte Fest vor einen] großen, langen und leidvollen Krieg 
gewesen sein. 
Am Samstag, dem ol. August um 6,25 Uhr wurde vom Gene 
ralstab in Kassel, die auf Befehl "Seiner Majestät des Kai 
sers" angeordnete Mobilmachung der Deutschen Streitkräfte 
durch Anschlag an das Portal der Hauptpost bekanntgegeben. Er 
ster Mobilmachungstag war der o2. August. Herausgegeben Extra 
blätter der Zeitungen verkündeten: "Deutschland macht mobil l" 
Das bedeutete Krieg. 
Die Bevölkerung war begeistert, denn es wurde an einen gerech 
ten und nur kurze Zeit dauernden Krieg geglaubt. Reservisten 
eilten in die Kasernen und wurden feldgrau eingekleidet. Die 
ersten Truppenverbände marschierten blumengeschmückt, beglei 
tet von Frauen und Mädchen zum Hauptbahnhof zum Abtransport 
an die Front. Zu Weihnachten, so war wenigstens die allgemei 
ne Meinung, sei der Krieg sowieso vorbei und man könne wieder 
nach Hause. Diese Meinung war auch ein Grund dafür, daß sich 
in größerer Zahl Schüler der Gymnasien als "Freiwillige M mel 
deten um im Kampf für das Vaterland mit dabei gewesen zu sein. 
Diesen Gymnasiasten wurde zum Abschied von der Schule das 
Kriegs-(Not-)Abitur ausgehändigt. 
In Sandershausen wurde am o'l, August 19^4- durch den amtie 
renden Ortsdiener August Wilhelm Schade die Mobilmachung 
des Heeres ausgeklingelt und durch Verlesen einer "Amtlichen 
Bekanntmachung" der Bevölkerung mitgeteilt. Dabei soll er, 
so wird berichtet, das Verlesen dieser Bekanntmachung mit ei 
genen Kommentaren, wie: "Da Liete, dä Liete, was soll das nur 
gäwen!" (Ihr Leute, ihr Leute, was soll das nur geben!) be 
gleitet haben. In der ersten Zeit des Krieges änderte sich 
das äußere Erscheinungsbild des Dorfes nur insofern, daß in 
verstärktem Maße feldgrau gekleidete, aber doch froh und zu 
versichtlich wirkende Soldaten zu sehen waren. In den Famili 
en aber fehlte schon so mancher junge Mann, sei es nun Ehe 
mann, Sohn oder auch Bruder, der in den Krieg zu ziehen ge 
zwungen war. Etwa ab dem Jahre 19^6 , an ein baldiges Kriegs 
ende zu glauben wagte schon keiner mehr, wurde die Ernährungs 
lage immer schwieriger. Bei vielen Sandershäuser Familien 
klopfte Hunger und Not immer häufiger an die Tür. Die Bevöl 
kerung machte erstmalig mit Lebensmittelmarken Bekanntschaft. 
Viele in den Krieg gezogenen Dorfbewohner hatten auf den 
Schlachtfeldern schon ihr Leben lassen müssen, und ein Ende 
war noch nicht abzusehen. Im Dorf ging alles -und das mußte 
es wohl auch- seinen gewohnten Gang weiter, und rein äußer 
lich gesehen, war von der schweren Zeit wenig zu bemerken, 
denn von den Kriegsschauplätzen war man weit weg. 
Schon im ersten Kriegsjahr 1914- , wurde auf Initiative der 
Sanitätskolonne des "Roten Kreuzes" in Sandershausen im Saal 
der Gastwirtschaft "Zur Insel" des Gastwirtes Artur Hördemann 
(ab 19^5 Gastwirt Karl HemmeImann) ein Lazarett mit 4o Betten 
eingerichtet. Die Betreuung der zur Genesung eingelieferten 
verwundeten oder kranken Soldaten wurde fast ausschließlich 
von freiwilligen "Rotekreuz-Helferinnen und -Helfern" über 
nommen. Für den Dienst diesen hilfsbedürftigen Soldaten die 
erforderliche Hilfe zu geben, hatten sich Sandershäuser Frau 
en und Mädchen freiwillig gemeldet und oft sogar eine Doppel-
	        
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