Full text: Zeitungsausschnitte über Allg. Kunstgeschichte

Saffran gefärbt, mit Mohn und Kümmel bestreut wird ; 
und die Alterthumsforscher von Irland sagen, daß dasselbe 
seinen Ursprung in den Opfern habe, welche in der Drui 
denzeit an diesem Tage der Sonne dargebracht worden, 
und deren Substanzen genau diejenigen der heut noch ge 
bräuchlichen BarnbreakS gewesen seien. — Ein andere- 
Lieblingsgericht an Oidche Shamna ist daS Calecan 
no n, welches, auS Kartoffeln, Kohl, gelben Wurzeln und 
Rüben zusammengemischt, in seinen kargen Bestandtheilen 
allerdings daS treueste Bild dessen ist, waö die Ernte dem 
armen Bauern von Irland ins Haus bringt. 
Mit dieser ursprünglichen Vorstellung deS Erntefestes 
haben fich nun aber diejenigen deS AllerheiligentageS ver 
einigt, und dicht neben Spiel und Kurzweil aller Art fin- 
den sich Gespensterfurcht und abergläubische Ceremonien. 
Der irische Bauer erwartet dm letzten Tag des Oktober 
daher mit einem auö Freude und Grauen gemischten 
G fühle und die Abenddämmerung desselben versetzt 
ihn und seinen HauShalt noch immer in Aufre 
gung. Die Jugend, mit Stöcken und Knitteln be 
waffnet, ziedt dann von Haus zu Haus, fordert zur wür 
digen Feier des Festes im Namen deS heil. Columbkill auf, 
und sagt Verse zu Ehren desselben her, in welchen eS 
heißt, man solle daS fette Kalb abschlachten und das 
schwarze Schaaf bei Seite bringen. »Fette Kälber und 
schwarz Schaaf«/ giebt es aber für den irischen Bauer 
leider nur im Liede, in der Wirklichkeit muß er sich, waö 
diesen Theil der Feierlichkeit anbelangt, mit den oben 
beschriebenen Kuchen begnügen. Die Hausfrauen haben 
alle Hände voll zu thun, um diese zu backen und Kerzen zu 
bereiten, welche sich die Nachbarn gegenseitig zuschicken. So 
viel mir scheint, find diese Kerzen eine Art von Todtenopfer; 
sie werden gewiffermaaßen im Namen abgeschiedener Fa- 
milienglieder übersandt, und eS ist Sitte, daß die Em 
pfänger sie am andern Tage anzünden und dabei für die 
Seelen der eingebildeten Geber ein Gebet sprechen. — 
Außer den Kuchen werden Aepfel und Nüffe in großer 
Menge verzehrt. Die Nußsch alen werden verbrannt, und 
aus ihrer Asche viel seltsame Dinge vorhecgesagt. Die 
jung n Leute tauche n nach Aepfeln in einem Eimer mit 
Wasser und geben sich Mühe, mit dem Munde einen vom 
Grund heraufzubringen. Sie hängen, wagrecht unter die 
Decke deS ZimmerS, einen Stock mit Aepfeln an dem ei« 
neu Ende und brennenden Lichtern am andern, und nach 
dem dieS Gestell in Bewegung gefetzt ist und sich dreht, 
versuchen sie den Apfel mit dem Munde zu fangen. Oder 
es wird ein Nagel in die Wand geschlagen und am 
Kopf desselben ein Apfel befestigt. Wer - nun fünf 
zigmal um einen Stock rund gehen kann, so daß 
er die Spitze best lben immer auf einem Punkt am Boden 
stehen läßt, und dann noch Kraft und Bestürmung genug 
besitzt, um den Apfel vom Nagel mit einem Griff fortzu- 
nehmen, der hat ihn gewonnen. Die Meisten aber find 
schon nach dem zehnten Male so schwindelig, daß man sie 
auffangen muß. 
Mit diesen Spielen wechseln mannigfache Schicksalspro 
ben, und man wird bald sehen, wenn man sie mit denen 
dcö Mais steö vergleicht, daß sie mehr dm düstern Herbst 
charakter an sich haben, und, an die Bedeutung des Ernte- 
festes anknüpfend, in ihren Zwecken zugleich mehr auf daS 
Praktische gehen, wenn der Ausdruck erlaubt ist, als die 
harmlosen Blumenorakel der FrühltngSfeier. Man fi ht 
weniger auf Schönheit, als auf die sonstigen Eigenschaften 
deS Freiers; weniger nach Liebe, als nach baldiger Ver- 
heirathung. DaS Dunkel der Herbstnacht ist ganz voll 
ahnungsretcher Zukunftgestatten und oie Jugend, die noch 
Etwas von ihnen hofft, wendet viel alterthümliche Mittel 
an, um sie zur Erscheinung zu zwingen. Die Stunde, in 
welcher der Zauber wirkt, ist Mitternacht; und die schauerliche 
Einsamkeit derselben ist dann in ganz Irland die Scene 
seltsamer Beschwörungen. Da gehen Burschen und Mäd- 
chen mir verbundenen Augen in den Gartm, wo der letzte 
Kob! steht, und reißen denjenigen Kopf, den sie zuerst de- 
rühren, aus der Erde. Das Aussehen dieses KohlkopseS 
ist prophetisch und er zeigt mit seinem Beispiel an, ob der 
oder die Zukünftige reinlich oder schmutzig, gesund oder 
krank, von vielem oder geringem Werthe fein werde. 
Oder eS werden zwei trockene Bohnen genommen 
und an das Feuer gelegt. Die größere stellt dm 
Burschen, die kleinere daS Mädchen vor. Dieje- 
rüge, welche nicht ganz ausbrennt, nachdem man 
sie auf den Heerdstein geleat hat, deutet auf die Untreue 
der von ihr revräfentirten Person. Brennen fie aber Beide 
ganz aus, so bleiben sie sich Beide treu. Dann werden 
die Bohnen in einen Eimer voll Wasser geworfen; gehm 
fie zusammen unter, so werden sich die Liebenden heirathen, 
im andern Falle aber werden fie fich nie bekommen. Statt 
die ausgebrannten Bohnen ins Wasser zu werfen, kann 
man fie auch in den Strumpf stecken und diesen unter daö 
Kopfkissen legen, wenn man zu Bett geht. Träumt man 
von Demjenigen, den man liebt, in der Nacht von Aller 
heiligen, so wird man Um bekommen, sonst aber nicht. — 
Ferner säen in dieser Nacht die Mädchen Hanf und glau 
ben, daß, wenn sie hierauf rückwärts schauen, ihr dereinsti- 
ger Mann erscheinen werde. Sie werfen ein Knäul Gam 
auS dem Fenster m die Finsterniß deS offenen Feldes hin 
aus, behalten daS Ende deS FadenS in der Hand und 
fragen: „Wer hat mein Garnknäul gefangen?" Dann wird 
der Mann, der ihr bestimmt ist, fei en Namen nennen. — 
Eine Probe, ob man bald heirathen werde, wird auch dadurch 
gemacht, baß man einen Ring in den Allerheiligenkuchen backt. 
Wenn man nun auf den Abend zusammen ist, Burschen und 
Mädchen rund um den Tisch sitzen und der Kuchen zerschnitten 
und vertheilt wird, io wird der- oder diejenige zuerst hei 
rathen, in desien Stück der Ring st ckt. — Aber auch über 
andere Dinge, als Liebe und Hockzeit, giebt daS Orakel 
der Allerheiligennacht Auskunft. Will man nämlich wifftv, 
ob man reich werden, lang leben oder bald sterben soll, so 
macht man eS folgendermaaßen: Man nimmt drei Zirm- 
fchaalen, füllt die eine mit Mehl, die andere mit Asche und 
die dritte mit Erde. Alsdann geht die Person, welche die 
Zukunft befragen will, hinaus, man verbindet ihr die Auge» 
und hierauf muß fie auf Händen und Füßen in das Zrm- 
mer kriechen, wo die drei Gchaalen von den Anwesende» 
in eine dem Suchenden unbekannte Ordnung gestellt wor- 
den find. Wenn dieser nun seine Hand zu rst in die 
Schaale mit Mehl steckt, so wird er ein reicher Mann; wenn 
in die mit Asche, so lebt er lang. Stockt er fie aber in 
die Schaale mit Erde, so muß er bald sterben. „Und daS 
ist ganz untrüglich", fügte Brighit hinzu, daS Bauer- 
mädchen aus der Gegend der Killarney Seen, dem ich daö 
Meiste von dem verdanke, was ich bis hieher mitgetheilt 
habe, — „ich habe selbst einen Mann gekannt, der daö so 
am Allerhettigenabmd gemacht htt. Er war sein Lebtag 
ein UnglückSvogel gewesen und griff auch an diesem Abend 
zuerst in bie Schaale mit Erde. Er wurde so bleich als 
wie der Kalk an der Wand, als man ikm daö Tuch von 
den Augen nahm, und er nun sah, was er gethan; und 
drei Monate darauf war er ein todter Mann/ 
Einige gießen in dieser Nardt auch Blei, um die Zukunft 
daraus zu prophezeien. Aber daö soll man nicht thun, 
meinte Brighit, „eö ist TufelSwerk/ Darin bildet Aller 
heiligen den schafften Conttast zum Mattest, daß — wäh 
rend beide, wie sie in Irland gefeiert werden, auS dem 
Natur- und Elementardienst deS celtischen HeidmthvmS 
hervorgegangen find — der mythologische Hintergrund, der 
sich bei letzterem erhalten hat, bei ersterem vollständig durch 
die Dämonologie des Christenthums verdrängt und ersetzt 
worden zu sein scheint. Zwar deuten auch einige Winke 
auf die Gegenwart der Feen: sie sollen um Mitternacht 
erscheinen und wenn man ihrem Zuge begegnet, dadurch 
gezwungen werben, jedeS menschliche Wesen, daö fie etwa 
mit fich führen, freizugeben, daß man ihnen Staub, unter 
den Füßen fort, entgegen wirft. Aber die Hauptfigur in 
der dunklen, unheimlichen Allerheiligennacht ist der Teu 
fel, und zahlreich waren die Geschickten Briabit'S von sei 
nem unhrilvollen Erscheinen in derselben. Weßhalb denn 
auch die Anwendung der oben mit etherUen ZnkunftS und 
Schicksalsproben lerckt zum Unglück auSschläat, da man 
dem Teufel dadurch eine Handhabe zm Einmischung giebt. 
(Schluß folgt.)
	        
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