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essisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 49
In Birmingham hat man eine Bande Falschmünzer entdeckt,
welche türkische Piaster nachmachten und ihr Gewerbe so im großen
trieben, daß 9 Fäßchen Geld im seinsollenden Werthe von 95,000 Pf.
St. als Beweisstücke gegen sie vorliegen.
Am 17. Sept. wurde, wie der österreichische Beobachter meldet,
mir dem elektro-magnetischen Telegraphen zwischen Wien und Prag
zum ersten Male korrespondirt. Hierbei wurde von Prag nack Wien
gefragt, wieviele Batterien dort in Anwendung seien / Die Antwort
war: „drei". Der Auftrag ging zurück, man solle eine Batterie außer
Wirksamkeit setzen. Antwort: „Es ist geschehen". Frage: „„Wie sind
jetzt die Zeichen?"" Antwort: „Sehr deutlich". „„So iollen auch
künftig nur zwei Batterien angewendet werden"". Der Erfolg war
mithin über Erwartung günstig. Zu dieser Korrespondenz zwischen
Prag und Wien (hin und zurück 122 Meilen) wurde gerade so viel
Zeit verwendet, als nöthig ist, dieselbe langsam zu schreiben.
In der Zuckerfabrik der HH. Fölsche # Ko. in der Sudenburg
bei Magdeburg hat am 28. Septbr. Nachmittags um die Vesperzeir
eine furchtbare und von den beklagenSwerchesten Folgen begleitete
Dampfkessel-Explosion stattgefunden. Secks Personen sind getödter
und zwölf gefährlich verwundet, die minder Verletzten ungerechnet,
deren Anzahl aber noch nickt angegeben ist. Ueber die Ursachen, welche
diesen traurigen,Unglücksfall veranlaßt haben, lauten die Angaben ver
schieden, doch scheint die sträfliche Sorglosigkeit des Maschinisten die
Schuld des Jammers zu tragen, der über so viele Familien gekommen
ist; er büßte sie mit seinem Leben. Wie entsetzlich die Gewalt gewesen
ist, mir welcher Kessel und Masckinenhaus zertrümmert worden, gehr
daraus hervor, daß Steine, Maschinencheile rc. 200 Schritte und
weiter fortgeschleudert sind.
An der englischen Küste zeigen sich viele Haifische, welche von den
großen Makreleuzügeu, die während des Sommers den Kanal besucht
haben, dorthin gelockt werden. Von der Insel Wight aus sieht man
an schönen Abenden die Ungeheuer dickt am Laude, mir der dunklen
dreieckigen Nückenfime die Oberfläche der See furchend. Die Fischer
sind mir Harpunen hinter den seltenen Gästen her und haben bereits
zwei Fiscke von 11 und 7 Fuß (von der Gattung Lamua Conmbm
nach Cuvier) gefangen. Unter den übrigen Seefischen herrscht nach
Aussage der Fischer eine ungewöhlicke Unruhe.
Tagsgefchichte.
Schweiz. Die Aufregung wächst im radikalen wie im Iesuttcn-
Lager, und die Aussicht auf Verhütung des Bürgerkrieges schwindet
in dem Grade als der 18. Okt., der Tag der Wiedereröffnung der
Tagsatzuna, auf der die Würfel fallen sollen, näherrückt. Auch die
Kantone der radikalen Mehrheit haben nun, in der Voraussicht, daß
die Tagsatzung die bewaffnete Erekuzion beschließen werde, angefangen,
für das Eintreten des Krieges zu rüsten. Nackdem der Berner
Großrath die (schon erwähnten) Kreditbegehren für außerordentliche
Militäransgaben mit 102 geaen 4 Stimmen bewilligt (die Opposizion
stimmte zu dem verlangten Kredit, da der gefaßte Beschluß auch voll
zogen werden müsse), hat nun gleichfalls der Züricher große Rach
den von der Regierung nachgesuchten Kredit von 4<),ooo Fr. zu Ver
vollständigung des Milicärwesens auf oo,ooo Fr. e r h ö h r. Der Kriegs
antrag der Regierung ward mit 151 gegen 29 Stimmen angenommen.
Ein außerordentlicher militärischer Eifer zeigt sich in dem obzwar ka
tholischen dennoch ganz vorzüglich radikalen Kanton Tessin. Mebr
als 9000 Männer haben sich dort für die Miliz einschreiben lassen,
und die Regierung für vier Bataillone und vier Kompagnien Scharf
schützen die Offiziere verlangt. Ueberhauvr macht sich in diesem Kan-,
ron die exalrirreste Stimmung — der Rückschlag der Bewegung in
Italien auf die italienische Schweiz bemerkbar. Schon unlängst hatte
ein radikales Teffiner Blatt scharf gerügt, daß während in ganz Ita
lien, Frankreich, England und Irland, und selbst in Koustancinopel
für Pius IX. das Tedeum gesungen worden sei, es noch kein Geist
licher im Kanton Tessin über sich vermocht habe, zu Ehren des hohen
Kirchenfürsten irgendeine Feierlichkeit zu veranstalten; durch ein Man
dat der Regierung wurde den Geistlichen befohlen, sich aller Vorträge
gegen die Beschlüsse der obersten Vundesbehörde und die.Maßregeln
der Kantvnsregieruug zu enthalten.*) Am 22. Sept. fand nun in
einer Gemeinde des Bezirks Lugano die erste kirchliche Festlichkeit mir
Tedeum zu Ehren Pius' IX. statt; nachdem am >9., als am eidge
nössischen Betrag, bei einem Auszug der Bürgergarde von Lugano eine
Fahne mit dem Bildniß Pius' IX. dem Zug vorausgetragen war.
Die liberale Aufregung der Tessiner zeigt sich auch bei der Rückkehr
der Tagsatzungsgesandtschaft, die im ganzen Kanron mir Festlichkeiten
und ungeheurem Jubel, schon an der Grenze mit Serenade und Fackel-
zug, empfangen wurde. In Lugano wurden 14 Kanonenschüsse zu
Ehren der 14 Stände gelöst, welche die Tazsatzungsmchrheir bildeten.
Bürgergarde, Linicntruppen und Schützen mit Fahnen und Musik,
*') Auch in Zur, cl, lut tue Rcqicruua fcen C5 ei ft ließen bei schwerer Berantwer-
runq verboten, auf der Kainel gegen die Beschlusse der Tagsapnnq ;u t»ie-
misiren.
begleitet von einer großen Volksmenge, zogen den Gesandten entgegen,
und unter fortwährendem Jubel kehrre der Zug nach der Stadt zurück.
Auf dem Reformplatz wurden Reden ausgetauscht; dem Vaterland,
der Freiheit und Pius IX. wiederholte Evviva gebracht. Den Schluß
machte eine eigens gedichtete und in Musik gesetzte Hymne. Die
Worte derselben zeigen, zu welcher Höhe des Hasses gegen die Son-
derbundsstcknde die Tessiner es gebracht haben. — Auf der Gegenseite
hat der Regierungsrarh von Wallis die Einladung der Tagsatzung
zur Ausweisung der Jesuiten durch eine Prorestazion erwiedert, und
m Sckwyz hat die Landsgemeinde, an 9000Köpfe stark, beschlos
sen, das Sonderbündniß mit Gut und Blut festzuhalten und zu ver
theidigen gegen jederlei Gewalt. Dieser Versammlung, welche bei
Rochenthurm auf der Wiese unter freiem Himmel stattfand, ging eine
große Wallfahrt nach Kloster Einsiedeln voran, vonwo die gläubigen
Bauern immer etwas erhitzt zurückkommen, so daß eine Theilnahme
der „Schwarzen" (Liberalen) an der Berathung nicht ganz ohne Ge
fahr für sie erschien. Derselbe Grund hielt manchen neugierigen Frem
den zurück, dem merkwürdigen Schauspiel persönlich beizuwohnen.
Dennoch führte das Dampfschiff ziemlich viele Reisende über den Zü
richer See, welche auf gut Glück versuchen wollten, unter eine fanari-
sirre Menge als stille Zuschauer sich zu mischen. Auch in den übrigen
Kancoiren des Sonderbunds soll die Kriegsfrage dem Volke zum Ent
scheid vorgelegt werden. Zugleich hat der päpstliche Nunzius an sämmt
liche Bischöfe der Sckweiz ein Rundschreiben erlassen, mir der Einladung
Gebete zu veranstalten, damit Gocr das Unglück eines Bürgerkriegs
abwende. Der Nunzius empfiehlt öffentliche und häusliche Anback
ten, und weist auf das Beispiel Pius' IX. hin, welcher täglich
für die Sckweiz zu Gott flehe. Auch an sämmtliche Aebte und
Vorsteher geistlicher Körperschaften ist ein Rundschreiben zum gleichen
Zweck erlassen worden. — Letzter Tage hielten sämmtliche Jesuiten
der sogenannten ober-deutschen Provinz eine Zusammenkunft in Frei
burg, um einen Abgeordneten an die im November tu Nom Hattfini
dende Ordeirsversammluug zu bezeichnen. Jede Provinz, in welche
die Gesellschaft Jesu getheilt ist, wählt einen Abgeordneten, welche
unter dem Vorsitz des Generals in Rom ihre Zusammenkünfte halten
und die Angelegenheiten des Ordens berathen; solche Zusammkünfce
finden in der 'Regel von drei zu drei Jahren statt.
Italien. Königreich beiderSizilien. ObwohldieSraars-
zeitung in ihren Bemühungen fortfährt, die Versicherung zu geben,
daß „mehr die Raubsucht denn die Politik den'vorgefallenen Atten
taten zu Grunde lag," so würde doch schon aus ihren eigenen Berich
ten, waren nicht andere Anzeichen vorhanden, ein wesentlich anderes
Urtheil über den Karakter dieser Vorgänge zu gewinnen sein. Wir
dürfen in diesem Betreff auf die in der vorletzten Nr. mitgetheilte
Darstellung der Lage Kalabriens Bezug nehmen, die wegen ihrer frap
panten Angaben vornherein bezweifelt werden mußte, durch die Er
eignisse aber blS zu elnem gewissen Grade bestätigt wird. Die That
sachen stellen eS fest, daß ein Aufstand in ausgedehnter Weise zum
Ausbruch gekommen, daß er eine politische Fahne nicht bloß erhoben,
sondern auck) unleugbar politische Zwecke verfolgte. Der Ursprung
weist einerseits auf die durch die Mißverwalcung des Landes erzeugte
Unzufriedenheit und Erbitterung, andererseits auf die Plane des „jun
gen Italiens", auf Verbindungen mir Malta, Korfu und anderen
Sitzen der Revoluzivusparrei zurück. Der Verschwörungsplan in
Alessina, wie er dargestellt wird, war gut genug angelegt. Im Hürel
Vittoria hatte ein großes Mirragsessen starr zu Ehren eines Obersten,
welcher zum General befördert worden. Dabei seien über 40 Offiziere
von allen Korps, darunter die Kommandanten der beiden Forts, an
wesend geweseir. Allein man schien Wind von dem bevorstehenden
Aufstand bekommen zu haben, und versammelte sich anstatt um 3, schon
um 1 Uhr. Einer der Verschwornen sollte beim Toast auf den König
„Es lebe Pius IX." rufen, und auf dieses Zeichen sollte das Zimmer
umzingelt und sollten alle Offiziere gefangen genommen oder'nieder
gemacht werden. Gleichzeitig wollte man sich ihrer Frauen und Kinder
bemächtigen, um sie als Geisel für die verlangten Schlüssel der Forrö
zu haben, die ohne Befehl zum Widerstand vielleicht ohne Blutver
gießen abgeliefert worden wären. Die öffentlichen Kassen sollten so
gleich in Besitz genommen werden, um die arme Klaffe, die bei den
laufenden Verhältnissen brodlos geworden, zu unterstützen, endlich sollte
ganz Messina bewaffnet werden, um den Soldaten Ferdinands die
Spitze bieten zu können. Allein der General muß Wind bekommen
haben, denn das Essen ward früher beendet, als es hätte angefangen
werden sollen. Das Zeichen konnte nickt zur reckten Zeit gegeben
werden, so daß die getroffenen Maßregeln der 400 Verschworenen,
wonach sich dieselben in vier Sekzionen vertheilt, in mehrere Quar
tiere begeben wollten, nickt gleichmäßig wirkten, indem die erste Sek-
zion den Ausgang an dem Hotel beobachtete. Der General, welcher
davon unterrichtet war, fuhr zu einer andern Thür heraus und auch
durch eine andere Straße nach Hause. Beim Hause eines Deutschen,
Hrn. Iäaer, wurde aber der Kutscher vom Bock geschossen. Man
hätte den General auch unfehlbar gefangen genommen, wenn ihn nickt
die Pferde in vollem Rennen ganz allein nach seiner Wohnung ge
führt hätten. Er selbst ward am Arme verwundet. Darauf begann
der volle Aufstand, nicht planlos, aber ohne Erfolg. Dessenungeachtet
war das Crcigniß kritisch genug für die Regierung. Die Staars-
zcitung sebst sagt: „Etwa zwei Stunden wurden sie (die Auf-
ständischen), wo sie sich zeigten, von dem Feuer der königlichen Be
satzung empfangen." „AIS auf dem Dampfschiff Roberto — heißt es
in dem amtlichen Blatte weiter— Truppenverstärkungen eintrafen, so fan
den sie nichts anders mehr zu thun als die Meuterer zu verfolgen, sie
niederzuschießen und zu ergreifen, wo sie sie erreichen konnten." Bei
dem Srraßenkampf in der Stadt sollen auf Seite der Insurgenten
ungefähr 6 Todte nebst etlichen 20 Verwunderen auf dem Platze ge
blieben sein, das Militär soll etwa 20 Todte und Verwundere gezählt
haben. „Die Flintenscküffe — heißt es in einem Briefe — harren
wenig Schaden an den Häusern angerichtet, dagegen boten die Leichname,
welcke man in der Straße hatte liegen lassen, einen scheußlichen An
blick dar. Ich sab mir eignen Augen zwei berittene Gendarmen, eine
schwangere Frau, eine Magd und drei Bürger von Vaionnetsticken,
Schußwunden und Säbelhieben schrecklich zerstümmelt." Der Freihafen
von Messina war drei Tage geschloffen, sowie im Anfang fast alle
Läden und Kontore. Alle Sckiffe und Fahrzeuge suchten das weite;
nur die Kauffahrteischiffe blieben im Hafen, ein englisches, ein franzö
sisches und ein griechisches, welche sogleich ihre Nazionalflaggen auf
zogen. Inzwischen kamen von Neapel Kriegsdampfer mir Truppen,
endlich der Admiral selbst, Prinz Ludwig, Bruder des Königs, welcher
mit seiner Dampffregatte ganz Messina rekognvszirre und dem Kom
mandanten seine Befehle ertheilte, aber nickt landete. — „Was die
aufrührerische Bewegung von Reggio betrifft, so sprengten deren Vc«
förderer das Gerücht aus, der Aufruhr habe in Messina gesiegt, und
sie brauchten nur die Stimme zu erheben, um ihm auck in Reggio
den Sieg zu verschaffen und ihn im Innern zu verbreiten. Sie har
ren es nickt an den gewöhnlichen heimlichen Brandschrifren fehlen
lassen, worin goldene Berge versprochen wurden. Die tausenderlei
Gerüchte flößten den Regginern, wo der General Fürst d'Aci Militär-
befehlshaber war, größere Befürchtungen ein als den Meffinefen,
hauptsächlich aus dem Grunde, weil keine entsprechende Besatzung vor
handen war; so zwar daß die Bewohner, welche den ersten Tag des
Mvnars in Furcht und Beängstigung zugebracht, sich, als Tag6 darauf
die Meuterer die Maske, unter der sie sich schon früher in verschie
denen Gestalten gezeigt hatten, vollends abwarfen und die öffentliche
Ordnung zu stören begannen, in ihre Häuser einschlössen und voll
Sehnsucht der Ankunft der königlichen Truppen entgegensahen. Bis
diese eintrafen, offneren die Empörer die Gefängnisse, um die „Vor
kämpfer der Zivilisazion" zu befreien. Die königliche Gendarmerie,
welche das Gefängniß bewachte, war gering an Zahl, indem sie durch
Entsendung einiger Abtheilungen zur Verfolgung der Räuber in Ka
labrien geschwächt war, trotzdem wich sie vor der überlegenen Anzahl
erst nach tapferm Widerstand zurück. Der Kapitän derselben fand den
Tod durch einen der Rädelsführer der Rebellen." Dieß die Darstel
lung der neapolitanischen Staacszeirung. Aus den Privarbrrickren
stellen wir Folgendes zusammen. Während in Messina der Aufstand
gar nickt die Oberhand gewonnen, blieben in Reggio die Insurgenten
drei Tage lang Herr der Stadt und des Kastells. Die Zahl der aus
den dortigen Gefängnissen Befreiten Iwird zu 45» angegeben. (Welche Zahl
von Eingekerkerten! — Reggio zählt nickt mehr als I6,ooo Einwohner.)
Am 2. Sept. erließen die Aufständischen eine Proklamazion, worin sie
den „konstiruzioneilten" König leben ließen und nach Erreichung
dieses Zwecks zur Ruhe und Ordnung zurückzukehren versprachen. In
diesem Sinne wurde die grün, roch und weiße (d. h. die italienische)
Konstiluzionsfahne aufgepflanzt. Die Insurgenten waren in Bataillons
mir Ober- und Unrerbefehlsl>abern eingetheilt und reichlich mir Gelb
versehen. Als die Dampfschiffe mir den Truppen sich näherten, ver
größerte sich die Zahl der Mißvergnügten um ein beträchtliches; alles
strömte ans Ufer, um die Landung zu verhindern. Erst nachdem die Sckiffe
14 Kanonenkugeln unter die Massen abgefeuert hatten, (wodurch 30 Per
sonen getödter worden sein sollen), konnte die Landung bewerkstelligt
werden. Nock hielten die Insurgenten Stand, und es entspann sich
zwischen ihnen und den Truppen ein heftiger Kampf, der mir der
Flucht der ersteren endigte. „Nachdem die Empörer", sagt die amt
liche Zeitung von Neapel unterm 13. Sept., „aus Reggio entflohen
waren, zerstreuten sie sich anfangs in die Berge, vereinigten sich aber
nachher wieder in geringer Anzahl zu Dierro Marino (dem vom jo
nischen Meer bespülten äußersten Punkte derAppenninen), und warfen
sich auf drei kleine Gemeinden, deren keine mehr als 6 bis 700 See
len hat, und in denen sie, da sie alle zur Umgegend von Gerace ge
hören, höchst wahrscheinlich Einverständnisse hatten. Indessen hatte
General Nunzianre von Sr. Maj. dem König Befehl erhalten, sich mir
einigen Bataillonen und zu beiden Seilen Geschütz auf der Straße nach
Monreleone aufzustellen, um von hier aus den nach Reggio entsende
ten Truppen als Reserve zu dienen und in Verbindung zu stehen mir
denen des Geiterals Statella, der, mir der Meuterei fast zu Ende ge
kommen, fick an die Mündung des Tirivlo begeben harre. Auf diese
Nachricht hin wandle fick General Nuuziante plötzlich gegen Gerace,
um die Empörer anzugreifen. Die Einwohnerschaft dieses Haupcvrts,
die eine so bedeuteirde Hülse nicht erwartete und in sich selbst Kraft
fand, bewaffnete sich zu mehreren Hunderten, pflanzte unter Lebehoch
rufen die königliche Standarte auf und rüstete sich zum Widerstand
gegen jene Tollkühnen..." Die Staatszeirung vom 15. Sepr. mel
det: im ganzen Bezirk von Reggio sei die Ruhe hergestellt. Die In
surgenten hätten auf ihrer Fluckr durch die vielfachen Verhaftungen
der Eingeholten (die Zahl der Verhafteten belief sich bereits auf mehr
ais 200), durch das Gefühl ihrer Schwäche, durch das Mißtrauen,
das unter ihnen einzureißen begonnen habe, an Zahl und Muth sehr
abgenommen. Sie seien in die Gemeinden Vianco, Bovalino, Ar-
dare, Siderno, und Rocello eingefallen, indem sie, auf die Kunde von
der Annäherung der königlichen Truppen, welche sie rastlos verfolgten,
bald dahin, bald dorthin geflohen. Am 5. war in Reggio eine Ent
waffnung vorgenommen, und eine Menge Gewehre, Pistolen und Säbel
eingesammelt worden. Etwa 200 entsprungene Gefangene waren Theils
wiedereingezogen, oder hatten sich von freien Stücken gestellt. Die Stadc-
milizen in Gemeinschaft mir dem Militär durchstreiften das Innere
der Provinz und halfen mir zur Verfolgung und Verhaftung, wäh
rend bewaffnete Barken und ein Dampfbooc in den Gewässern kreuzen.
— Nack den neuesten Berichten aus Neapel, vom 18. Sept., ward
der Aufstand in Kalabrien als auf allen Punkten niedergeschlagen be-,
trachtet. Die beiden Brüder Romeo, die Führer des Aufstands,
waren in Reggio eingebracht worden, der eine als Gefangener, der
andere todt. Indessen waren neuerdings bedeutende Truppcnsendungen
nach verschiedenen Richtungen angeordnet. Ebenso fanden in Palermo
und Messina fortwährend strenge militärische Vorsichtsmaßregeln statt.
In Messina Verhaftungen über Verhaftungen. Der mir unbeschränk
ten Vollmachten versehene General Landi zeigte sich sehr aufgebracht,
daß mehrere der bedeutenderen Tdeilnehmer des Aufstands so glücklich
waren, nach Malta zu entkommen. Er hatte die Errichtung von Mi
litärgerichten angekündigt, und die „guten Bürger" aufgefordert, ihm
alle Umtriebe anzuzeigen; er werde alle anhören, ihre Namen sollten
mit Geheimniß bedeckt bleiben, und. jeder solle nach Verhältniß seiner
Mittheilungen belohnt werden. In Reggio sind schon mehrere der
gefangenen Insurgenten nach kurzem Kriegsrecht erschossen worden.
Auch in andern Städten des Königreichs waren Verhaftungen, Haus
suchungen, Beschlagnahmen rc. an der Tagesordnung; so in Palermo.
In der Hauptstadt Neapel batten neue Verhaftungen von bekannten
und angesehenen Personen, besonders Kalabresen, stattgefunden. -
In Palermo sprang ein kleines Pulvermagazin in die Luft und brachte
die ganze Stadt in Alarm. Der Sergent der Artillerie, welcher vor
der erwähnten Explosion im Laboratorium arbeitete, soll vor ein Kriegs
gericht gestellt und erschossen worden sein. Die Explosion fand in der Nähe
des großen Pulvermagazins starr; wäre dieses mir seinen 30,000 Pfund
Pulver in die Luft gepflogen — wie vielleicht beabsichtigt — so wäre
ein Theil Palermos zu Grunde gegangen. — Auf Malta hat ein
ähnliches Fest stattgefunden wie neulich in Livorno. Die Engländer
haben daran rheilgenommen. Die Rufe, die man am öftersten vernahm,
waren: „ES lebe die italienische Unabhängigkeit! es lebe PiusIX.!"—
Auch der kleine Freistaat San Marino har sich den Bewegungen
der neuen Zeit nicht verschlossen, sondern mir frischem Muthe seine
veraltete Verfassung über Bord geworfen und eine neue angenommen.
Bisher war das Ländchen von einem Rath und einem Bürger-Konvent
regiert; der letztere ist jetzt in eine Repräsentativ-Versammlung ver
wandelt worden, welche von sämmtlichen erwachsenen Einwohnern er
wählt wird, und deren Verhandlungen öffentlich sein sollen.
Portugal. Wenn man den Berichten Glauben schenken darf,
so herrscht in Lissabon und Ovorro eine stille aber riefe Gährung. Auf
der Insei S- Mickel, einer der Azoren, brach wenige Tage nach Un
terwerfung der dortigen Junta ein Aufstand aus, der aber schnell un
terdrückt wurde. Aus Angola traurige Nachrichten über das Sckickial
des Grafen Bomfim und seiner Leidensgefährten.
Rußland und Polen. Der Kaiser hat eine Reise über Mos
kau nach den Südprovinzen zum Behuf von Truppenbesickrigungen
in Kiew, Wosnesensk, Elisabechgrad rc. angetreten. Er habe, wird ge
sagt, sobald er von dem Vordringen der Cholera diesseits des Don
Kunde erhalten, feine Abreise nach dem südlichen Rußland beschleunigt,
und zugleich den Befehl an den Fürsten von Warschau (Paskewirsch)
abgehen lassen, mir ihm auf der Reise zusammenzutreffen. Letzterer
harre daher auch schleunigst die polnische Hauptstadt verlassen; jedoch
hatte er vorher noch eine ärztliche Konferenz veranlaßt und den Be
fehl zur sofortigen Herstellung von neuen Lazarttben gegeben, damit
Warschau nicht unvorbereitet von der Cholera überfallen werde. Die
russischen Blätter berichten ausführlich über das Fortschreiten der
Seuche, ihre Verbreitung von Astrachan nach Saratvff und gegen die
Zenrralgouvernemencs des Reichs. Sckon hatte sie das Land der
Don'schen Kosaken, Iekarerinoslaw, Woronesch, Eharkoff (12. Aug.)
durchschritten, das Gouvernement Kursk (23. Aug.) erreicht, und war
am 21. Aug. auf einem russischen Schiffe in der Quarantäne von Kerrsch
ansgebrochen. In Warschau war alles mit ängstlichen Besorgnissen
angefüllt, da sich das Gerücht verbreitet hatte, daß die Cholera be
reits in Kiew ausgebrochen fei. Bestätigt sich diese Nachricht, so über
schreitet die Epidemie den Dnicper und betritt die bevölkertsten Gegen
den diesseits dieses Flusses, wo ein ununterbrochener innerer Verkehr
herrsckr, der die Krankheit leider bald genug dis zur Weichsel führen
dürfte. — Von dem Druck der Evangelischen gibt folgender Fall neues
Zeugniß, der in der Berliner Allgemeinen Kirckenzeitung mitgetheilt
wird: Vorkurzem kam der Pope Ustrizow, welcher in Neuenhvff auf
der Insel Oeiel sein Domizil hat, in das Kirchspiel Korris und ver
sammelte dorr in einem Bauernhause mehrere Leute, die er zu firmeln
sich anschickte. Sobald dieß der Gutsbesitzer, der verabschiedete Oberst
v. Mütter erfuhr, begab er sich in Uniform an Ort und Stelle u.u.0