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konnte. Ich ftage irgend Jemanden, der sich von Grund,
sätzen der Ehre und Tugend leiten läßt, ob er nicht eben
jo gehandelt haben würde, wie ich eö that, wenn die
Ehre seiner Frau oder seiner Tochter m Frage ge
zogen wäre? Um wie viel mehr Grund hatte ich
also, ihn durchzuhauen, wenn die Beleidigung mei
nen Herrn und Erlöser Jesus Christus traf? Ich wie
derhole, ich danke Gott, daß ich gethan habe, waS ich
that, als ein Mitglied der Universität, und, im Schooße
meiner Alma mater! Am Sonntag vor vierzehn Tagen
machte ich einen Besuch bei meinem werthen Freunde Herrn
Reyner, vom St. Johannes. Collegium dieser Universität.
Er ist ein Mann von fleckenlosem Charakter, wie Jeder-
mann weiß. Er fragte mich, was ich wohl glaube, daß
vor ein Paar Tagen im Magdalenen-Collegium vorge
fallen sei? Ich antwortete, in diesen Tagen der Neuerung
und Veränderung würde ich mich übergar nichts mehr
wundern; und er sagte dann, daß ein Mitglied der Uni-
verfität bei dem Tischgebet an der gemeinschaftlichen Tafel
den Namen des Herrn Jesu Christi ausgelassen habe; und
daß derselbe auf die Frage, warum er dies gethan, erwi.
dert, ein Jude sei bei Tisch zugegen gewesen. Aber Chri-
t uS starb für alle Menschen; und ich behaupte, daß der
staun, welcher den Namen Christi beim Tischgebet auS-
lassen kann, ein verlorenes Schaf ist. Als ich aber hörte,
daß er ihn ausgelassen habe, um einem reichen Juden zu
gefallen, fühlte, rch, daß die Sache zu weit gediehen war,
als daß ich bei der Verehrung, welche ich für den
Herrn Jesus Christus fühle, sie auf sich hätte beruhen las
sen können. Ich ging daher zum Dicekanzler der Univer
sität und sagte, dieser aussätzige Flechen dürfe nicht aus der
christlichen Kirche fitzen bleiben. Der Vicekanzlcr empfahl
mir, die Sache im Stillen abzumachen. Ich sagte: „er
muß eine Abbitte unterzeichnen, welche im Verhältniß zu
der Schändlichkeit der Sünde steht; dieselbe soll vor
Zeugen attestirt und dann an die Königin, als Oberhaupt
der Kirche auf Erden, geschickt werden; und ich hoffe, daß
sie ihm die Sünde verzeihen möge!^ Ich hoffe, die Her
ren vom Gericht werden daraus ersehen, daß ich Herrn
Dodd nicht in der Aufwallung oder im Zorne durchhieb,
sondern daß dies ein wohlüberlegter Entschluß war. Ich
ging daher nach der Wohnung des Hrn. Dodd und sagte
rhm, als ich ihn zu Gesichte bekam: „Ich bin Ihnen
fremd, aber erlauben Sie mir zu fragen, ob Sie bei ir.
gend einer Gelegenheit den Namen des Herrn Jesu Christi
beim Tischgebet an der gemeinschaftlichen Tafel ausgelas
sen haben?" worauf er sofort erwiederte: „Niemals." Ich
sagte ihm sodann: „Ich habe dies^aus der besten Quelle,
wollen Sie wirklich behaupten, daß Sie es nie gethan haben?"
Er wiederholte: „niemals." Darauf sagte ich: „Warten Sie
einen Augenblick" und lief heraus, um meinen Freund Hrn.
Revner zll holen, konnte ihn aber nicht finden. Ich kam dann
zuruck und sprach: „Sie leugnen eö; Herr Reyner aber
sagt, daß Sie es gethan haben; wollen Sie mit mir nach
Reynerö Wohnung kommen?" Herr Dodd sagte darauf:
„O bewahre, das fällt-mir gar nicht ein; warum sollen
wir eine solche Wirthschaft deswegen machen? Warum soll
ich mÄ mit Herrn Redner veruneinigen, dem ich ver
pflichtet bin?" Darauf erwiderte ich: „Erlauben Sie
mir, Ihnen zu sagen, daß die Achtung vor dem Heiland,
welcher für unS Alle starb, jeder Achtung vor Menschen
vorausgehen sollte." Sodann erwähnte ich, waö zwischen
mir unv dem Vicekanzler vorgefallen fei, und bat ihn, die
Sache zu überlegen, damit wir sie beilegen könnten. Er
führte dann einen Präcedeiizfall an: „Der Dekan von
So und So hat eS auch gethan." Ich habe früher nie
gehört, daß Jemand, der leugnete, etwas gethan zu ha-
den. einen Präcedenzfall anführte; und es kam mir sehr
sonderbar vor. Herr Dodd sagte sodann, er ginge in die
große Halle; und ich selbst ging ins St. Johannes.Col-
leg. Indem ich mit mir selbst nun Zwiesprache hielt, sagte
ich: „Hier ist die Angabe eines Mannes, auf besten Wahr.
Hastigkeit ich mein beben fetzen würde; und ein Anderer,
den rch niemals vorher gesehen habe, leugnet sie; ich will
meinen Freund nicht dadurch beleidigen daß ich ihm dies mit
theile, sondern thun was recht ist." So kam ich denn zurück;
ich hatte eine Reitpeitsche bei mir, die ich in meinerTasche
versteckt gehalten. Ich schickte nun einen Boten in die große
Halle, und ließ sagen, daß ich Herrn Dodd zu sehen
wünschte. Er ließ antworten, ob eö nicht bis morgen
Zeit hätte? Ich glaubte das nicht, und wartete draußen
im Hofe, am Eingang zur Halle. Herr Dodd kam bald
darauf heraus und rch lief ihm nach und rief ihn beim
Namen. DirS veranlaßte ihn sich umzudrehen, und ich
sagte nun, indem natürlich alleö Zartgefühl bei Seite ge
worfen war: „Nun, Herr, sagen Sie mir, wer hat gelo-
gen, Sie oder Herr Reyner?" Er antwortete: „Ich kann
letzt nicht darüber reden, kommen Sie in meine Wohnung".
Ich ftage einen der anwesenden Herren, ob Jemand, der
etwas auf seine Wahrhaftigkeit hält, einen Andern bitten
würde, nach seiner Wohnung zu kommen, wenn dieser ihn
so eben gefragt hätte, ob er oder ein Anderer gelogen hätte?
Ich zog dieReitpeitsche heraus; er hatte mirden Rücken zuge
wandt, aber ich wollte iyn nicht auf den Rücken schlagen und
gab ihm daher seitwärts einen aus den Arm. Natürlich
war ich aH Alles gefaßt, waS kommen könnte, nur nicht
auf das, was wirklich kam, nämlich, daß der, den ich schlug,
wenig oder gar keine Notiz davon nahm und weiterging.
Ich schlug dann weiter auf ihn los, aber wie oft, weiß
ich nrcht. Wenn Jemarrd unter solchen Umständen Einem
den Rücken zugekehrt hält, so braucht man sich nicht an
ständig gegen ihn aufzuführen. Die Univerfitätsdiener
stürzten setzt zu meinem großen Bedauern heraus, da ich
fürchtete, mit ihnen zu thun zu bekommen, und ihre Da-
zwischenkunst möchte mich daran verhindern, ihm daS zu
geben, was ich ihm geben wollte, nämlich eine gehörige
Tracht Prügel. Ich sagte ihnen übrigens, sie sollten sich
nicht einmischen, ich sei ein Mitglied der Universität; so
stellten sie sich denn in einem kleinen Halbkreise um uns
herum, während ich ihm zwölf oder vierzehn Hiebe gab,
ich weiß nicht genau wie viele — wollen Sie nicht
vielleicht Henn Dodd darum fragen? Nachdem ich
ihn abgestraft hatte, warf ich ihm die Reitpeitsche
vor die Füße und sagte: „Nun, Herr! das habe
ich Ihnen gethan; nehmen Sie sie auf, wenn
Sie es wagen, und thun Sie eS mir." Ich sagte
dann zu den Umstehenden und den Universitätsdiener»,
nachdem ich die Peitsche wieder aufgenommen hatte: «Geht
und erzählt es in der ganzen Universität, daß Herr Brok
hurst, vom Emmanuel-Collegium, Herrn Dodd vom Mag-
dalenen-Collegium mit der Reitpeitsche durchgehauen hat,
weil er falsch gegen seinen Erlöser und falsch gegen seinen
Freund gewesen ist." Ich sagte dann etwas zu dem Hau-
fen, der draußen stand? Wenn ich sagte „Gott sei Dank",
so bete ich zu Gott mir zu verzeihen, daß ich seinen Na-
men unehrerbietig genannt, aber ich glaube nicht, daß ich
eS sagte. Wenn ich es that, so that ich es in der Sache
des Erlösers. Ich habe nicht nach jedem Hiebe gesagt:
„nimm den", wie es in den Zeitungen hieß; die Herren
werden wohl einsehen, daß dieö überflüssig gewesen wäre,
eö wäre eine Tautologie gewesen, weil er sie schon bekom
men hatte. Ich gab ihm nie einen Schimpfnamen als einen
von der ärgsten Sorte, weil mir daS am besten auf die Couleur
von einem Kerl zu vcsi'en schien, mit dem ich zu thun hatte.
Ich will Ihren Ohren nicht damit wehthun, aber Sie
können sich denken, was es war, wenn ich Ihnen sage, es
bedeutete so viel, daß, wenn seine Wahrheit und Ehre zum
Henker ging, die seiner Mutter ihm wohl folgte! (Hier
legte sich Herr Dodd ins Mittel und fragte den Vicekanz-
ler, ob eine solche Sprache erlaubt sei? worauf Brokhnrß
sagte: „wenn die Berichterstatter der Zeitungen eS nicht
niederschreiben, so werde ich einen Brief an die Times
schicken und eö darin erwähnen"!!)' Wenn man die ganze
Verhandlung überblickt, so erscheint es fast unbegreiflich,
daß das Uiuversitätögericht weiter keine Strafe gegen eine
selche Bestie verhängte, als daß ihm seine akademischen
Ehren auf vier Jahre lang genommen werden sollten! Das
Schlimmste aber ist, daß der Verurtheilte in der patzigsten
Meise bemerkte, daß, waS auch immer die Entscheid
d(S Universitätsgerichtö sein möge, die große Gefells'
auf seiner (Brokhurstö) Seite stehen würde!
London. Im Februar 1861.