© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm N
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Direction dieser Abteilung übernahm, ist kaum ncnneswert gegenüber
dem, lvas durch ihn hinzugekommen. Die Sculpturensammlung auv
Mittelalter und Renaissancezeit ist durch seine Thätigkeit derart
über den Rahmen des ihr zugewiesenen Raumes im Museum hin
ausgewachsen, daß sich für sie ime für die Gemäldegalerie und
mehrere andere Abteilungen des Museums gebieterisch die Forde
rung eines Neubaues geltend macht. Die wettern elf Capitel
verbreiten sich über die Pisanos, über Doiiatello uiid seilte schule, |
die Florentiner Thonbilduer in den ersten Jahrzehnten des Quattro
cento, Luca della Robbia und seinen Neffen Andrea, Andrea del
Verrocchio, Schüler iuid Nachfolger Verrocchios, Altartafel eer elust
erstchung Christi voii Leonardo, Versuche der Bildung weiblicher
Typen tu der Plastik des Quattrocento, die Florentiner Marmor-
Hildner in der zweiten Hälfte des Quattrocento italienische Portrat-
sculpturen des 15. Jahrhunderts, Michelangelo Buonarroti und
Jacopo Sansovino. Näher auf den Inhalt oder gar auf eine kritische
Besprechung des Einzelnen einzugehen^ gestattet der Raum nicht.
Nur über das ganz Neue, waö Bode in dem Buche bringt, einige
Worte. In dem Aufsatz „Doiiatello und seine Schule" ist der Nach
weis geführt, daß dieser Meister auch für den Mariencultus die
maßgebende plastische Form gefunden hat und darin eine Reihe von
eigenartigen Schülern und Nachfolgern ausbildete. Eine beträchtliche
Zahl bisher namenloser oder falsch benannter Madvnnenreliefs werden
als Werke Donatellos und seiner Schüler nachgewiesen. Desgleichen
weist Bode in dem darauf folgenden Aufsatz in überzeugender Weise
eine Gruppe von Bildhauern nach, welche in Florenz in einer deui
Quercia verwandten Richtung die Renaissance neben Doiiatello und
Ghiberti heraufführen. Wo dieselben bisher überhaupt beachtet
waren, hatte man ihre Werke dem Quercia oder doch der Schule
von Siena zugeschrieben. In dem Capitel über „Luca und Andrea
della Robbia" erweitert Bode, der im „Cicerone" zuerst eilte bis
dahin allgemein angenommene Scheidung der verschiedenen Künstler
der Familie della Robbia vorgenommen hatte, die Kenntnis der
Werke des alten Luca um eine beträchtliche Zahl und macht seinen
Zusammenhang mit jener Florentiner Gruppe von Thonbildnern
wahrscheinlich. Der Aufsatz über Verrocchio, die umfangreichste
und einschneidendste Arbeit des ganzen Buches, hat nicht nur diesen
grogen Künstler als Bildhauer wie Maler in sein rechtes Licht ge
stellt und zahlreiche, bisher anonyme Werke auf ihn und seine Werk
statt zurückgeführt, sondern zugleich den großen Kreis seiner Schüler
neu gekennzeichnet und dadurch die ganze florentinische Kunstgeschichte
der letzten Jahrzehnte des Quattrocento wesentlich umgestaltet. Im
Anschluß an diese Arbeit gewinnt der Aufsatz über die „Auferstehung
Christi von Leonardo da Vinci"' eine besondere Bedeutung, indem
der Verfasser hier nicht nur ganz neues Material für die Jugend
entwicklung Leonardos beibringt, sondern in überzeugender Weise
seine Thätigkeit als Maler von den Studien des Theoretikers und
Naturforschers beeinflußt und teilweise auch beeinträchtigt zeigt. Auch
in den übrigen Capiteln sind ähnliche Fragen von hervorragender
Wichtigkeit für die italienische Kunstgeschichte angeregt und mehr oder
weniger ausführlich durchgeführt. So anregend und neu nun die
Ergebnisse sind, zu denen Bode bei seinen reichen Kenntnissen und
der Schärfe seines Blickes gelangt, so vorsichtig und maßvoll geht
er in Mitteilung derselben vor. Selbst in Fällen, wo er aufs tiefste
von der Richtigkeit des von ihm Behaupteten überzeugt ist und sein
darf, dabei aber die schnödesten Angriffe, eingegeben von rein per
sönlichen Beweggründen, hat über sich ergehen lassen müssen, wie
hinsichtlich des oben erwähnten, durch ihn neu entdeckten Altarge
mäldes von Leonardo da Vinci, berührt außerordentlich wohlthuend
die vornehme Ruhe und Objektivität seiner Polemik. Die 43 dem
Buche beigegebenen Abbildungen bieten eilt willkonimenes Hülfs
mittel zur Veranschaulichung des im Texte Gesagten. Wir können
das treffliche Werk jedem, der sich für Kunst interessirt, nicht warm
genlig empfehlen.