Full text: Zeitungsausschnitte über Grimmdenkmäler, -feiern, -sammlungen und -museen

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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 48 
daß die preisgekrönte Skizze seinen Anforderungen nicht 
genüge. 
Er schreibt u. A.: 
„Der Schwerpunkt der Wirksamkeit der Brüder lag 
nicht in ihrer öffentlichen Thätigkeit als Universitätslehrer, 
sondern in ihrer Arbeit innerhalb der Wände ihrer neben 
einander liegenden Studirstuben. Ihre Erscheinung war die 
ehrfurchtgebietender alter Männer, die ein einsamer Gedanken 
arbeit zugewandtes Leben führen. Jakob würde nie so da 
gestanden, Wilhelm nie so dagesessen haben. Beide Gestalten 
machen mir, so betrachtet, einen ganz fremden Eindruck. 
Große Männer, wenn deren Statuen errichtet werden, 
dürfen nicht dastehen, wie der Moment sie einmal erscheinen 
ließ, sondern wie sie der Borstellung des Bolkes entsprechen. 
Das deutsche Volk will Jakob und Wilhelm Grimm Statuen 
errichten, die sie in ihrer edelsten Gestalt einfach und groß 
dastehen lassen. Dieses Werk hat vor allen Dingen die Aus 
gabe. denen, die zu ihm aufblicken, ein Gefühl rer geistigen 
Macht einzuflößen, die von den Brüdern ausging. 
Ich erinnere an Rietschels schöne Doppelstatue vor dem 
Theater zu Weimar. Da ist nicht etwa zu sehen, wie Schiller 
zu Göthe ksmmt mir seinem neusten Trauerspiel in der Hand 
um es ihm vorzulesen, sondern nebeneinander stehend wendet 
jeder von ihnen sein Antlitz gleichsam dem ganzen deutschen 
Volke zu. So hab'N auch Jakob und Wilhelm Grimm zu 
thun. Neben einander standen sie ihr Leben lang, immer 
hatten sie die Einheit und Größe und den Ruhm des deutschen 
Bolkes vor Augen. Nichts beirrte sie in der Lebensarbeit, 
die sie sich vorgesetzt. Eine herrliche Mischung von Willens 
stärke und Bescheidenheit erfüllte sie. Das ist es, was sie 
iu erster Linie dem Volke theuer macht. Ihre einzelnen 
Arbeiten, von den Märchen, die sie noch als junge 
Männer aufzeichneten, bis zum deutschen Wörter 
buche, das ihre letzte That war, kommen nicht iu 
Betracht, wenn es sich um jene höchste Wirkung ihres Daseins 
handelt, die für das einige, aber so sehr zur Uneinigkeit nock- 
geneigte deutsche Volk das schönste Symbol dessen bildet, 
was von uns festzuhalten und was immer noch zu erstreben 
sei. Denn Vieles ist zwischen Nord- und Süddeutschland 
noch auszugleichen, und auch dafür stehen die Brüder 
symbolisch da, weil Hessen zwischen dem Norden und Süden 
gleichsam zwischeniune liegt. 
„Meine Aufgabe ist nicht die Doppelstatue zu beschreiben, 
die diesen Anforderungen genügt; genügen aber muß sie 
ihnen, und die preisgekrönte Skizze genügt ihnen nicht. Die 
Brüter sind so schlicht als möglich neben einander zu stellen. 
Die Aehnlichkeit muß gewahrt werden, aber nicht durch klein 
liches Nebenwerk. Die Hauptwirkung jeder guten colossalen 
Statue liegt darin, daß sie das Kraftvolle, auf sich beruhende 
eines Mannes zur Erscheinung bringt. Große Männer so 
hinzustellen sehen wir die Bildhauer stets bemüht, so weit 
wir umher und, der Zeit nach, zurückblicken." 
Wir fügen noch hinzu, daß Herr Professor Grimm, 
welchen bei der Einsendung der Denkmalsphotographien auch 
Herr Direkter Wiese um sein Urtheil gebeten hat, mit der 
größten Hochachtung und Anerkennung, von dem Talente des 
Letzteren spricht und ausdrücklich betont, daß er bei seiner 
schönen Statue Schinkels von derselben Anschauung ausge 
gangen sei, die er, Grimm, hier für das Grimmdenkmal 
vertrete. 
Die Ankunft des Herrn Professor Grimm in Hanau, 
dem das Comite; nicht dankbar genug sein kann, ist Ende 
dieser Woche zu erwarten. O.
	        
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