aus : Casseler Tageblatt und Anzeiger,Nr. ZZA
1896, Dez. 2, S. 1
/ Nochmals die Casseler Grimm-
f sammlrmg.
m. Auch vou Freunden Cassels ist Wohl die Frage
aufgeworfen worden, ob es, du tum einmal Hanau
mit dem Gedanken eines Grimm-Mnsenms voran-
1 ! gangen sei, sich nicht empfehle, daß wir Casseler
Gunsten Hanaus ans unseren Plan verzichten,
mit jede Zersplitterung der Sammlung vermieden
i'be. Diese Anregung ist gewiß sehr gut gemeint,
er sie beruht auf irrigen Voraussetzungen und
lliger Verkennung der Sachlage.
Hanau ist mit dem Gedanken einer Grimm-
inmlnng nicht vorangegangen: den Gedanken
e die Sache hat Cassel lange vor Hanau gehabt,
lf die sehr zahlreichen und werthvollen Erinnerungs-
icke, welche die Casseler Laudesbibliothek ans den
iagen der Brüder Grimm und ans der Nachzeit
)esitzt, ist kürzlich schon in diesem Blatte hingewiesen
morden, und der Gedanke, sie alle zu einer förm-
ichen, selbstständigen Grimmsammlnng uinzngestalten,
ceicht Jahrzehnte zurück. Nur zum früheren
Heraustreten an die Öffentlichkeit hat Hanau uns
freunde der Casseler Grimmsammlnng gezwungen durch
einen Vorgang, durch seinen plötzlichen Plan, ähnliches
wie wir es hier schon besitzen, dort neu zu begründen.
Daß die Casseler Landesbibliothek unmöglich zu
Gunsten eines unerwartet erscheinenden Wettbewerbers
zurücktreten, d. h. ans vorhandenen werthvölleu Bib
liotheksbesitz (und dessen weiteren Ausbau!) verzichten
konnte, liegt ans der stachen Hand; blieb also nichts
übrig, als den anfgezwnngenen Wettstreit aufzu
nehmen, um so den Umfang der drohenden Verluste,
d. h. der durch den Mitbewerb Hanaus uns hier
entgehenden Gewinne, nach Möglichkeit zu mindern.
Und endlich, die Zersplitterung zu vermeiden, ihr
vorzubeugen, dazu ist es leider längst zu spät, und
Cassel ist dazu am allerwenigsten im Stande. Berlin
erhält nach dem Tode der beiden noch lebenden
Kinder Wilhelms den unschätzbaren „Grimmschrank"
mit den Papieren der Brüder, einschließlich der Briefe
und Handexemplare; auf diesen künftigen Besitz wird
und kann Berlin ebenso wenig verzichten wie Cassel
lauf seinen gegenwärtigen. Hanau konnte verzichten
i v dadurch wenigstens weitere Zersplitterung Ver
ben; es hat vorgezogen, die Zersplitterung zu
mehren!
Indessen ist der Streit zwischen Hanau und Caffel
lleicht doch nicht so schlimm, wie es jetzt noch
ficht. Hanau erstrebt, wenn wir recht berichtet
d, im Grunde doch etwas Anderes als wir: einer-
s mehr Sammlung von äußeren Erinnerungs»
cken, anderseits im Anschluß an das „Museum"
schiedene Einrichtungen für Volksbildungszwecke,
es letzte berührt uns hier gar nicht; auf das erste
e» wir weniger Gewicht. Hoffen wir, daß die
it zu friedlichem Ausgleiche führen wird auf Grund
er Arbeitstheilung!