© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 48
2,
Hochverehrte Festversammlung! Was uns das Jahr 1870/71 an großen
Errungenschaften gebracht hat, das kündet uns in so recht eindringlicher
Sprache der Anblick dieies soeben enthüllten Denkmals. Nicht Hessen,
nicht Preußen, ja nicht Deutschland hat dasselbe errichtet, sondern das
ganze deutsche Volk. Soweit die deutsche Zunge klingt, all' überall, wo
man seit jenem großen Jahre stolz ist auf sein Deutschthum, hat man
seinem deutschen Fühlen und Denken, seiner Liebe und Anhänglichkeit zum
deutschen Vaterlande und zu seinen großen Söhnen Ausdruck zu geben ge
sucht durch eine Beisteuer für die Errichtung dieses Denkmals. So ist
dasselbe, wie der Herr Vorredner mit Recht betont, in des Wortes tiefster
und schönster Bedeutung ein deutschnationales geworden. Lassen Sie mich,
hochverehrte Festversammlnng, Namens der von mir vertretenen Stadt
allen hochherzigen Gebern und vornehmlich allen Denen danken, die sich
um die Verwirklichung der Idee, den Brudi.cn Grimm in ihrer Vaterstadt
dies Denkmal zu errichten, verdient gemacht und unsere Stadt mit einem
selten schönen Monument geschmückt haben. Sie ehren diese Stadt, die
Sie würdig befunden haben, das Denkmal dieser großen deutschen Männer
zu bewahren, Sie ehren jene Männer, die urdeutsch fühlend deutsches
Wesen und deutsche Eigenart in trüber Zeit unentwegt hoch hielten, Sie
ehren Sich selbst, indem Sie, das Wirken der Gefeierten durch dieses
Denkmal auszeichnend, Sich zu der echt deutschen Gesinnung derselben be
kennen, solche Sich zu eigen macheu. So übernehme ich denn dieses Denk
mal in die Obhut und Fürsorge dieser Stadt, indem ich zu dem Allmäch
tigen flehe, daß die ehernen Standbilder dieser großen Deutschen immer
dar herabblicken mögen auf ein blühendes Gemeinwesen, auf eine
Bürgerschaft, die in deutscher Treue unerschütterlich feststeht zu
König und Vaterland, zu Kaiser und Reich. Das walte Gott!
Hierauf legten am Denkmal Kränze nieder Geh. Hofrath Professor
Dr. Suphan-Weimar im Aufträge deS Großherzogs und der Großherzogin
von Sachsen-Weimar, sowie der deutschen Göche-Gesellschast, Geh. Re-
gierungs-Rach Professor Dr. Justi-Marburg für Rektor und Senat der
Universität Marburg, Professor Dr. Schröder-Marburg im Auftrage des
germanisti'chen Seminars Marburg und der Germanisten der Universität
Göttingen, Stadtrathsmitglied Koch-Hanau im Aufträge des Herausgebers
der „Deutschen Rundschau" Dr. Julius Rodenberg Berlin. Programm
mäßig folgte weiter der Männerchor „Die Himmel rühmen des Ewigen
Ehre" von Beethoven, woraus sich zur Huldigung am Denkmal der Kinderfest-
zug nahte. Zuerst kam „Dornröschen", gefolgt von ihren beiden Pagen. Dieser
Gruppe, der sich noch die andern in diesem Märchen handelnd auftretenden
Personen anreihten, und die man wohl als die schönste des ganzen Zuges
bezeichnen darf, folgte unter prächtigem Baldachin „Sneewittchen", be
gleitet vom König und seinen Hofleuten, die böse Stiefmutter im schwarzen
Gewände ebenfalls nebenher. Im weiteren folgte daun die Darstellung
der verschiedenen anderen Märchen der beiden Brüder; so u. A. „Roth-
käppchen" mit dem Wolf — Pech- und Goldmarie — „Aschenbrödel",
das, in der Hand den Teller mit den beiden Tauben haltend, ihren bei.en
in herrliche Gewänder gehüllten bösen Schwestern vorangeht. — „ Die sieöcn
Raben" mit ihrem schönen Schwesterchen in der Mitte, welche Gruppe einen
sehr possirlichen Eindruck bewirkte. — „Hansel und Grethel" vor dem von
den sieben Zwergen getragenen Häuschen der alten Hexe, welch letztere
neben hervorlugte, Frau Holle n. a. m. Die sieben Zwerge konnten in
ihren grauen Gewändern und langen Bärten nicht drolliger und natür
licher dargestellt werden. Auch „Frau Holle" nahm sich in dem mit
Flocken besetzten Schleier sehr gut aus. Den Schluß bildeten die „Sieben
Schwaben", welche mit ihrem langen Spieß und nebenbei mit allen mög
lichen anderen Waffen ausgerüstet, lustig und froh in die Welt hinaus
laufen. Auch diese Gruppe war, von mehreren lebhaften Knaben dargestellt,
sehc anmuthig. — Aeußerft elegant und zierlich waren die in verschiedenen
Farben gehaltenen Gewänder der Pagen, welche die mit den Namen der
betreffenden Märchen bezeichneten Schilder trugen. Ebenso schön waren
auch die weißgekleideten Blumenmädchen zwischen den einzelnen Gruppen
vertheilt. — Nach der Huldigung am Denkmal bewegte sich der Zug durch
die Hammergasse nach der Kleinkinderschule.
Währenddessen fand die Besichtigung des Denkmals statt.
Das Denkmal hat in seiner Ausführung bei einem Vergleich mit dem
ersten Modellentwurf von Professor Eberle nicht unwesentliche Verbesse
rungen erhalten. Wenn schon die erste Modellskizze des genannten Künst
lers als ein sehr glücklicher Gedanke bezeichnet werden konnte, so sehen
wir iu dem nentstandenen Bildwerk die Brüder Grimm in der genialsten
und vollendetsten Weise verkörpert. Die unverkennbaren Vorzüge, »welche
dieses Denkmal nicht allein in seiner technischen Ausführung, sondern in
seinem künstlerischen Werthe besitzt, fallen den Beschauer sofort in das
Auge, ist doch das geistige Zusammenwirken der beiden Brüder nicht nur
in dem Ausdruck der Portraits, sondern auch in der Haltung und Bewe
gung der Gestalten, vereint mit einer vollendeten Grupvirung, auf das
Glücklichste gelöst worden. Die schlichte, der damaligen Zeit entsprechende
S' s d-« 3 S tsjz
£ Ü e ä d.-r: ,-t
H ’ö 5 oi r
5 Ö S C2
»Sf B £ o jZ 8S
eil ®~'~g
v r*-> M . 5t-* 3 «-»
JO TT JQ _ 'S
C B •*> OJ
30 3 _H *53 B .. ®
S «u £ *“ 3 SS
CO CO QJ
3 1X0 Ü? tu tJ -2
=? Jo -8 >5
3 g Q SPizJ w
c ,» b)ä
fW 3 %■/ u ,->jn r p &
p § je
» c
«
CJ O ^ _
L C '■3'3 cw f
iCT' £3 -^> CO
•H- 3 « M) — 3
CO § j=»_ . B
Ö 5 5 £
3 S3 -*->
... - —- 3 -g g
•S-- ^ !
- s ^ ö
^ 3 JQ S
5 ' S « S
3 CQ
3 3 8 >_
-o a 3 3 ..
S» 3 «3 .8
a ^ £ £3 *2
ß h -»a 5
S « J=>