schon, als wir uns noch der frohen und schönen Hoffnung
hingaben, Sie bei uns zu sehen. Alles war vorbereitet,
es sollten an die Breslauer Kunstfreunde Karten gegeben
werden um ihnen den Genuß zu bereiten, einige Ihrer
Meisterwerke mit den besten hiesigen Kräften unter
Ihrer Leitung. zu hören, hätten Sie uns noch ein Doppelquartett,
Konzert, Quartett und Trio (versteht sich an verschiedenen
Tagen) gespielt, so wären wir in den dritten Himmel
versetzt worden. Ein Bräutigam kann sich nicht mehr
nach der Geliebten sehnen, als ich nach den Tönen Ihrer
Geige; schon 2 Jahre mußte ich dies entbehren. Könnte
ich jetzt von Hause fort, was nicht gut möglich ist, da
ich Hauswirth bin und nicht wissen kann, was vorfällt,
ich rutschte mit der Eisenbahn auf ein paar Tage zu
Ihnen um durch Ihre Himmelstöne Poesie in dies prosaische
Leben zu bringen.
Soeben erfahre ich, daß man hier die Wühler, welche
auf dem Exerzierplatze Volksversammlungen veranlaßt
und aufregende Reden gehalten haben, verhaftet. Ein
Dr. Borchardt. ist gestern früh aus dem Bett geholt
worden; der eine dieser Herren ermahnte das
Volk geradezu, keine Abgaben mehr zu geben. Viele
solcher Leute sind auf dem Lande herumgezogen um
das Volk aufzuwiegeln; ich glaube indeß nicht, daß
es zu etwas Ernstlichem kommt, da das Militär
immer schlagfertig steht und ohne Schonung einschreiten
würde. Schreiben Sie mir doch ja recht bald, ich
sehne mich sehr darnach. Ihre Frau Gemahlin, alle Ihre
Angehörigen und sonstige Freunde bitte ich hochachtungsvoll
zu grüßen. (Werden Sie diesen Winter Konzerte arrangiren?)
Hochachtungsvoll
Ihr
dankbarer Verehrer
A. Hesse
Volltext von: Karl Traugott Goldbach, Spohr-Briefe
www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1848101931