© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 44
aus : Beilage zur Allgemeinen Leitung, Nr. 26
1873, Jan. 26, 2.396
f HanS Holbein I. ein geborner Augsburger.
* Die Frage, ob Hans Holbein d. I. wirklich in Augsburg geboren worden
sei, konnte bisher nicht mit vollkommener Bestimmtheit beantwortet werden. In
neuerer Zeit hat man diese Thatsache zu läugnen gesucht, indem man sich auf die !
SupMdes kaiserlichen Hofjuweliers Philipp Holbein berief, der zum Zweck der
Bestätigung und Aufbesserung des angeblichen Adels seiner Familie bei dem Kai
ser Matthias eingekommen war. Er verschweigt darin gänzlich die Augsburgische
Abkunft der Holbein, und gibt seinem Großvater, eben unserm berühmten Maler,
einen Ambrosi zum Vater, der zu Basel in vornehmen Diensten und Aemtern ge
standen habe. So offenbar auch die absichtliche Täuschung in der Bittschrift ist, |
so ist doch zugleich anzuerkennen daß die Augsburger Abkunft eben auch nicht strick (
zu erweisen war. Hans Holbein wird allerdings bei seiner Aufnahme in Basel \
Augustanus genannt, doch liegt hierin noch nicht ein zwingender Grund ihn zu
Augsburg das Licht der Welt erblicken zu lassen, da er ja später auch Basiliensis
genannt wird. Freilich überwogen die Gründe für die Reichsstadt am Lech in der
unverkennbarsten Weise. Das Verdienst die Sache nun völlig zu Gunsten Augsburgs
entschieden zu haben, gebührt Hrn. A. Horawitz, der aus einem Werke des Beatus
Mhenanus im letzten (4.) Heft des Jahrg. 1873 der Zeitschrift für bildende Kunst
S. 128 folgende Stelle mittheilte: „Unter die berühmtesten Maler Deutschlands
gehören Albrecht Dürer in Nürnberg, Johannes Baldung in Straßburg, Lucas
Cranach in Sachsen, Johannes Holbein — in Augsburg geboren, aber schon lange
Bürger in Basel — der unsern Erasmus im vergangenen Jahr zweimal aufs tref
fendste malte, Bilder die später nach England geschickt wurden." Da mir nicht
vollständig deutlich war ob die zwischen die zwei Striche gesetzte Stelle wirklich im
Rhenanus vorkomme, oder ob sie bloß Zusatz des Hrn. Horawitz sei, so habe ich die '
Stelle im Originaltext selbst nachgesehen. Ich halte es nun für paffend dieselbe !
Hier mitzutheilen, einmal um jedem doch möglichen Zweifel zu begegnen, sodann !
um die Nachricht überhaupt zur Kenntniß eines größern Publicums zu bringen.
Apud Grermanos hodie sunt inter primos clari, Albertas Dureriu» apud No
timbergam, Argentorati Joannes Baldugnus, In Saxonibus Lueas Cronachius,
Apud Rauricos Joannes Holbeinus Augustae Vindelieorum quidem natue,
verum jamdiu Basiliensis civis, qui Erasmum nostrum Roterodamum anno
superiori in duabus tabulia bis pinxit felicissime, et cum muita gratia, quae
postea sunt in Brilanniam transmisaae. (Beatus Rhenanus Selezestadiensis, in
C. Plinium. Basileae apud Joannem Frobenium Mense Martio, Anno 1526.
pag. 29). Der Verfasser hat diese Worte wohl im Jahr 1525 geschrieben, indem
'vom vergangenen Jahr (annua superior) die Rede ist. Nun hatte aber Erasmus,
tvie man aus zwei Briefen (der eine vom 3 Juni, der andere vom 4 Sept. 1524)
ersieht, neulich (nuper) zwei seiner von einem „artiiiee satis elegaati u gemalten
Bildnisse nach England geschickt. Daß Holbein dieser sehr geschmackvolle Künstler
Ivar, was übrigens auch ohnehin niemand bezweifelt harte, ist nun vollends erwie
sen. Besonders ist aber auch die angefochtene Vaterschaft des Augsburger Malers
Hans Holbeins des Aeltern zu dem Jüngern, die schon aus andern Gründen
fast unzweifelhaft war, zur Getyißeit erhoben worden.' -Die Augsburger der
können jetzt, ganz ohne GewiWWsse den berühmten Male/ als ihr Stadtkind
ausgeben und ihm ein Denkmal errichten, wie es ja einmal früher in diesen Blät
tern vorgeschlagen worden war.
München, 20Jan. WilhelmSchmidt. I