Full text: Brief von Adolf Friedrich Hesse an Louis Spohr

Breslau d. 29 April 48

Hochverehrter Freund und Gönner!

Seit wir uns nicht geschrieben, ist eine große Zeit
an uns vorübergegangen, und was noch vorüber-
gehen soll, das weiß der Himmel; ich schreibe Ihnen
nicht mehr aus einem despotischen Staate, (wie Sie
früher immer scherzhaft zu mir sagten) doch wie es
im Augenblick steht, war es früher noch weit besser;
das Volk versteht hier seine Freiheit nicht und
glaubt sie bestehe in Nichterfüllung seiner Pflichten,
in Rauben und Plündern. Alle Ordnung ist aufgehoben,
alles liegt darnieder, kein Vertrauen, kein Lebens-
muth; wo soll das hinaus. Ein bedeutendes Haus nach
dem andern fallirt, wie kann es auch anders sein.
Unser Theater hat vom ersten Juni ab allen Mitglie-
dern, 145 an der Zahl gekündigt, die Pacht kann nicht
mehr gezahlt werden, (sie beträgt 8000 Thaler jährlich)
sie ist auf ein Jahr erlassen und der Direktion
die Freiheit gestattet, spielen und aussetzen zu lassen,
wenn sie will; die Kündigung geschah wohl mehren-
teils darum, um vom 1. Juni mehrere Mitglieder
nicht wieder zu engagiren; dennoch weiß ich nicht,
wie es dann gehen soll. 14000 Thaler sind bereits
zugesetzt. Am 17ten Abends wurde hier die Gründung

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