1
342
lassung werde, daß wir hier einen großem Markt und Lager von rus
sischen Produkten halten, und in dieser Beziehung ist es doch wohl
richtiger, wir lassen die Schiffer auch ferner auf dem diesseitigen Ufer
loschen, und nicht auf dem jenseitigen; daß bei dieser unstreitig besse
ren Einrichtung auch eine Verbindung mit dem Bahnhöfe leicht her
zustellen ist, wenn wir den dritten Plan zur Ausführung bringen,
wollen wir jetzt zeigen. Der Platz beim Mühlenthor hat bereits'die
geeignete Höhe, es bedarf also nur, daß der Wall von der Wipper-
brücke bis an das Mühlenthvr abgetragen und der Stadtgraben damit
ausgefüllt werde, so haben wir eine hinreichend große ebene Fläche,
wozu es keiner Expropriazion bedarf. Dieser Platz kann leicht einge
friedigt werden, und innerhalb der Zoll- und Akziselinie bleiben, die
einzige Schwierigkeit dabei ist nur'die Verlegung der Navigazions-
schule. — Zu Lande können die Wagen bequem anfahren und eine
Wasserkvmmunikazion ist leicht herzustellen, wenn längs dem Mühlen-
reiche ein Bollwerk, und am Mühlendamme eine Schleuse angelegt
wird, um in die Trave zu gelangen, sehr kostbar kann diese Schleuse
nicht werden, da sie nur für Leichterfahrzeuge herzustellen ist, dieser
Bau erscheint nur unbedeutend im Gegensatze zu den obenerwähnten,
welche bei der Wahl der Roddenkoppel nöthig werden. — Der Trans
port vom Bahnhöfe an die Schiffe geschieht alsdann vermittelst Leich-
rerfahrzeuge. Da die mit der Eisenbahn ankommenden Waaren, bei
der Weitersendung an verschiedene Schiffe vertheilt werden, so ge
schieht solches viel bequemer durch Leichterfahrzeuge, welche von einem
Schiffe zum andern fahren, als wenn der Bahnhof an der andern
Seite der Trave befindlich ist, die Schiffe aber zum grüßten Theil an
dieser Seite liegen. Wir glauben also, nachdem wir nachgewiesen ha
ben, daß der Platz am Mühlenthor bedeutend billiger kömmt, und zu
gleich eine bequeme Verbindung mir Stadt und Hafen darbietet, aus
sprechen zu dürfen, daß diesem Platze der Vorzug einzuräumen sein
wird. Entgegen steht eigentlich nur: daß die Roddenkvpvel gelegner
ist, wenn die Bahn bis Travemünde fortgeführt werden sollte; allein
auch von dem Mühlenthvr aus kann diese Bahn hergestellt werden,
und zwar wie wir glauben, an der innern Seite des Walles.
— In diesen Tagen hat unsere Stadt 3 Exemplare der trefflichen
Seidanschen Medaille auf unsern Landsmann den Maler Overdeck
zugesandt erhalten: eines in Gold, eines in Silber und eines in
Bronze. Wir wünschen, daß diese wertbvvllen Gedächtnißmünzen uns
verbleiben und zur allgemeinen Anschauung gleich der Hamburger Dank
adresse im Jahr 1843 öffentlich ausgelegt werden mögen. Bei dieser Gelegen
heit verdient erwähnt zu werden, daß von unserm höchst geschickten
Gravö'r Hrn. Gröning 6 Petschafte für die Kirchen der Vierlande ge
arbeitet sind, deren künstlerischer Werth fürwahr nicht hinter den Anfor
derungen unserer Zeit zurückgeblieben ist. — Möchten doch zur Bele
bung einheimischer Industrie so ausgezeichnete Arbeiten durch öffent.
liche Ausstellung zur Beschauung der hiesigen Bewohner kommen.
— (Droschken.) Es wurde vor wenigen Jahren die Einfüh
rung der Droschken in lebhafte Anrege gebracht. Sie kamen und ver
drängten bis auf Ausnabmesälle das übrige Fuhrwerk. Das in ele
gante Kutschen unk? andere Wagen gesteckte Geld ist todtes Kapital,
denn diese Fuhrwerke werden so selten gebraucht, daß die Reparatur
kosten der Abnutzung vielleicht kaum gedeckt werden. Ja schon stehen
manche dieser Fuhrwerke unbrauchbar den Eignern zur Last, weil diese
die Repararurkoften nicht mehr anwenden können. Ernähren nun aber
die Droschken ihren Mann? Bisher hat die Praxis gelehrt, daß die
Miethkutscher höchstens ihr Auskommen bis an ihr Lebensende gehabt
haben; von einem Miethkutscher, der wohlhabend oder gar reich ge
storben wäre, meldet die Geschichte, so weit wir vernommen haben,
nichts. Durch das Droschkenfuhrwesen, welches zuerst von einem jun
gen Manne eingeführt worden ist, sind die Fahrpreise stark herabge
drückt, und doch werden Wagen, Geschirr, Pferde und Kleidung der
Kutscher wenigstens noch einmal so stark abgenutzt als vorher. — Wur
den also bisher die Kurscher nicht reich, so ist zu besorgen, daß sie
jetzt bei ihrem Geschäft verarmen, und das ist kein Glück für unsere
Stadt. Die Fahrpreise sind auf eine feste Taxe gestellt. Allein die
Abschätzung ist doch wohl nur annäherungsweise richtig; denn da hier
weit seltener gefahren wird, als in großen Städten, so steht das Fuhr
werk der Abnutzung durch Wittrung preisgegeben, ohne zu renriren.
Ferner ist die hüglichte Beschaffenheit der Straßen, die Ungleichheit
des Pflasters Ursache, daß Wagen und Pferde mehr abgenutzt werden,
als in Städten, die flach liegen oder ebengepflastert sind. Wenn nun
ungewöhnliche Unfälle einen Kutscher treffen, Zerbrechen des Fuhrwerks,
Erkranken, Sturzen des Pferdes — wir fragen: har ein Droschken
kutscher mir seinem Jahreseinkommen so viel erübrigt, um auch nur
Einen solchen Unfall, geschweige wiederholte aushalten zu können. Er
verarmt dadurch. Und wenn ein Stand mehr als andre so leicht dem
Verarmen bloßgestellt ist, so liegt darin eine Ungleichheit, eine Zurück
setzung gegen andre Stände, die in einem gureingerichteten Gemein
wesen nicht wünschenswertb ist. — Daß in dem Grade mehr gefah
ren werde, als der Fahrpreis herabgesetzt und die Fahrgelegenheit lo
ckender ist, um den Gesammtertrag für unser Fuhrwerk auf den frü
hern zu stellen, bezweifeln wir. Wollen wir diesemnach daö Droschken-
fukrwerk nicht einschlummern sehen, so müßte vielleicht ein richtigeres
Taxat eingeführt werden. Zu dem Ende aber ist nöthig, daß jeder
Kutscher genau Buch führe über Ausgabe und Einnahme. Nur dann
können die Behörden eine richtige Durchschnittssumme und billige und
gerechteBestimmung im Interesse des Publikums und der Kutscher treffen.
— Wie man aus St. Margarerbs Hove (Orkney) schreibt, wäre
die bei der Insel Stroma gestrandete Bark Freiheit am II. Sept.
abgebracht und läge jetzt unweit Panbeay. — Zwei andere lübeckische
Schiffe scheinen schwere Kämpfe mir Unwetter bestanden zu haben.
Von dem Schooner „Betty und Hermann", Kapr. Schmidt, war laut
einer Meldung aus Kirkwall vom 20. Sept., ein Schiffsboor aufge
fischt. Glücklicher Weise hat man die Nachricht, daß der Schooner
am 116. Sept. auf dem Revier von Bordeaux angekommen ist. —
Die Brigg Pallas, Kapt. Luetjens, von Stettin mit Roggen nach
Amsterdam, ist sehr leck in Lillesand eingelaufen.
— Am Montagnachmittag entstand in der Wohnung eines Ge-
wcrbtreibenden, in der großen Schmiedestraße, Feuer, indem Klei
dungsstücke an einer durch den Fußboden geleiteten Ofenröhre in
Brand getiethen. Die Flamme darre schon Tapeten, Gardinen und
Vetren ergriffen, die Fenster waren gesprungen, und noch hatte nie
mand im Hause das mindeste wahrgenommen, als ein glücklicher Zu
fall Knaben von einem anstoßenden Hofe aus den Brand entdecken
ließ, der dann bald von den zu Hülfe geeilten Nachbaren gelöscht
werden konnte. Mehr als der Verlust an Effekten rc. ist das Unglück
des zweijährigen Kindes zu beklagen, das allein in der brennenden
Stube sich befunden, und da das Feuer das Bertzeug der Wiege er
griffen, starke Brandwunden im Gesicht und am Arm erhalten hat.
(Polizeifälle.) Ein schon mehrmals wegen Trunkfälligkeit be
straftes Individuum aus dem Landgebiete, welches wieder in völlig be
rauschtem Zustande hier betroffen wurde, erlitt eine körperliche Züchti
gung. — Dieselbe Strafe warb einem hiesigen Arbeitsmanne zu Theil,
der wegen Trunkenheit angehalten war und ans dem Transport zur
Rarhhauswache seine polizeiliche Begleitung aus das gröblichste insulrirr
harre. — Wegen Thätlichkeiten gegen einen Arbeitsmann wurde ein hie
siger Einwohner mit 24stündiaem Gefängniß b. W. u. Br. bestraft. —
Ein aus dem Landgebicre gebürtiger Arbeilsman», welcher schon längere
Zeit hier im Konkubinate lebte, ward von den Nachtwächtern in einem
Schauer an der Trave schlafend gesunden, inhaftirt und am folgenden
Tage entlassen, mir dem scharfen Verbote, während der Nachtzeit in
der Stadt sich aufzuhalten. — Ein fremder dienftlvser Knecht und eine
von hier gebürtige leichtfertige Dirne wurden wegen Trunkenheit und
Unfugs für eine Nacht in Haft genommen, worauf der Knecht am fol
genden Tage unter Verbot der Rückkehr fortgeschafft ward. — Dem
Kloster wurden zugewiesen: ein früherer Pflegling dieser Anstalt, wel
cher im Frühjahr auf sei» dringendes Ansuchen a»S derselben entlassen,
nun aber im Landgebiere bettelnd a»geha!:en und der städtischen Polizei
behörde zugeführt war; ein von hier gebürtiger, im Auslande wegen
Vagadundirens inhaftirtcr und mittelst Transports bieder eingelieferter
Handwerksgeselle; ein hochbeiahrrcr Arbeirsmann, der neuerlich aus dem
Kloster, in welchem er verpflegt wurde, eigenmächtig sich entfernt harre.
— Am Donnerstag der vorigen Woche wurde in der Trave, unterhalb
der Fischergrube, der Leichnam eines von hier gebürtigen, als blödsinnig
bekannten Mädchens gefunden, welches schon seit einigen Tagen ver
trust war.
Marktpreise. (23. bis 29. Sept.)
Ochsenfleisch: 6—7 fl pr. T. Kalbfleisch: 6—8 st vr. T. Hammel
fleisch: 4-5 st pr.D. Schweinfleisch: 5j—7 st pr.V. Kuhfleisch: 3—
3i st pr. %. — Hasen: 28-32 st d. Sr. Rebhühner: 9—10 st d. St.
— Gänse: 4-4i ft pr. Enten: 10—12 st d. St. Hühner: 9—II st
d.Sr. Kücken: 6-7 st d. St. Tauben: 3—5 st d. St. — Butter: lo£
-nst pr. D.— Eier: 8-9 Sr. für 4 st. - Schafkäse: 2-3 st d. St.
Pimpkäse: 4—2 Sr. für Ist. — Fische mittelmäßig. Sandarten: 5-
7st pr. D. — Gemüse genügend. Kartoffeln, auf dem Markt: 24st pr.
Schfl., auf dem Klingberg: 20-22'ft pr. Schfl.
Getreidepreise.
Lübeck, den 30. September.
Vom Boden. Vom Lande.
(Neues.)
Weizen 155 -S pr. Last. 144-150 ^ pr. Last.
Roggen 96-100 - - - 98-104 - - -
Gerste 68 - - - 76—78 - - -
Hafer. — 70 - - - , 66-68 - - -
Erbsen 120 - - - 104-108 - - -
Wicken - - - 96-100 - - -
Buchweizen—..... - - - 62-68 - - -
Schiffs-Graupen... - - - 17# pr. 200 ®.
Winrer-Nappsaat.. 21 # xr.Tvnne. 20- - Tonne.
Schlag-Leinsaar.... - - - 16 - - -
^ledlgirt unter Verantwortlichkeit des Gigenthümers: A. J. A. Meyer
— Erpedizion: Fisch l'trnße .*2 110. —
Gedruckt bei Gebr. Horchers.