© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 44
bett bte Vertreter der gemäßigten Richtung noch ein „Glück bei'm
Unglück." So schreibt die „AugSb. Postztg.", nachdem fie ^ von
obigem Erlaß Notiz genommen in ihrer heutigen Tagesübersicht:
„Können wir auch nur unser Bedauern ausdrücken, daß daS Ge-
spenst der StaatSgefShrlichkeit jenes Dogmas noch immer dominirt
und müßen wir auch die Stellung, welche die Staatsregierung ein
zunehmen erklärt, lebhaft beklagen, so läßt andererseits
der Erlaß noch die Hoffnung zu, daß die offensiven
Pläne, welche die Gegner dem Ministerium zumuthen möchten,
dort keine Aussicht auf Realisirung haben." Selbstver
ständlich muß auch dieses Blatt die Hoffnung auf den endlichen
Sieg der „guten Sache" zum Ausdruck bringen. Es thut dies in
folgenden Sätzen: „Die katholische Kirche wird diese Krisis
glücklich überstehen, deß sind wir gewiß; ob der Staat da
durch gewinnt, daß er wenigstens indirekt die Opposition gegen die
katholische Kirche fördert, darf bezweifelt werden. Jedenfalls sind
die „StaatSgefährlichen" anderswo zu suchen als in den Reihen der
ihrer Kirche treu ergebenen Katholiken!"
Oesterreich.
ü Wie«, 30. Aug. Von verschiedenen Seiten kommen
jetzt beachtenSwerthe Aeußerungen und Andeutungen über die
Stellung Rußlands zu den Abmachungen von Gaslein.
Hierüber kann ich nun aus verläßlicher Quelle sagen, daß
die beiden Reichskanzler zwar in der Ansicht sich begegneten,
es sei eine entevts cordiale zu Dreien, d. h. die einfache
Hineinziehung Rußlands in das zu Gastein vereinbarte
Freundschastsbündniß zwischen Oesterreich-Ungarn und
Deutschland zur Zeit noch mit manchen Schwierigkeiten ver
knüpft, daß aber eine solche directe evtsuts zu Dreien wohl
ersetzt werden könne durch die parallel lausenden Freund-
schastsbeziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Deutsch
land einerseits, Deutschland und Rußland andererseits und
daß diese indirecte, durch das deutsche Reich vermittelte Be
ziehung zwischen Ocherreich-Ungarn und Rußland zur Si
cherstellung des Friedens auch im Orient genüge. In dem
angedeuteten Sinne soll sich denn auch von Gastein aus
Fürst Bismarck mit dem Fürsten Gortschakoff verständigt
haben.
* Wien, 30. August. Der „Presse" meldet man aus Bu
karest: Nicht nur der Vater des Fürsten Karl, sondern auch
Fürst Bismarck suchte den Fürsten zum Verbleiben zu bewegen.
Deutschland und Oesterreich werden den Fürsten kräftigst unter
stützen. Die Verschwörung in der Armee ist nicht sehr verzweigt,
daher ohne Bedeutung. Die Bratianisten begannen kleimnüthig
sich zurückzuziehen; der Fürst beabsichtigt, in Jassy einige Monate
zu wohnen.
Schweiz.
* Bern, 29. Aug. Einem Privatlegramm der „N.
Z. Z." zufolge hat die französische Regierung erklärt,
das Auslieserungsbegehren, betreffend Razoua, zurückzu
ziehen.
* Genf, 27. Aug. Dem „Bund" wird von hier ge
meldet : Die verhaftete Frau des (wegen Banknotensälschung
inhastirten) polnischen Malers ist als unschuldig befunden,
wieder in Freiheit gesetzt worden, und es haben einige hier
ansässige Polen im Namen ihrer Landsleute gebeten, die
schlechten Handlungen Einzelner nicht die ganze, durchschnitt
lich sehr ehrenwerthe polnische Emigration entgelten zu lasten,
dagegen die Schuldigen, welche aus Gewinnsucht oder unter
der Maske des Patriotismus Fälscher sind, mit aller Strenge
zu verfolgen und zu bestrafen.
* Den jungen Leuten aus der deutschen
Schweiz, die sich nach F r a n k r e i ch begeben, wird in
Schweizer Blättern der Rath ertheilt, ihre Schriften wo
möglich in französischer Sprache ausfüllen zu
lasten. Zur Begründung dieses Rathes schreibt ein Basler
aus B o r d e a u x den „Basler Nachr." vom 19. August
Folgendes: „Vorgestern wurden hier drei junge Schweizer
als Preußen insultirt; vor dem Restaurant, wo sie spei
sten, war ein förmlicher Auflaus. Unsere Landsleute wiesen
ihre Papiere, aber es war unter den Franzosen kein einziger,
der deutsch lesen konnte, und so waren sie genöthigt, um
fectur zu folgen, natürlich unter großem B'ölksauflaüs. "Hl8s
der Präfectur wurden sie allerdings sofort frei gelüsten, der
Polizeivorstand sprach über die ihnen widerfahrenen Unan
nehmlichkeiten sein lebhaftes Bedauern aus, und der Ser
gent de ville erhielt einen Rüffel. Der Vorfall zeigt aber
immerhin, daß die Preußen sich in Bordeaux noch keiner
großen Beliebtheit erfreuen und daß, wer sich nicht Ungele-
genheiten aussetzen will, gut thut dafür zu sorgen, daß er
sich sofort und überall als Schweizer legitimiren kann."
Ztalie».
* Rom, 26. Aug. Seitdem der Ministerpräsident und
der Finanzminister hierher zurückgekehrt find, beschäftigt sich
der Ministerrath eifrigst mit der theilweisen Neubesetzung ei
niger Portefeuilles; von einer Cabinetskrisis im eigentlichen
Sinne des Wortes ist nie die Rede gewesen. (Pester Lloyd.)
Rom, 30. Aug. Der Papst hatte eine lang andauernde
Ohnmacht, von welcher er sich nur langsam erholt; er ist in
äußerste Schwäche verfallen und ist wenig Hoffnung für seine Ge
nesung vorhanden. (Pr.)
* Neapel, 26. Aug. Aus den nun mit Beschlag beleg
ten Papieren des neapolitanischen Comitee's der Internatio
nale geht hervor, daß die Gesellschaft an 10,000 Affiliirte
in Italien zählt; die Mehrzal derselben befindet sich in
Oberitalien und in der Romagna; in Rom hat sich seit dem
20. September ebenfalls eine Section gebildet. Die italie
nische Regierung ist von der englischen in Kenntniß gesetzt,
daß das Londoner Centralcomitee in letzter Zeit ungemein
rührig war und eine große Anzahl seiner Affiliirten nach
dem Continent mit bestimmten Weisungen entsendet hat.
(Pester Lloyd.)
Spanien.
* Madrid, 29. Aug. Der Herzog von Montpen-
sier hat in der „Politica" einen an den Jnstructionsrichter ge
richteten Brief veröffentlicht, in welchem er seine Verwunderung da-
———
allen Anzeichen um 1517, also nur zwei Jahre später, als
wir den Tisch setzen, hat er das Hirtensteinische Haus in
Luzern von innen und außen bemalt. Und sechs Jahre spä
ter hat er die Rathhausmalereien, die großartigsten Ge
schichtsbilder jener — und vielleicht aller — Zeit erdacht.
Mir scheint, der Tisch füllt eine Lücke aus. Denn aus den
bisher frühesten bekannten Porträten, dem Schulmeisterschild
und den älteren Passionsbildern erklärt sich der Histo-
rienmaler nicht. Hier haben wir seine Vorstufe als
Genremaler.
Und beachte man noch Eines: In spätern Jahren findet
sich in Holbein'S Leben weder der äußere noch der innere
Raum für eine Arbeit wie der Tisch. Seine mit höchster
und gleichmäßiger Vollendung durchgeführte Technik, die viele
Monate in Anspruch nahm, wäre später Holbein nicht mehr
möglich gewesen. Auch hätte man ihm kaum mehr solche Auf
träge geben dürfen. Endlich einmal auf der Wanderschaft,
zwischen Basel, Luzern, Bern u. a. Orten hin- und her
reisend, hätte er auch kaum zu einem solchen Werke noch die
rechte Lust gesunden, der es doch. wie jede Figur lehrt, ent
sprungen ist. Als Holbein angefangen, Fanden zu malen,
wird nicht mehr Miniaturmalerei getrieben, und als er im
großen historischen Styl arbeitete, wird er schwerlich noch
Kalenderspässe von fliegenden Blättern mit Holzschnitten
mehr oder minder kopirt haben.
Kaum dürste zum Schluß Jemand das Bedenken erheben,
ein Siebenzehnjähriger führe doch noch nicht einen eigenen
Wappenfiempel. ES ist aber kein Wappen, sondern ein bloßes
Steinmetzzeichen auf demselben; und daß Holbein auf sein
Wappen sich seinen Namen zweimal sollte haben graviren
lasten, voll in der Umschrift und nochmals milden Anfangs
buchstaben neben dem Schild — das möchte schwerlich Je
mand im Ernst annehmen. Im Gegentheil, der Stempel ist
dem launigen Künstler der Vorwand, um seinen vollen Na
men auf dem Bilde anzubringen. Dies aber hat Hol
bein bekanntlich nur im Anfang seiner
Carriöre gethan, um sich, den noch unbe
kannten jungen Mann zu empfehlen. Später, als
sein Styl allein den Meister nannte, unterließ er die Na-
mensbezeichnung entweder ganz oder setzte bloß sein Mono-
rüber ausspricht, daß dem Urtheile, wodurch er zur Zeugmßable-
gung in der Primschen Angelegenheit angehalten wird, nichts eine in
seiner Wohnung insinuirte Vorladung vorausgegangen sei. Er
erbietet sich sein Zeugniß vor kompetenten spanischen Beamten (Ge
sandten oder Consuln?) in Frankreich abzulegen, da er einer Krank
heit seiner Tochter wegen in diesem Lande zu bleiben gezwungen
sei. Wenn er in Paris angekommen sein wird, wohin er sich von
Eaux bonnes zu begeben gedenke, werde er die spanische Gesandtschaft
davon in Kenntniß setzen.
Belgien.
* Brüssel, 31. Aug. Ein hierhergeflüchtetes Mitglied der
Commune, T r i d o n ist gestorben. Die Beerdigung findet am Sam
stag durch die Gesellschaft „1,68 solidaires“ statt.
Großbritannien.
* London, 29. Aug. Die politische Erörte
rung über heimische Angelegenheiten, welche
sich regelmäßig nach der Session entspinnt, hat in der Pro
vinz begonnen, indessen ist dieselbe vorderhand noch ziemlich
matt und ohne sonderliches Leben. Von Seiten der Libera
len geschieht das Mögliche, um die Ballotangelegenheit in
weiteren Kreisen zum Gegenstand der Agitation zu machen,
doch ist der Erfolg dieser Bestrebungen nicht sehr bemerkens-
werth, weil aus die Jahre der starken Bewegung im Innern
eine Periode der Erschlaffung gefolgt ist, und geheime Wahl
abstimmung in der That — man muß das der Opposition
zugestehen — kein Gegenstand ist, für den sich in diesem
Augenblick die Masse des Volkes begeistert. Die Stadt
Manchester, welche seit Jahren in dieser Angelegenheit in
der ersten Reihe der Resormfreunde ihren Platz hatte, ist
auch jetzt mit einem guten Beispiele vorangegangen und hat
die politische Herbstcampagne eröffnet. Statt jedoch eine große
Massenversammlung zu veranstalten, wie in früheren Jahren,
haben die Führer der dortigen Liberalen dieses Mal ohne
Zweifel aus guten Gründen sich zunächst im engeren Kreise zu-
sammengethan und etwas Neues in Scene gesetzt, die libera
len Vereine und Clubs veranstalteten im Tabley Park ein
Piknik, bei dem verschiedene Resolutionen gefaßt wurden.
Der „Daily Telegraph", das eigentliche Organ des Mini
steriums, spricht seine große Genugthuung über diese politi
sche Versammlung nach neuem Muster aus, und empfiehlt
fie zur allgemeinen Nachahmung. „Man hat oft gesagt, be
merkt er unter anderen, das Geheimniß unserer stetigen Po
litik liege in dem Umstande, daß wir stets das Mittagessen
in eine gewisse Verbindung mit dem politischen Kriege brin
gen. Es ist etwas daran. Es ist der hungrige Mann, der
die ächten revolutionären Neigungen hat, der hagere Cass us,
der bei Nacht nicht Ruhe finden kann und bei Tag sich
keine Zeit nimmt sein Mahl zu genießen. Man bringe
aber denselben Cassius auf's Land hinaus, stelle eine
treffliche Bowle ihm an die eine und einen Korb
mit lockenden Eßwaaren an die andere Seite und der Mann
wird ohne Schaden für seine römische Bürgertugend Cäsar
Gerechtigkeit widerfahren lassen und einen unschuldigen Ge
brauch von seinem Dolche machen, indem er voll Thatkraft
eine Wildpastete durchbohrt." Am Schluß gibt der „Tele
graph" dem Oberhause den guten Rath, seiner Pflichten ein
gedenk, sich mehr in Einklang mit dem Unterhause zu brin
gen. Welchen Werth der Premier auf die Demonstrationen
legt, welche während der letzten Wochen in Leeds und Brad
ford zu Gunsten der ministeriellen Politik gemacht_ wurden,
ersieht man aus folgendem Schreiben, welches er in Erwi
derung der Resolutionen des Meetings in Leeds an die An
stifter dieser Versammlung gerichtet. „Ich brauche Sie kaum
zu versichern — heißt es im Verlause des Briefes — daß
ich in gleichem Maße die Abstimmung wie den Grund für
die Abstimmung der Lords zur Verwerfung der Bill bedaure.
Nicht minder auch bedaure ich die Folgen der Abstimmung,
denn ich bin der großen Dienste eingedenk, welche, wie die
P f j fl*. unserem Vaterlande von seinem Adel er-
hasten Charakters, der thätigen Pflichttreue und des weit
ausgedehnten Einflusses mancher Mitglieder des Ober
hauses sowohl wie der ernsten Schwierigkeiten, welche ande
ren Ländern in dem Bestreben sich in den Weg stellten,
Mittel und Wege zur anderweitigen Erfüllung der Functio
nen ausfindig zu machen, welche die Constitution heute den
Peers zuweist. Das Verfahren der Regierung in dieser An
gelegenheit, welches die Bewohner von Leeds gebilligt haben,
wurde nach meiner Meinung erheischt durch die einfachsten
Grundsätze der Pflicht, und ich darf Ihnen ruhig die Ver
sicherung ertheilen, daß das Ministerium nicht leicht von ei
nem nach reiflicher Erwägung eingeschlagenen Pfade abwei
chen wird, von einem Pfade, der unter der Billigung des
Unterhauses und des Landes überhaupt beschritten wor
den ist."
Die bevorstehenden Uebungen in Aldershott
werden in unseren Blättern mit einem solchen Auswande von
Worten erörtert und verursachen soviel Bewegung im Lande,
als ob es sich um eine Armee von 400,000 Mann han
delte, die außer Landes geschickt werden sollen. Die Miliz-
batgjlloae, welche an den Uebungen Theil nehmen sollen, la
gern schon seit mehreren Tagen bei Aldershott unter Zelten
und die Commandeure thun das Möglichste, um die Tapferen
zu den bevorstehenden Scheinkämpfen vorzubereiten.
Die Lage der Dinge in Frankreich wird mit
bedeutender Unruhe beobachtet und selbst diejenigen, welche
vor Kurzem prophezeien wollten, daß nun der Gang der Er
eignisse in Frankreich glatt ablausen müsse, beginnen besorgt
zu werden. Unsere Blätter, wie „Times", „Daily News"
und „Daily Telegraph" machen ihre Leser aus Schlimmes
gefaßt.
—— ; ——
gramm. So weist uns Alles für unser Tisch
blatt an den Anfang von Holbein'sKun st,
etwa ins Jahr 1516 oder 1515.
Wanderjahrc in Ztalie».
F. L. Wenige mögen Italien so gründlich kennen, wie
Ferdinand Gregorovius, der Sohn des kalten Ostpreußen,
der nun schon an die zwanzig Jahre im Süden weilt, um
die Natur und Geschichte der italienischen Halbinsel in fort-
währendem Studium zu erforschen. Italien ist ihm zur zwei
ten Heimath geworden , wenn er auch darüber das Land
seiner Wiege, sein deutsches Vaterland, nicht vergessen hat.
Vor Allem handhabt er die deutsche Sprache mit vollendeter
Meisterschaft, Wer Italien gesehen hat, kennt auch die herr
lichen Schilderungen, die uns Gregorovius in seinen „Wan
derjahren" gegeben. Besser als jeder rothgebundene Führer,
lehren uns seine „Figuren", seme „lateinischen Sommer"
das Land kennen und lieben. Sie zaubern uns durch die
Fülle der reizenden Bilder, der sarbenglühenden Landschaf,
ten, der Sittenschilderungen und anmuthig heiteren Skizzen
mit einem Schlag in das schöne Land zurück und erheben
uns zugleich durch den gewaltigen geschichtlichen Hintergrund,
den der Wanderer seinen Zeichnungen des heutigen Lebens
zu geben versteht. So einigen sich angenehme Erinnerungen
an das, was wir selbst gesehen und bewundert, mit bedeut
samen Gedanken über Menschenloos und Völkerschicksal. Kein
Wunder darum, daß drei Bände dieser „Wanderjahre" schon
in zweiter und dritter Auflage vor uns liegen, und jetzt ist
ein vierter Band erschienen, der an Interesse hinter seinen
Vorgängern nicht zurücksieht *).
Wenige Jahre nur trennen uns von dem Herbst, in wel
chem Garibaldi mit seinen Schaaren auszog, die ewige Stadt
für Italien zu erobern, und General de Failly mit seinen
Chassepots bei Mentana an den schlechtbewaffneten Rothhevl-
den Wunder that. Wenige Jahre nur, — und doch wie
*) Wanderjahre in Italien. Von Ferdinand Gregorovius. IV.
Von Ravenna bis Mentana. Leipzig. Brockhaus 1871.
Die Revolution dam 18. März dar dem
Kriegsgericht in Versailles.
* II * Paris, 29. Aug.
Man bemerkt im Zuhörerraum die Fürstin Metternich mit
Begleitung; der Präsident halte für diese Gäste reservirte Plätze
und Sammisessel Herrichten lassen. (!?) Der Vertheidiger Lullier's,
Advocat March and, macht zu Gunsten seines Klienten nament
lich die Unterhandlungen geltend, in welche derselbe m t Versailles
getreten war, und zwar nicht aus Habsucht oder sonstigen gemei
nen Motiven, sondern nur in der Absicht, Paris vor einer Kata
strophe zu bewahren. Lullier fügt selbst zu seiner Rechtferti
gung einige Worte in diesem Sinne bei; er erinnert daran, daß
die Agenten ihm und seinem Generalstabe ausdrücklich L-traflosig-
keit zugesichert hätten, und daß es nicht an ihm gelegen habe,
wenn die Regierung im weiteren Verlauf der Ereignisse seiner
Dienste nicht mehr zu benöthigen glaubte. Jncidentiell wird nun
wieder über einen den Angeklagten Urbain betreffenden
Punkt verhandelt. - Präs. hält demselben vor, daß er sich am
22. Mai in den Tuilerien befunden hätte und daß dort unter
seinen Augen vier Opfer fusilirt worden wären; dann sei Urbain
auf dem Balkon erschienen und hätte gerufen: „Es lebe die Com
mune!" Urbain: Davon höre ich heute zum ersten Mal. Ich
bestreite auf das Entschiedenste, an jenem Tage in den Tuilerien
gewesen zu sein und irgend einer Execution beigewohnt zu haben.
Ich erinnere mich nur, an jenem Tage einem Aufzuge begegnet
zu sein, angeführt von einem 13jährigen Burschen, der eine blu
tige Axt auf der Schulter trug. Etwa 30 Föderirte verhafteten
einen Nationalgardisten, der angeblich zwei seiner Nuchbarn mit
deGAxt getödtet haben sollte. Präs.: Darum handelt cs sich
nicht. Sie befanden sich mit Bergeret in den Tuilerien. Ur
bain: Ganz gewiß nicht. Vom Stadthause ging ich über die
Quais und den Pont Royal nach dem Faubourg St. Germain.
und als ich an dem südlichen Flügel des Schlosses vorbeikam, rief
mir noch der Oberst Dardelle vom Balkon aus zu, ich sollte mich
nicht so muthwlllig aussetzen. Ich ging trotzdem über die Brücke
und erreichte die Rue du Bac. Zeuge Henry Slipper, Haus
beamter der Tuilerien, sah am 22. Mai Abends dort vier Per
sonen in Civil, angeblich als Gefangene, einbringen; es sollten
Spione der Versailler gewesen sein. Vom dritten Stock des an
die Rue de Rivoli grenzenden Pavillons sah ich Allem zu. Auf
dem Balkon erschienen zwei Individuen, wie man allgemein sagte,
Bergeret und Urbain. Ein Peloton nahm Stellung und schoß
dreimal, ohne die Opfer zu treffen. Erst beim vierten Schuß fiel
das erste Opfer, und dann fielen der Reihe nach auch die drei
anderen. Als Alles vorüber war, klatschten die beiden Individuen
in die Hände und riefen: „Es lebe die Commune!" Ich hörte
bestimmt, wie ein Lieutenant der Frauctireurs, der mit einem
Fernglas zusah, zu seinen Leuten sagte, die beiden Individuen
wären Bergeret und Urbain. Jacques Toloni, ein anderer
Schloßbeamter, er ählt dm Hergang ebenso; ein Mitglied der
Commune hielt eine Rede, die mit den Worten schloß: „So mag
-S allen Spionen und allen Feinden der Commune ergehen!" Die
Sache dauerte mehrere Stunden. Gegen drei Uhr wurden die
Gefangenen in die ehemaligen Gemächer der Kaiserin geführt, wo,
wie es hieß, Bergeret und Urbain das Todesurtheil aussprachen.
Dann brachte man die Gefangenen nach dem Stadthaufe, dann
wieder nach den Tuilerien, wo das Todesurtheil noch einmal wie
derholt wurde. Unter den Föderirten selbst herrschte Meinungs
verschiedenheit, und man kam überein, die Execution auf sechs
Uhr Abends anzusetzen, wo fie denn auch erfolgte. Mindestens
fünfzig Personen erkannten in den Führern Bergeret und
Urbain; daß der Erstere am Sonntag mit seinem Ge
neralstab in dem Schlosse Quartier nahm, kann ich aus
eigener Wissenschaft bestätigen. O z a n n a , ein dritter
schloßbeamter, hat die Gefangenen genauer gesehen: Der eine war
ziemlich gut gekleidet und trug eine Brille, der zweite hatte eben
falls bürgerliche Kleidung, der dritte und vierte trugen Blousen.
Auch er hörte allgemein sagen, daß das Mitglied der Commune,
welche? der Execution in Civil beiwohnte, Urbain wäre. Dieses
Individuum war klein, hatte dunklen Bart und Haare und trug
auf dunkelbraunem Paletot die rothe Schärpe. Zeuge sucht unter
oen Angeklagten den Mann von welchem er spricht, und weist auf
Trinquet. Da man ihm dann Urbain vorstellt so erkennt er diesen
durchaus nicht wieder. Urbain: Ern einziger brauchte meinen Na
men zu nennen und alle Welt sprach es nach. Zeuge: Die
A/K.W, «vf .Angeklagten erinnert mich allerdings an die des
Mien niedrigen Hut. Urbain: Und ich im Gegentheil trug immer
rin Käppi und unter dem Ueberzieher die Uniform der National
garde. Ich habe ein einziges Mal einem Kriegsgerichte beigewohnt,
in dem ein Todesurtheil verhängt wurde, und Zeugen haben hi.r
beglaubigt, mit welchem Eifer ich gegen dieses Urtheil protcstirte.
Mayer Salomon, Handlungkcommis und unter der Com
mune in der Mair-x t> e § 11. Arrondissements angestellt, meldet sich
freiwillig, obgleich er sich damit selbst gerichilichen Verfolgungen
und schweren Straf n aussetzt, um zu Gunsten Ferre's zu bekunden,
caß er, der Zeuge, bis zum 25. Mai ununterbrochen in jener Mairie
gewesen sei und während dieser Zeit keinen Schuß und von keiner
Execution etwas gehört habe. Dasselbe besagt der Commis Fran
cois Coutant, der sich ebenfalls während der ganzen Zeit
ves StraßenkampfeS in jener Mairie befand. Präfid ent ruft
noch einmal den Belastungszeugen L a s n i e r vor, der seine Aus
sagen ü^er die beiden angeblich von Ferra angeordneten Executio»
nen durchaus aufrecht erhält. Ferra hätte noch zu ihm gesagt
als er vorgeführt wurde: „Nun denn, Bürger Lasnier, Sie wol
len ohne Zweifel Ihre Verschwörung fortsetzen?" Da ich antwor
iete: „Ja, mein Herr!" rief Ferra zu seiner Umgebung: ,Jhx
seht, er nennt euch Monsieur!" Ferra: Ich bitte zu consta-
tiren, daß der Zeuge diese Einzelheiten zum ersten Male
voi^ringt. Was die angeblichen Executionen betrifft, so berufe ich
mich auf das Zeugniß meiner Mitangeklagten C h a m p Y und
Lerdure. Diese Beiden erklären, daß ihnen niemals etwas von
einer Execut'on zu Ohren gekommen sei, die in der Mairie des
11. Arrondissements stattgefunden hätte. Den Beschluß derSitzung
macht das Plaidoyer des Advocaten Renault für den Doctor
Rastoul. DaS vierte Kriegsgericht verurtheilte gestern den Coiporal
von den Marinefusilieren, Charles Loduc, wegen Desertion und be
waffneter Theilnahme am Ausstand, und den Maurer Lecourt,
welcher als Lieutenant des '242. Bataillons in La Billette bs
zum letzten Augenblick kämpfte, zur Deportation.
— —
serne schon! Ereignisse so gewaltiger Art haben seitdem
Europa erschüttert, daß uns die Erzählung von dem Römer
zug des italienischen Volkshelden wie eine ferne halbver
klungene Mythe tönt. Oftmals schon war Rom das Ziel
feindlicher Eroberer gewesen, seit den Tagen des Hannibal
und Alarich bis zu dem Connetable von Bourbon herab,
aber der Zug der Garibaldianer war ganz eigner Art.
Es war dies Unternehmen nur ein Glied in der großen
Kette von Ereignissen, welche Italien über kurz oder lang
zur völligen Einheit führen mußten. Daß Rom das Ziel
war, nach welchem alle Italiener strebten, erkannte Jeder,
der Zeuge davon war, in welch' namenloser Aufregung in
den Tagen vor Mentana das ganze Land erbebte, und wie
tief es sich gedemüthigt fühlte, als der Imperator an der
Seine sein stolzes Veto einlegte. Es ist die beste Genug
thuung, die Garibaldi finden konnte, daß kurze Zeit, nach
dem er von italienischen Truppen entwaffnet und gefangen
worden war, diese selbst sich genöthigt sahen, die Grenze des
Kirchenstaats als ungebetene Gäste zu überschreiten und Rom
als Hauptstadt des Landes zu besetzen. Eine genaue Dar
stellung jenes Frcifchaarenzugs aus der Feder eincs so zuver
lässigen und unparteiischen Beobachters ist deßhalb von be
sonderem Werth. Freilich ist es ein trauriges Stück Ge
schichte, das uns Gregorovius erzählt, wenn auch die Folge
zeit bewiesen hat, daß ein in sich morscher Bau, ein Staals-
wesen ohne innere Kraft und eigenes Leben niemals durch
äußere Stützen auf die Dauer gehalten werden kann.
Die Wahrheit dieser Lehre drängt sich dem Wanderer
nirgends stärker auf, als in Italien, — und wiederum in
Italien nirgends mehr, als in Ravenna — das einst das
Bollwerk und der M ttelpunkt der Halbinsel war. Gregoro
vius geleitet uns in die heute so stille Stadt in der einför
migen Ebene. Aber wunderbar belebt sich die ganze Gegend
unter der Macht seines Wortes. Vergangene Zeiten steigen
wieder heraus; man sieht das abendländische Kaiserthum in
seinen letzten krankhaften Zuckungen, man sieht den gewalti
gen Strom der nordischen Völker über die morsche Cultur
der alten Welt hereinbrechen, und auf den Trümmern des
Römerreiches die Herrschaft des mächtigen Ostgothenlö ngs
Theoderich sich erheben. Ravenna war einst der Hauptschau-
Verha»dl««gt»
des volksmrlhschaMchnl Congrrssrs i« Lübeck.
2. Sitzung am 29. August. 1871.
(Schluß.)
Fortsetzung der Berathung über MUnzreform.
Dr. S o e 1 b e e r will es dem Reichstage überlassen, eine Münz-
eiuheit zu finden. Er habe vier Wünsche bei dieser Frage: Natio
nale Einheit, die Eintheilung nach dem Dccimalsystem, die reine
Goldwährung und hauptsächlich den Anschluß an die bestehenden
Münzen. Sein Antrag leite ihn zur Empfehlung de8 Zehngulden-
stückeS als Rechnungseinheit; doch sei es ihm gleich, ob der Tha
ler oder der Gulden adoptirt werde, so lange derselbe in 100
Kreuzer snbdividirt werde, in Anschluß an daS Decimalfystcm.
Dr. Fauch er stimmt dem Wunsche des Vorredners bei, sich
auf den allgemeinen Ausspruch zu beschränken, daß die neue Münze
nach dem Decimalsystem eingetheilt werde, will jedoch hinzufügen,
daß die kleinste Decimalmünze noch in 4 Theile getheilt werde.
Dr. Wolfs (Stettin) erklärt sich für Beibehaltung des Tha-
lerS, ist im übrigen für die Theilung in Hundert, sowie^ ferner
dafür, daß diese kleinste Münze dann noch in 4 Theile zerfalle.
Correferent Dr. Braun wünscht gleichfalls die Beibehaltung
des Thalers. Wenn man durch den Anschluß an das Frankensy
stem zu einer Weltmünze zu gelangen hoffe, so sei dies doch immer
nur Hypothese; es sei sehr unwahrscheinlich, daß England und
Amerika unserm Beispiele folgen werden. Die Süddeutschen könnten
ihren Gulden doch nicht behalten, also würden sie Lei einer Wahl
zwischen den Frank, dem österreichischen Gulden und dem ihnen
bekannten Thaler jedenfalls dem letzteren den Vorzug geben. (?)
P r i n c e - S m i t h als Referent zum Schlußwort, spricht für
die Rettung der Scheidemünzen, mit denen daS Volk mehr zu rech
nen gewöhnt fei als mit Thalern.
Schulze (Mainz) erklärt sich dahin, daß Süddeuischland sei
nen Gulden u. s. w. keine allzubittern Thränen nachweinen werde,
und daß es mit Rettung des Kreuzers und Groschens wenig ge
winnen würde. Eine Concession würde sein, wenn das Zwanzig
Groschrnstück, der österreichische Gulden als Einheit eingeführt würde.
Dasselbe entspreche dcm Franc, der in der Schweiz, Belgien, Ita
lien, Frankreich gelte, bei dem Verkehr mit welchem Deutschland
bis jetzt stets im Nachtheil gewesen fei. Auch müsse man den El
sässern und Lothringern eine gleichwerthige Münze für den Franken
geben, an den sie gewöhnt und den sie lieb gewonnen.
Dr. Böhmert erklärt sich zunächst gegen die von Faucher
beantragte Eintheilung der kleinsten Decimalmünze in 4 Theile.
Die Eintheilung des Groschens in 10 statt 12 Pfennige sei in
Sachsen überall als ein Fortschritt empfunden worden. Redner geht
sodann noch einmal zur Vertheidigung de8 Francssystems über,
dessen Annahme nicht allein im internationalen, sondern in emi
nentem Sinne gleichzeitig im nationalen Interesse liege.
Der Schluß der Debatte ist hiermit emgetreten. Der Kongreß
nimmt den Antrag des Referenten in nachstehender Form an:
„Der Kongreß ist der Ansicht, daß im geeinigten deutschen
Reiche eine einzige Geldrechnungs-Einheit herrschen müsse;
daß man zur allgemeinen deutschen Geldrechnungs-Einheit
nur eine solche wählen darf, welche in ganz leicht berechen
barem Verhältniß zur Thalerrechnung stehe. Die definitiv
einzuführenden neuen Münzen find nach dem Decimalsystem
einzutheilen unter Zulassung der Viertheilung der kleinsten
Decimalmünze. Der Feingoldgehalt der hauptsächlichsten
deutschen Goldmünze ist im Rcichsmünzgesetze so zu normi-
ren, daß der Werth ihres Zehntheiles, welcher die Rech
nungsmünze zu bilden haben würde, genau mit 20 Sgr.
der gegenwärtigen Währung übereinstimmt."
3. Sitzung am 30. August 1871.
Auf der Tagesordnung steht die Bankfrage. Die für die
selbe ernannten Referenten, Dr. Alexander Meyer und Professor
Wagner, sind nicht auf dem Congreß erschienen. Eine unter
Vorsitz Faucher's zusammengetretene freie Commission konnte
sich über Formulirung eines Antrags nicht einigen. Es wird des
halb von ihr Absetzung des Gegenstandes von der Tagesordnung
befürwortet, wohingegen auf anderweitig geltend gemachte Gründe
der Congreß beschließt, in die Debatte über die Bankfrage dessen
ungeachtet einzutreten.
Dieselbe eröffnet Körö si (Pest). Redner will die Bankfreiheit,
als unabweisbares Postulat des Obligationsrechts, nur jenen staat
lichen Beschränkungen unterworfen wissen, die bezüglich des Obli«
ffittt» Pflicht des Staates
ser es, für die Möglichkeit zu sorgen, daß an Stelle des schwer
transportirbaren M tallgeldes Papiergeld stets und unentgeltlich
zur Verfügung stehe. ES fei dies eine Einrichtung von großer und
allgemeiner Nothwendigkeit und Nützlichkeit und stehe mit der Bank-
freiheit nicht im Widerspruche.
Perrot verlangt, daß der Congreß sich für unbedingte
Lanksrnhüt erkläre. Redner will die Notenemission, welche kein
„Geschäft" sei, von dem Bankgeschäft in Zukunft trennen. Er
schlägt zu diesem Zweck eine Resolution vor, die den Modus der
Einziehung der vorhandenen Privatnoten (incl. die der Preußischen
Bank) und deren Ersetzung durch Staatspopiergeld regelt. Sobald
Re Banken keine Noten mehr haben, fei ihr Betrieb völlig freizu
geben.
Dr. Wolfs (Stettin) kennt nur eine Banknotenfrage, da
ver Staat der Banknoten freiheit gegenüber eine besondere Stel
lung einnehme, weil Banknoten Geld und dessen Creirung Staats
regal sei. Der Staat allein trage die Schuld an etwaigen Pa-
pier-Calamitäten. Die Zwangsanleihen in Gestalt großer Papier
geld-Emissionen geschehen jetzt unter Umständen, welche dieselbe zu
Iner Beraubung der ärmeren auf Kosten der besitzenden Klassen
mache. DaS Ziel der Bewegung müsse sein, daß keine Staats
kasse Banknoten annehmen dürfe, außer auf Verantwortung des
Steuerzahlers.
Dr. Böhmert will gleichfalls für das Bankgeschäft volle Frei-
Heck. Er beantragt, das Recht der Ausgabe von Banknoten nur
von der Erfüllung allgemeiner Normaüvbedingungen abhängig zu
machen.
Dr. Eras sieht mit Rücksicht auf die faktischen Verhältnisse
in Deutschland in der Freiheit der Noten-Emission für Privatzet
telbanken eine Gefahr für das Publikum, namentlich für die klei-
ncn Leute. Wenn man die Privilegien der preußischen Bank er-
neuere und dieselbe zur deutschen Reichsbank erweitere, sei eine er-
sprießliche Thätigkeit der Privatinstitute neben derselben nicht denk
bar (?). Er beantragt deshalb: 1) das Recht der Notenausgabe
unter Respektirung der bestehenden Privatprivilegien ausschließlich
dem Centralbankinstitut einzuräumen; 2) Vorkehrungen zu treffen,
^ttmittelst^deren es möglich wird, die Privatbanknoten einzuziehen
platz für diese Wandelungen des frühesten Mittelalters, und
die Erinnerungen, die seine Denkmäler wachrufen, sind. meist
ernster Art. Fand doch auch Dante hier seine letzte Ruhe,
nachdem ihn seine Vaterstadt verbannt hatte.
Gerne wendet sich der Blick von den Bildern jener längst
vergangenen Tage ab, in welchen ganze Völker in unfrucht
barem Kamps dahingeschlachtet wurden. Wir folgen unserem
Führer lieber auf einem Ausflug in die Sabina, jenes wun
dersame, von dem Strom der Reisenden und der modernen
Civilisation gleich wenig berührte Bergland. Gregorovius
ging als Geschichtsforscher auf die Jagd nach unbenutzten
Dokumenten in vergessenen Archiven, aber sein Auge blieb
frisch und offen genug, um Volk und Land zu beobachten,
und es uns in einer Reihe lebensvoller Schilderungen zu
zeichnen. Mit dem Sturz der päpstlichen Herrschaft vor zehn
Jahren begann freilich auch für dieses Land eine neue
Epoche ; die Herren, die von Piemont her kamen, räumten
gewaltig auf; über Nacht waren in Perugia allein zwei und
zwanzig Klöster geschlossen, ihr Besitz zum größten Theil ein
gezogen, und so manches beschauliche Stillleben grausam
gestört. Ueberall fand Gregorovius die weiten Klostcrhallen
öde stehen, und das Herz that ihm manchmal weh, wenn er
ganze Haufen mittelalterlicher Dokumente, Rollen und Schrift
stücke aller Art durcheinander geworfen in den Ecken ver
kommen sah. Sie zu ordnen, sie nur durchzusehen, fehlte es
ihm an Zeit, und doch hat der ächte Geschichtsforscher die
Leidenschaft eines Schatzgräbers. So mußte er die Schätze
ungehoben lassen, um die sich außer ihm Niemand kümmerte.
Die Geschichte schreitet voran, und fragt nichts nach dem,
was einst war, und sei eS auch noch so stolz und mächtig
gewesen.
Mit den Klöstern war noch manche andere ehrwürdige
Institution bedroht, und ist jetzt wohl schon verschwunden.
So unter Anderem die ehrwürdige Schneiderzunft in dem
romantischen Städtchen Todi. Bis zur italienischen Occupa-
tion wählte sich diese löbliche Innung alljährlich ihren „Con-
sul," denn so verlangte es ihre Constitution, welche aus dem
Jahre 1308 flammte. Es war undankbar von Victor Ema-
nuel, der Schneider nicht zu schonen. Manche von ihnen
hatten für ihn die Waffen ergriffen, und nun wollte man
und an deren Stelle Reichsbankzetiel im gleichen Betrage zinsfrei
den Privatbanken zur Verfügung zu stellen.
Herbertz (Uerdingen) beantragt, der Congreß möge erklären:
die Emission von nicht durch Metall gedeckten Noten ist für die
Zukunft zu untersagen.
Meyersfeld (Braunschweig) warnt den Congreß, sich als
unfehlbar hinzustellen. Die Segnungen der Preußischen Bank für
den Verkehr seien so bedeutend, daß eS wünfchenswerth fei, ihre Seg
nungen nicht auf die Orte ihrer Agenturen zu beschränken. Diese
Möglichkeit sei gegeben in der Unificirung sämmtlicher Privatban
ken in der Weise, daß alle, unter bestimmte gesetzliche Normativ-
Bedingungen zu stellende Zettelbanken in ihrer Gesammtheit die
Deutsche Reichsbank bilden, mit einer gemeinsamen Note und
einem gemeinsamen Centralpuukte aber mit selbstständiger Einzel-
verwaltung. Redner empfiehlt einen dahin gerichteten Antrag deS
Bankdirectors Benndorf aus Braunschweig.
Dr. R e n tz s ch (Dresden) sagt, die Benachtheiligung der besitz
losen Klassen durch die Banknotencirculation sei weniger schlimm,
als Dr. Wolff dargestellt. So lange die Goldwährung noch nicht
festen Boden gefaßt, halte er die jetzigen Zustände für zweckmäßig.
Ohne Beschränkung^ könne freilich die Emission nicht stattfinden
und empfehle er die Bestimmungen im Antrag Böhmert, Lam-
mers und Consorten. Andere Beschränkungen ließen sich leicht
umgehen. Den Antrag Eras verwerfe er, weil derselbe dem
etwaigen Centralstatut ein alle Concurrenz erdrückendes Monopol
geben würde. Redner ist momentan gegen jeden bindenden Ent
schluß.
Dr. Wolff (Stettin): Bei einer Erweiterung der preußischen
Bank zur Reichsbank müsse jedenfalls Sorge getragen werden, daß
sie ihre Geschäfte nur mit anderen Banken, nicht mit Privaten
mache, sonst ruinire fie die Bankfreiheit.
Dr. Oppenheim erkennt den von Wolff statuirten Unter
schied zwischen einer Bank und einem Privatmann nicht an. In
den von vielen Seiten empfohlenen Normativbedingungen sieht
Redner kein Heil; entweder seien die dadurch errichteten Beschrän
kungen so groß, daß die Bankfceiheit überhaupt illusorisch werde,
oder die Schranken könnten, wenn sie niedrig gestellt werden, von
Jedem übersprungen oder umgangen werden.
Dr. Böhmert bittet, lieber von jeder Beschlußfassung abzu
sehen, als ein neues Centralinstitut zu empfehlen. Den Ausführun
gen GumbrechtS gegenüber vertheidigt Redner die Banknoten, die
bis jetzt immer noch ein nothwendiges Creditumlaufsmittel feien,
dem man nicht von Seiten des Congresses jeden Credit in der
O-ffentlichkeit entziehen dürfe.
Dannenberg (Hamburg) fragt, wie cs zu entschuldigen
sei, daß Privatleute auf Grund ihres Credits eine Begünstigung
durch selbständige Geldcreirung und die sich daran knüpfenden ren
tablen Geschäfte genießen sollen und spricht vorläufig dem Staat
allein das Recht zu, Noten auszugeben, obgleich dieser leider nicht
controlirt werden und im Krieg und Frieden mit diesem Privi
legium Mißbrauch treiben könne.
Hundt v. Haff ten bewnt die Schädigung des Realcredits
durch die unfundirten Banknoten, die den fundirten Creditpapieren,
wie Pfandbriefen u. dgl. den Platz verengen. Er beantragt princi-
paliter von jeder Beschlußfassung abzusehen, event, zu erklären:
1) Die Bankfreiheil, d. h. die Aufhebung des Bankmonopols ist
ein nothwendiges Correlat der Wuchergesetze. 2) Jede unfundirte
Banknote ist eine Schädigung d:s Realcredits. 3) Die Emission
von Banknoten schließt auch für den Staat die Gültigkeit an öf
fentlichen Cassen nicht ein. 4) So weit Creditpapiere durch Mobi
lien-, Immobilien-, Grund- oder Geldwerthe gesetzlich fuudirt sind,
können dieselben auch zur gerichtlichen Deposickon zugelassen werden.
Perrot: Die irrigen Anschauungen über die Bankfrage be
ruhen auf der falschen Ansicht, daß Notenemission ein „Geschäft"
fei. Dem gegenüber möge sich der Congreß auf die Erklärung
beschränken, daß die Note kein Wechsel sei.
Dr. Wolff: Der Congreß würde dadurch zu einem Concil
werden, daS Dogmen definirt.
Körösi meint, die Frage, ob eine Banknote bei Staatskassen
angenomncen werden dürfe oder nicht, fei eine Finanz- und keine
Banksrage. Der Begriff „Geschäft" sei von Böhmert nicht definirt
worden. Normativbedingungen seien nicht durchzuführen.
Dr. Dorn (Pest) bittet den Congreß, das stets befolgte Prin
cip der wirthschaftlichen Freiheit auch in der vorliegenden Frage
nicht aus den Augen zu lassen und der Bankfceiheit nur diejenigen
Beschränkungen aufzuerlegen, die durch die Rücksicht auf das öffent
liche Wohl geboten erscheinen. Im Uebrigen werde die Concurrenz
das beste und einzig wirksame Regulativ bilden.
Die Debatte ist hiermit geschlossen. Die Versammlung tritt
dem Principalen Antrage Hundt's v. Hofften bei, von einer Be-
schußfassung über die Bankfrage für jetzt abzusehen und die wie
derholte Berathung derf.lben auf die Tagesordnung des nächsten
Congresses zu fetzen.
Es folgt hierauf die Berathung über den Antrag O. Hem-
p e l' s betr. die Rechte der Schifffahrt auf Binnengewässern. Der
selbe lautet:
Durch die Errichtung von Eisenbahnen- und Straßenbrücke!!
über schiffbare Binnengewässer muß dre Schifffahrt unvermeidliche
Hemmungen und Gefahren ertragen im allgemeinen Interesse deß
Verkehrs-;
doch darf hierbei die Schmälerung ihres bestehenden und älterer-
Anrechts auf die Wasserstraßen nicht über das Unv.rmeidliche hin
ausgehen ;
gerechter Weise müssen die Inhaber solcher Brücken auf ihre Koster,
alle Anstalten treffen, welche das Passiren der Brücken weniger bc»
sch «erlich machen können für die Schiffer.
Völlig ungerechtfertigt ist daher Seitens der Inhaber
neuerbauter Brücken die Erhebung von Brückengeld, Ufn-
geld und, bei fehlendem Auszuge, Krahngeld für L^en und
Stechen der Masten.
Der Antragsteller moiivirt seine Resolution dirch eine Schil
derung der vielfachen Schwierigkeiten und Hemmnisse, welche durch
die Vernachlässigung der Strom- und Cana'rcgulirung für den
Zweck der Binnenschifffahrt den Schiffern erwüchsen. E.; haben
unter Anderem in Berliu die Schiffer über 15,0 )0 Thlr. an
Brückengeld zu zahlen, und e8 gebe auf der Strecke Havrl und
Finow-Canal nicht weniger als 136 Stromengen, welche zu besei
tigen sich bei keiner Behörde eine Neigung zeige. Namentlich klag
Redner über die Apathie des preuß. Handelsministeriums für ein
Verkehrsmittel, dessen große Wichtigkeit fürden Transport namentlich
von schweren u nicht sehr werthvollen Materialien er nachweist. Er befür
wortet ferner, daß die Eisenbahnen in W.chselwirkung mit der Binnen
schifffahrt treten möchten, da beide Transportwege einander keine Con
currenz machm, sondern sich gegenseitig ergänzen. Der Amrag
wird mit großer Majorität ohne Discussion angenommen.
Endlich rcfenrt v. Kufserow über seinen Antrag betreffend
die Empfehlung der Errichtung von Schiedsgerichten zur
Verhütung von Arbeitseinstellungen.
ihre Zunft auf gleiche Linie mit dm geistlichen Körperschaften
stellen und ihre geringen Fonds einziehen.
Die Aufregung war nicht gering in Tadi, als sich die
Kunde verbreitete, es sei ein seltsamer Mann im Städtchen
erschienen, der sich um die alten Pergamente bekümmere und
in ihnen nach Gott weiß was für Schätzen grabe. Auf diese
Nachricht hin erschien alsbald der Schneiderconsul bei dem
Gelehrten mit einer Anzahl von Papieren und vergilbten
Schriften, ob sich aus ihnen etwas zu ihren Gunsten heraus
lesen ließe — leider aber fand Gregorovius nur wenig Tröst
liches darüber zu sagen.
Nicht weit von Rom, aber hoch im Gebirg des Sabiner
landes liegt in fast unzugänglicher Bcrgwildniß das Städt
chen Aspra, und Gregorins versichert, daß er kaum je ein
Panorama von gleicher Hcldenschönheit gesunden habe, als
das war, das sich ihm von hier aus bot. Sein Auge
schweifte von dem plastisch geformten Soracte über das ganze
Liberthal, über d e umdrischen Berge und Ebenen, über La
tium, die Campagna bis zu den fernen Ap innen, und die
ganze entzückende Landschaft war „in den wandernden und
wallenden Karmin des Augustabends getaucht, in Wahrheit
ein Paradier der Erde."
Her fand sich der Wanderer in wahrhaft antiker Welt.
Ein Wirthshaus gab cs nicht; bei dem Schuhmacher des
Ortcs, der etwas dem Aehnlichcs zu haben behauptete, war
es nicht auszuhalten; aber die Gastfreundschaft half aus,
und Gregorovius sah sich bald in einem massiven, palastähn
lichen Hause eingeführt, deffcn Herrin ihn freundlichst be
willkommnete. Der Saal des Hauses war freilich verwüstet,
vor einigen Wochen ha:te der Blitz eingeschlagen, Fenster
und Kamin zertrümmert und die Wand zerrissen, daß der
blaue Himmel durchsah. Doch was thut das? Dachte auch
kein Mensch daran, den Schaden auszubessern, so suhlte sich
der Fremde doch bald heimisch bei den einfachen guten Leu
ten, die seit lange keinen Gast gesehen hatten und mit Ver
wunderung ihm zuschauten, wie er im Archiv herumkramte.
Und wenn des Tages Last abgeschüttelt war, so lud man
ihn überallhin einsund der würdige Bürgermeister des Ortes
tauchte selbst in den Keller hinab, um einen kühlen'Trunk
edlen Sabinerwems zu holen. In diesen Bergen war von
Er macht darauf aufmerksam, daß die Arbeitseinstellungen kei
neswegs immer die Frucht socialdemokratischer Agitation feien,
sondern ebenso häufig einen berechtigten Kern haben. In den
wiederholten Strikes liege ab-r eine Gefahr für die CoalitionS-
freiheit und deshalb erscheine es geboten, von dem in der Gewerbe
ordnung vorgesehenen Rechte zur Bildung von Schiedsgerichten aus
GewerbSgrnoffen Gebrauch zu machen. Redner empfiehlt das von
Mundella in England inaugurirte System der Schiedsgerichte, so
wie die Organisation der trade-tunon».
Dr. Oppenh eimer nennt K u f s e r o w's Darstellung zu
apologetisch. Der gemeinsame Antrag stimme mit dem überein,
den jüngst erst die strikenden Maurer in Berlin gestellt. Man
möge sich dadurch nicht abschrecken lassen, deur si äuv facmni; idem,
no ; j rst idem. Beide, her eigene und der Berliner Antrag seien
gegen die Zerrüttung stabilen StaaitzlebenS durch internationale
Wucherungen gerichtet. Die Freiheit berge ihr eigenes Correctiv
n sich und kurire ihre Schäden selbst, wenn man ihr
treu bleibt. Redner wendet sich gegen Schulze-Delitzsch,
ier nicht auf gesundem Wege sei, warnt vor dem buhlerischen Socialis
mus, gegen den es keine Hülfe gebe wie gegen Gewalt oder Adfurdi-
ät. Der Lohn regulire sich selbst (?) und könne so wenig wie die
Goldwährung künstlich festgestellt werden; auch gebe es in Deutsch-
'and keinen Klassenhaß, und derselbe werde gleichfalls nur künstlich
mzeugt durch die wirthschaftlich irrcctionellen StrikeS. Man habe
aurch die vielen Schädigungen des öffentlichen Wohls selbst in
England dahin gewirkt, die Cvalitionsfreiheit zu beschränken, doch
>ürfe man den Arbeitern die Schule für daS Leben nicht verschlie
fen, könne ihnen auch daS Lehrgeld nicht ersparen, man gebe ihnen
ne Freiheit, und sie werden sie zu nützen lernen.
Frsuksurter Ansselegenhriten.
— Frankfurt, 31. Aug. In der am 12. August abgehal-
enen Sitzung des Physikalischen Vereins gab Dr. Rip-
voldr eine Erklärung der Methoden für Höhenmessungen mittelst
Barometer. Nachdem derselbe zunächst die Principien angeführ-,
hie solchen Bestimv unzen zu Grunde liegen und somit ein Bild
jon unseren atmosphärischen Verhältnissen gegeben, ging er speciell
;ur Beschreibung der Instrumente über, die man zu dem Zweck
anwendet. In früheren Zeiten bediente man sich vornehmlich der
Quecksilber-Varometer und bestimmte die Länge der Queckstlber-
'äulen, die an den beiden Orten, deren Höhendifferenz über dem
Meere gemeffen werden sollte, von dem atmosphärischen Druck ge
halten wurden. Da die Sredctemperatur des reinen Wassers gleich
falls von dem auf letzterem ruhenden Luftdruck abhängt,^ so be-
utzte man wohl auch diese Temperatur, um sich eia Urtheil üder
ne Größe des Luftdrucks an den betreffenden Stationen zu ver-
chaffen. In dcr letzten Zeit sind die sogenannten Aneroidbarometer
mehrfach statt jener Apparate angewendet u^-d nur die seitherige
unvollkommene Construction dieser ihrem Principe nach tauglichen
Zarometer verhinderte ihre allgemeine Einführung. Eine luftleere
Kapsel ist mit einem sehr elastischen Dackel verschlossen, der durch
le ne Bewegungen die Schwünkungen des auf ihm lastenden Luft-
»ucks anzeigt. Diese für das unbcwaffnete Auge kaum merklichen
Bewegungen werden durch Hebel vergrößert und schließlich entweder
uittelst einer um die Zeigeraxe geschlungenen Kette oder durch ein
betriebe auf den Zeiger übertragen Solche Uebertragungen sind
mdeß ungenau und dadurch für wissenschaftliche Zwecke unbrauch-
mr, indem die Ucberiragung mittelst Kette inconstant ist und ein
betriebe stets todten Gang enthält. Ein kürzlich vom Verein an-
eschasstes Aneroidbarometer, a s der Werkftätte des Mechaniker
))oldschmid in Zürich hervorgegangen, hat die genannten Uebelstände
richt und eignet sich daher vornehmlich zu barometrischen Höhen-
neffungen. Das Instrument, welche? vom Vortragenden vorge-
>:igt wurde, hat nämlich keinen Zeiger im gewöhnlichen Sinne,
!ondern nur die erwähnte Bewezungsvergrößerung des Deckels der
uftleeren Kapsel durch Hebel. Der durch die Größe des Luit»
-rucks bestimmte jeweilige Stand des vergrößernden Endes des
>.bels wird mittelst einer Mikcomrterschraube ermittelt. Wie bei
räen Aneroidbarometern ist auch bei diesem eine vorhergegangene
Zergleichung der Angaben desselben mit den unter den nämlichen
ihruckverhältnissen stattfindenden eines Quecksilberbarometers noth-
oendig. Das besprochene und vorgezeigte Barometer läßt Druck-
hwankungen, die emem Höhenunterschied von 1',, bis 2 Metern
^sprechen, erkennen und zwar enrspricht einem solchen die Ver-
hiebung der Scala um etwa 2 Millimeter, eine Genauigkeit, die
islang von keinem ähnlichen Instrumente erreicht wurde.
Königsberg, 27. Aug. Professor Dr. Vurow hat sich in
einem längeren, ausführlichen, motivirten Gutachten mit dem An
trage an die Polizeibehörde gewendet, sie möge bis zum Erlöschen
der Cholera alle Erdarbeiten sistiren. Er führt aus, daß
eine Menge der gefährlichsten Miasmen und Gase gerade dem ge
öffneten Erdreiche entströmen, und stützt sich dabei sowohl auf
eigene Erfahrung, als auch auf wissenschaftliche Autoritäten, na
mentlich auf Pettenkofer. Die Polizeibehörde hat den Antrag dem
Ztadt-Physicus Dr. Pincus, unter dessen bisherigen zahlreichen
Präventivanträgen ein ähnlicher sich nicht befunden hatte, unter-
neitet; derselbe ist dem Burow'schen Antrage entschieden beigetre
ten und hat in Folge dessen die Polizeibehörde dem Magistrat an
gesagt, daß er sofort alle Erdarbeiten für Wasserleitung und Gas
anstalt einzustellen habe. (Ostpr. Ztg.)
* Posen, im Allgust. In der „Posener Zeitung" lesen wir
folgende KI o st e r g e s ch i ch t e: Eine hier ansässige evangelische
Frau, deren Gatte schon vor Jahren gestorben war, hatte ihre Toch
ter gut unterrichten lassen, um auf diese Weise am besten für deren
weiteres Fortkomnien zu sorgen. Im Jahre 1866 war nun das
oamals 17jährige Mädchen plötzlich verschwunden. Die betrübte
Mutter wandte sich an das hiesige Polizeidircctorium, um den Auf
enthaltsort ihrer Tochter zu ermitteln und es stellte sich nun heraus,
oaß im December 1866 der Districtseonnnisiarius in Kriewen ein
Abzugsattest für sie in Posen beantragt und auch erhalten hatte,
indem die Behörde annahni, es geschehe dies mit Zustimmung der
Mutter. Es ergab sich weiter, daß das Mädchen katholisch gewor
den und in dem Stifte der barmherzigen Schwestern zu Kosten Auf
nahme gefunden hatte. Vergeblich sind seitdem alle Schritte der un
glücklichen Mutter gewesen, ihre Tochter wieder zu erlangen. Durch
Einflüsse und Umstände mancherlei Art bestimmt, war diese zum
katholischen Glauben übergetreten und war auch durch nichts zu be-
stimmen, wieder zur Mutter zurückzukehren. In einem Briefe vom
Juni d. I. schreibt sie: „Ich bin, vielgeliebte Mutter, wie Dir wohl
bekannt ist, aus freier, eigener Ueberzeugilng zur katholischen Mut-
terkirchc, in der ich allein innere Beruhigung finde, zurückgekehrt.
Vor 2 Jahren bin ich mit ausdrücklicher Bewilligung des Kreisge-
richts zu Posen, als meiner obervormundschaftlichcn Behörde, ganz
jeher Kraft und einfache Sitte zu Hause, und schon in den
frühesten Zeiten bildete der fabinische Stamm die Haupt
stütze dcr aufstrebenden römischen Macht. Daß das italie
nische Volk noch solche Elemente der Gisundhcit und des
Gedeihens besitzt, gibt sicher s Vertrauen aus seine Entwicke
lung in der Zukunft.
Kleine Will Heilungen.
(Seelenverwandtschaft zwischen Papa Wran-
gel und der „Germania".) Die „B. B.Z." schreibt: „Der
alte Wrangel sch.int Mitarbeiter der (ultramontanen) „Germania"
geworden zu sein. Dieses Blatt bringt eine Besprechung der Ver
hältnisse von Luxemburg, in welcher gesagt wird: „Durch und
seit der Neutralität haben Stadt und Land sehr gewonnen, in
dem sich Alles freier bewegt." Letztere Wendung läßt eher auf Carl-
chen Miesnick als Autor des Vorstehenden rathen.
(Besser ohne B a d h a u s e r.) Die „N. B. Ldsztg." bringt
folgenden, in Anbetracht der mustergiltigen Verwaltung der bayer.
Bahnen äußerst „zeitgemäßen" Scherz: Von einem Fremden wurde
unlängst die Frage aufgeworfen, was wohl die auf den bayer. Ost
bahnwagen befindliche Marke II 0. 0. zu bedeuten habe. „Besser
ohne Badhauser" war die Antwort eines Beamten der bahr. Ost
bahn. (Badhauser ist der Name des. Direktors.)
(Aus Versehen gerettet.) Eine eigenthümlich traurige
Geschichte entnehmen wir der Malta „Times". Ein junges Pärchen
machte auf dem griechischen Dampfer „Eunomia" seine Brautreise.
Das Schiff gerieth in Brand; der Bräutigam voller Verzweiflung
stürzte in die Kajüte, packt seine Frau auf, und stürzt sich mit ihr
in's Wasser; nach Ueberstehung der größten Todesangst wird das
Paar in ein Boot gerettet, aber mit Grausen sieht der Bräutigam,
daß er — einer Fremden das Leben gerettet hat. Er war in die
falsche Kajüte gegangen. Sofort kehrt er auf den Dampfer zurück,
aber nur um zu finden, daß seine Frau ein Opfer der Flammen
geworden war. Die aus Versehen Gerettete, war eine junge Dame
aus Athen.
aus freiem Antriebe der Congregation der barmherzigen Schwestern
beigetreten. Du verlangst, ich solle zu Dir zurückkehren! Ich kann
es nicht, da ich fest entschlossen bin, als barmherzige Schwester mein
ganzes Leben dem Heile meiner Seele und der leidenden Menschheit
zu weihen und glaube dabei die Worte des Heilandes zu befolgen,
welcher sagt: „Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, der
ist miiner nicht werth!"
8 Darm stadt, 31. August. Ein Gewitter, wie es in sol
cher Heftigkeit wohl noch selten hier aufgetreten, entlud sich heute
Morgen von 6—7 Uhr über unserer Stadt. Bald nach den ersten
heftigen Donnerschlägen ertönte Feuerlärm, der Blitz hatte in den
Schornstein der Gasfabrik eingeschlagen und im Theer- und
Essighaus derselben gezündet. Dichte, schwarze Rauchwolken wälzten
sich über die Stadt und gaben Kunde von dem Brande. Rasch
herbeigeeiltcr umsichtiger Hülfe gelang es, das Feuer auf seinen
Herd zu beschränken und ist außer einer größeren Quantität Theer
und dem Holzwerk des Hauses nichts verbrannt. Die Panik in der
Umgegend der Gassabrik war wieder bedeutend, erreichte jedoch nicht
die Höhe, wie bei dem voriges Jahr ausgebrochenen bedeutenden
Brande. — Auch ein Menschenleben ist zu beklagen. Der Stadtge
richtsdiener Gauß wurde, während er mit seiner Familie am Kaffee
tische saß, vom Blitz erschlagen/
* Darm stad t, 30. Aug. Daß man den Teufel nicht unge
straft an die Wand malt, beweist neuerdings ein Vorkommniß in
hiesiger Stadt. Der £ Offenbach-Correspondent unseres Blattes
berichtete bekanntlich in gestriger Nummer dieser Zeitung über eine
eclatante Zugsverspäiung auf der Lokalbahn Frankfurt-Offenbach
und bezeichnete dieselbe in mehr humoristischem als ernsthaftem
Sinne als erstes Eisenbahnunglück im Großherzogthum Hessen.
Heute haben wir nun wirklich ein solches zu verzeichnen, über wel
ches die „D. Z." unter obigem Datum wie folgt berichtet: „Ge
stern Morgen stieß auf der Hessischen Ludwigsbahn der
erste, um halb 6 Uhr abgehende Personenzug innerhalb des
Rayons des hiesigen Bahnhofs auf einen ruhig im Geleise stehen
den Güterzug. Einige Personen in jenem Zuge erlitten Contusio-
die übrigen Passagiere kamen mit dem, übrigens nicht gerin
gen, Schrecken davon. Der Zug verspätete sich in Folge dieses
Unfalls um etwa zwei Stunden."
* München, 29. August. Der (streng-katholische) Universi
tätsprofessor Dr. C a j e t a n 0. K a i s e r ist im 69. Lebensjahre
gestorben. Derselbe war seit vielen Jahren Conservator des techno
logischen Cabinets und auch Professor dcr angewandten Chemie an
der polytechnischen Schule.
* London, 29. Aug. Sir Roderik Murchison, der frühere
Präsident der geographischen Gesellschaft, veröffentlicht einen Brief
von Dr. Kirk, dcm engl. Konsul in Zanzibar, d. d. 19. Juli, in
welchen: es heißt: „Ich bedaure, Ihnen keine weiteren Nachrichten
über L i v i n g st o n e geben zu können. Was ich zuletzt über seine
Reise nach jenem wenig bekannten Orte westlich von Tanganyika
schrieb, hat sich bestätigt, und die Araber aus jener Gegend schei
nen ihn vollständig als einen beständigen Ansiedler an jenen Orten
anzusehen. Das bischen Eifersucht, welches die Araber anfänglich
gegen Livingstone zu zeigen schienen, ist geschwunden und vor weni
gen Tagen habe ich mit der ersten Karawane dieser Saison einen
Brief an ihn nach Ujiji geschickt. Verzweifeln Sie nicht. Der Doc
tor geht langsam aber sicher vorwärts; er sondirt offenbar seinen
Weg und ist entschlossen, diesmal nur wenige Zweifel hinter sich
zu lassen."
* London, 29. Aug. Im irischen Canal ist der Dampfer
„Aber" von dem Postdampfer „Prussian" in den Grund gebohrt
worden. Es gelang die sämmtlichen Passagiere und Mannschaften
des sinkenden Dampfers zu retten, doch erlitten zwei der ersteren
erhebliche Verletzungen.
(Oesterreichische Rentenverkäufe durch daS
Finanzministerium.) Wie man aus Wien schreibt, hat
her Finanzminister durch die österreichische Creditanstalt Rente für
7 6 M llionen Gulden Nominal von jenen 9,6 Millionen Gulden
Nominal begeben lassen, zu deren Verkauf er durch den Artikel V
-res Finanzgesetzes vom Reichsrathe ermächtigt wurde. Die Staats-
chulden-ControlS-Commission besitzt volle Kenntniß von dieser
Operatio.': ur'd erhebt dagegen umsoweniger Einsprache, als der
verkauf auf Grund deS Finanzgesetzes wie des ConvertirungsgesetzeS
nfolgt und sich auf zwei Millionen Gulden weniger erstreckt, als
ie gesetzliche Ermächtigung lautet.
(Anlehen der Stadt Debreczin.)' Ein Debrecziner
Communal-Anlehen ist im Anzuge. Der Magistrat jener könig-
:chen Freistadt wird der Stadtrepräsentanz den Antrag stellen
städtlschen Zwecken ein Anlchcn von 1,250,000 Gulden aufzu-
nhm-n.
(Die Bank der Vororte in Wien) wird in der näch
sten Woche ihre Thätijikeit beginnen. Sie bereitet für die Vororte
ine größere Anleihe-Overation vor.
(Schiffsnachrichten.) Das Postdampfschiff „Holsatia",
Capitän Meier, von der Linie der Hamburg-Ainerikanischen Packct-
jahrt-Actien-Gesellschaft ging am 30. August von Hamburg via
Havre nach Newyork ab. Dasselbe hatte außer der Post 191 Pas-
jagiere in dcr Kajüte und 498 Passagiere im Zwischendeck.
Börserlberichtr.
Wien, 30. Aug. Die Gcldverhnltnisie haben an Schwierig
keit sehr verloren; vom Auslande wurden höhere Course gemeldet;
m Folge dessen verkehrte die heutige Vorbörse in günstiger
Stimmung. Am lebhaftesten waren' Credit, die, mit 291.70 ein
setzend, auf 292.80 sich erhöhten; Anglo gingen von 258.60 auf
259.50, Union von 268.80 auf 269.75. Franco schwankten zwi
schen 123.20 und 123.50; Ungarische Bodencredii variirten zwischen
L38.25 und 138.75 ; Wechslerbank behaupteten 146.50, Austw-
Egyptische Bank 136.50. Von Bahnwerthen waren Staatsbnhn-
actien gesucht und bis 384 aus den: Verkehr entnoimnen; Lombar
den gingen von 180.80 auf 181.10, dagegen konnten Karl-Ludwig
bahn keine weitere Avance gewinnen, und reagirten dieselben von
256 auf 255.50. Die beiden Rentcngattungen kamen höher in
Nachfrage. Mai-Rente 60, Silber-Rente 70.10. Ungarische Loose
wurden bis 100.50, Tramway bis 212 abgeschlossen. Die Valuta
matter, 20-Frs.°St. 9.62 l /e nach 9.640». Zu Beginn der Mittags
börse herrschte im Allgem. wenig Geschäft; Credit gingen aus 293,20,
Anglo schwankten zwischen 258.90 und 259.30, Union zwischen 269.20
und 269.60, Franco zwischen 123.10 und 123.50, Austro-Egyp-
iische streiften an 137. Bahnwcrthe schwach begehrt. Elisabcthbahn
234, Kaschau-Oderberger Bahn 186.75. Renten höher. Silber-
Rente 70.25, Loose behauptet. 1864er Loose 140.25, ungarische
Prämienloose 100.75, Valuta unverändert.
* Paris, 29. August. Die Börse eröffnete auf den Antrag
des Deputirten Rivet hin in matter Haltung, doch zogen Preise
später an. Der Report erhält sich auf vornwnatlicher Höhe, er be
trägt ca. 24 Cts. Die Prännensätze sind unverändert, per Sep
tember 50 Cts. — 1 Fr. 30 Cts. für 5proc. Anleihe und 1 Fr.
für 3 pCt. Rente. Fonds sind still, Italiener fest, 60.60. Oesterr.
Staatsbahn sind 812.
ikitm* Mö ProdMrAMLrkle.
NstVSsds.
Hamburg, 80. Aug. Maizen in loco ruhig; Umsätze wurden nicht
bekannt. Termine fest; per August 150 B.. Uüji ©., August-Scpt. 150 B,
149-6 G.. Sept.-Oct. 150i/ 2 B.. I49i| 2 G-. Oct.-Nvv. u. Nov.-Dcc. 15' B..
151 G. Roggen in loco ruhig; bezahlt 1288' alter Mcctl. 113 M. Beo.;
angcbolen 111,248' Dän., Meckl. und Märk. zu 108—115 M. B o. Terniine
ruhig; -er August 104 B.. 183 G.. Auqust-Sept. 104 B., 103 G-. Sest.-Oct.
IO. 58., 103 G-. Oct.-Nov. u. Nov.-Dec. 105 B.. 1Ü4 G. Gerste in loco
ruhig; angeboten 105/llütf Chevalier Saal 108 120 B.-M. Hafer in loco
stau; Elber, Märk. u. Meckl. zu 100—114 B.-M. am Marti, Alles per
2000 « Netto.
RomairShor», 28. Aug. D e bessere Stimmung im Getreidegcschäft
dauert fort. In der verflossene!, Woche zeigte sich eine Festigkeit, wie schon
lange nicht mehr. Für gute Waizensorten wurden hohe Preise erzielt, wohl
war dagegen der Umiatz kein weseutllcher, da die Müller in die gegenwärti
gen Preise kein- Vertrauen sehen und daher nur kaufen, was sie nothwendigst
redürsen. Die Haferpreise sind fortwährend im Suikeir begrissen. Der heutige
Markt in hier war mittelmäßig besucht. Umjatz gering der fest bchauotelen
Preisen. Wir noliren: viusstichwaizen per Dopprlcentner Fr. 34»/»—3,,
Prima-Theißwaizen Fr. 33y 2 — 34, guter Waizen Fr. 31—32%, geringere
Sorten Sorten Fr. 2»- 80 (franco Romuntzhorn verzollt.)
London 30. Aug. Der Getreidemarkt eröffnete für Waizen fest, aber
ruhig. Mehl rublg. Frühjahrsgetreide schleppend. Hafer, Petersburger
17^— 8 sh. Waizen, Saxonska- 47—50 sh. Schluß für alle Artikel in
fester, aber ruhiger H-.ltung.
Petersburg, 29. Aug. Waizen loco 11.50. per August 11Y«. Roggen
loco 6.:-0, per August 6.25. Hafer loco 3,80, per August 8.10.
<ä£>$lVttU£>
Hamburg, 39. Aug. Spiritus ruhig. Kartossel-Roh- ver 80/4 80 o/g
incl. Ciseuband-Sprilstückt per Auu.-Sept. 22 Thlr., Sept.-Oct. 22 Thlr.,
Oct.-iiiov. 22 Thlr.. April-Mai 22 Thlr. L 8 Ml., Alles Bries.
Lnrii«, 30. Aug. Mbv! mail und eine Kleinigkeit niedriger. Rübdl
•jtt 10 äu. iocu 281/6 Thlr, .-er August 281/6. August-Sepr 5.8t«, Sev>.^
Oct. 281,6 Hz.. Oc1.-Nov. 27% dz. Nov.-Dec. 27 Hz. u. B., April-Ntai 27—
26U/12 Hz. Äemdl per KR* kxi. loco Thu. Petroleum loco -8Ve,
3t T August 18 B-, August- Sept. —, Sepr., Oct. 127',— 5 /» bz. u. G-, Ocl.-
Nov. 13-/« G.. stkov.-Dec. 13«/, Hz.. Dec.-Jau. 11.
80. Aug. Rüdur per rvu Kri. trco "8 B., per August L7»j«,
Hcrbst 27»/, G.
rvreSlau, 30. Aug. Rübvl loco 132/,, m Sept.-Oct. 13%,. April-
Mai 13.
«öln, 30. Aug. Rübvl per 100 W mit Faß effectiv in Partien von 103
Ctr. Thlr. I5i/« B-, per Oct. 15»,,o bz.. Ivs/ro B., 15% G-. per Mai -
Zeitung.)
Abiaufs-
Jnhaber
Aus er-
uy* zu
Hz.. 147/10 B.. 1418/go G. Leinöl per 100 * mit Faß effectiv in Partien von
100 Ctr. 122/10 B. Rübvl und Leinbl unverändert.
Hamburg, 8V. Aug. Repssamen fest; berahlt seiner Eider 254% Mk.
Bco.: angeboten Meckl.. Holst., Märk und Oberlünd. 248—254 Mk. Bco.
Rübsen fest: angeboten Meckl.. Holst und Niederclber 288—244 Mk. Bco. —
Petroleum still; loco 12«/«—?/» Mk., per Sept. 1/% Mk. bz. u. G-, b ls B..
Oct.-Dec. 13i/s Mk. bz.. B. u. G. — Rübvl loco 29?/« Mk, per Oct. ruhiger.
297/,-»!« Mk.. Mai 277/, Mk. — Leinöl fest, loco 22% Mk., per Sept.-Dec,
221,« Mk. Gd.
Hamburg, 30. Aua. Butter leblos, Preissordcrungen unverändert, Ver
käufe unbedeutend. Feine Holstein. Stellen 73—74 Thlr.. feine Mecklenb.
Stellen 69—70 Thlr. Kleine feine Lieferungen bedingen höchstens Thlr. 66
—68 Thlr. Miitelwaare kehr schwer verkäuflich und reichlich angeboten, 54—
60 Thlr. Frische Bauer-Butter etwas begehrter, 56—60 Thlr, ältere Qua
litäten stau und nominell.
Vutwerve«, 3!). Aug. RaffinirteS amerikanisches Petroleum behauptet ;
effectiv blank fr8, 50>f- 51 h,.. 51-52 B.. ver August 50% bz., 51 B..
per Sept. 50% Hz.. 51 B., 3 letzte Monate 52 bz. u. B.
Petersburg, 29. Aug. Talg loco 58%, per August 58%. Leinsaat (9
Pud) loco 14, per August 13%.
Thrnn nnd Fische.
Rotterdam, 29. Aug. (Originalbericht der FranNurtee Zeitung.)
Sardellcn. Von ^669r wurden neuerdings einige Hundert Auker zu fl. 21
begeben und dürste zu diesem Preise bei wenigstens 50 Ankern weiter anzu
kommen sein. 1871r bedangen je nach Qualität fl. 21—LH/,, wozu noch zu
kaufen ist.
EsLonislwÄNtke« nnd LÄNdeKpfsVnete»
Hamburg. 30. Bug. Kaffee fest. Verkaust 2950 S. Rio, 3300 S. San-
!os schwimmend und 4000 S. loco.
Rotterdam, 29. Aug. lOrrginalbericht der Frankfurter 5
Kaffee verkehrt fortwährend in einer sehr festen Tendenz. Zu den
preisen letzter Anction hält das Gesuch an, aber ohne Erfolg, da die
unter Avanz nicht loslasien wollen. — Zucker. Roher etwas fester,
ster Hand wurden hier 337 Körbe Samarang, gut jedoch feucht, No.
st. 35 verlaust, und in Amsterdam: '«24 Körbe Japaraa, sehr gut und schw,
aufgelagert. No. 1752 fl, 85i/«. 296 Körbe Probolingo. gut und weich, No.
9% zu fl. 301/«. 273 Körbe do. gut und weich, ausgelagert, No 13i» zu 34%,
2-iO Körbe Samarang, gut einige seucht. aufgelagert. No. 18 zu st. 35. —
Reis fester; von London kommen die Preise von Arracan 6 d. höher ab. und
in Folge dessen sind auch hier die Eigner von Java etwas fester in ihrer
Haltung. — In Kümmel fanden einige Umsätze zu fl. 19i/»—i/« erste Kosten
statt; nun hält man auf fl. 19%, wozu gestern nichts umgesetzt wurde. Die
Anfuhren bleiben klein, woraus man schließt, daß die Ernte dieses Jahr kleiner
als die vorjährige sein muß.
Havre, 28. Aug. Kaffee still, Wynard srS. 146 per 50 Kil. bz. Bahia-
Caca frs. 97%, Guayaquil frs. 100 bz.
London, 30. Aug. Zucker. Eine Ladung Mauritius fand zu 30 sh. und
eine Ladung Havana, theils No. 8%, theils No. 13%, zu 29% Nehmer.
iif#
Wagner'r tel. Correspondmz-Bmernr.)
Darmstadt, 31. Aug. Heute früh entlud sich übkr
Darmstadt ein surchtbares Gewittei, wobei der Blitz in die
Gasfabrik einschlug und mehrere Personen tödtete. Der
Dachstuhl des Gebäudes und das Theerhaus brannten ab.
Das Gewitter währte hier und in der Umgegeild fünf
Stunden.
Gumbinnen. 31. Aug. Jtt dem Dorfe Czimochen
(Kreis Lyck, 479 Einwohner) sind bis jetzt 79 Cholerafälle
vorgekommen, wovon 46 einen tödtlichen Ausgang nahmen.
Die Regierung hat die ausgcdchnlesten Vorsichtsmaßregeln
getroffen.
Pari-, 31. Aug. U-.ber den wahrscheinlich ii Verlauf
der heutigen Sitzung sind die Ansichten sehr ver chi den, doch
sind die Meisten überzeugt, daß der Antrag V:tet mit gro
ßer Majorität angenommen werden wird, da demselben nur
die äußeiste Linke und die äußerste Rechte entgegen sind.
Von gewisser Seite gibt man sich, jedoch vor ussichtlich er
folglos, viele Mühe, die Linke zu bewegen, ihr Mandat
niederzulegelr. Briefen aus Versailles zufolge beabsichtigte
die Majorität keineswegs von der ihr zuerkannten constitui-
renden Gewalt Gebrauch zu machen und die Monarchie za
proklamiren oder in anderer Weise das Uebereinkommcn von
Bordeaux zu verletzen.
Tklegraphische Handelsberichtr.
«eelttt, 30. Aug. 31. Aug.
Oberschlefiscke E.-A.
Rheiniiche E.-A. . . .
Bcxbacher E.-A. . . .
Mainz-Ludwtgshafeu
g riebr.-Wilb.-Nordb.
est.-ftanz. Staatsb..
s/tahebahn-Actien. . .
Magdcb.-Halb. Pr. .
Lombarden. ......
50/0 Preuß. Anl. . . .
4%°,o dto.
Staats-Schuldscheine
3%<Vo Prärnien-Anl..
Galizier
Loose von 1854 ....
Credit-Loose
Loofe von 1860 ....
Loose von 1864 ....
Papierrenie ......
Silberrente ......
5% Russische .....
1882r Amerikaner . .
Russische Banknoten .
Darmstädter B.-A.. .
Disconto-E.-Anth.. .
Meininger B.-A.. . .
Norddeutsche B.-A.. .
Ocst. Credrt-Aciien .
Jtal. Anleihe
4‘Vo bayer. Pr.-Anl. .
5o/o sächsische Anleihe
45/0 vadifche Pr.-Anl.
W. a. Wien 2 M.
„ „ Petersb. 3 W.
. . .3 M.
. . London 3 M.
Raab Grozer 82»/»
143%
145-
188»l«
189-
155»,«
156
101—
100»!«
212%
2111,1
88—
99!/,
lCOl/8
101»/«
1017,
991/«
991/«
85',.
851/«
1247,»
125 -
106»/«
1061,«
79-
79-
102%
102—
86-
86u,
78-
78%
49%
49i/s
58',«
68%
87%
871/s
96'/«
96%
80
8O1/8
155-
155%
1787/,
174-
143»,«
143 V«
171%
163
102-
59-
59—
112-,«
112%
HO',«
HO»,«
817/.
817/,
871!.
871,«
6.191,1
Süddeutsche $
W a. Pari»
... 2 Mi
Ruff. B.-E. 1
. 2.
Ruff. Anl. V. 1870 . .
5°/o Danzign Anl..
Bergisch-Mürkische . .
5o/o Gothaer Ant. ..
Qberfchlefische Pr. . ,
50/0 Badische .....
Meininger Loose . .
Georgia
Rocksord ..... . .
Peninsular . . ...
Kansas
South Western....
South Missouri . . .
Hamb. Commerzbank
Deutsche Bank
Bad. Bankaktien . . .
Rumänier
Halberstädter
Hamb. Siaatsanl. . .
Ungar.-Galiz
Ruff. Pr.-Anl. v. 64
66
80. Aug. 31. Aug
kur»
90»/«
87-
100-
134%
73««
43%
67—
79-
881/s
73i/ 8
SS
120-
4U/«
Bundcs-Anleihc . . .
Bayer. Kriegä-Anl. .
Schatzscheine
Köln-Mindcner Loose
Oberhessische
Oest. Nordwestbahn .
South Eastern . . .
Neue Berliner Bank.
Berl. Bankverein. . .
Neues ttanz Anlehcu
cbencrebit —. Belgische Wechsel kur;
«V-/1S, WH aiuiuiuqiüagu vu. B. US!/«. Ungarische Loose 66—
Braunschweiger Kreditbank . Belg. StaatSaiinuitäten 114»/«, Nordbabn-
Prioniälcn . Schluß ruhig m
“—*• - 3, 30. v
130»,z
129»,«
1007,
1007/,
100»<8
95»,.
79'j«
121%
751/«
102»,,
1193,8
787/, s
87-
100%
136—
741,8
44-
67 -
791/8
88»/,
73%
110%
112 —
1197/8
40»«
130»/«
129»,«
1007/,
1007/8
1008/8
961/s
797/8
w
1031/4
119»i«
Äug. 31. Aug.
30. Aug. 31. Aug.
591/s
798-
379—
2%«/o
Oesterr. Creditactien. 214% 246— Silberrente Sä~
186-1 Amerikaner . . 92i/ e 92i/ s Staatsbahn ...... 799—
IStiOt Loose 87— 871/« Lombarden 374-
Hamb. St.-Pr -Anl.. 92»/. 82»/« DiSconto 2i/ £ o/ t
4y«v/o Finnl. ..... — —
'LZten, 31. August, IO 1 /» Uyr. Credit-Aetien 294.50, 1860t
Loose 101.10, I664r Loose 140 30, Lombarden 181.50, Staats-
bahn 38(5.50, Papier-Rente 60.10, Napoleonkd'or 9.63—, all ter
256 30, Franko-Bank-Actim 123.8 ), Anglo-Bank-Actien 260.—.
Lebhaft.
Pleris, 31. Auo. (AnfangSeov-rse.) 3pCt. Rente 86.35—,
Neues AtU. 86X5, Amerikaner 106.50, Italiener 60.65, Türken
47 20, Tiaatsbahn 81 «.25, Lombarden 388.78, Spanier —.
Fest-
ParXL, 3!. August. Producicnmarkt. Rüböl eff. 118.—
per August 1:8—, vier letzte Monate 119.-—. Mehl eff. —
per Ausmst 82 50. ver EcpLrwber 83 —, ver September-
Deceml er 83.50. Spirit«» eff. —. Zucker 64.—.
«msterdam, 30 Aug. 31. Aug. ^ 30. Aug. 31. Aug.
2%°/o Integrale
30/0 Spanier . . . .
1881r Avierikaner .
1882r
1874r
Oesterr. Papierrenie
Mai-Novbr. . . .
Febr.-August
4%o.d Rente.
30/0 do
1882t Amerikaner .
t taliener
redit Mobilier . .
Credit von Pereire.
Lombarden
48%
486/«
Pari». 30 Aug
58%
267/,
967/.
53»/«
271/«
971,«
81.50
56.17%
106.50
60.55
178.-
388.75
486/ 8
487/8
31. Aug.
82 50
66 35—
106.62
61.05
178.75
391.25
Ocherr. Silberrente
Jan.-Juli....
April-Oct. . . .
1864r Loose ....
» :1 aus Wien
ussen ....
Türken
Spanier von 1869
571,«
567/,
138—
96—
94«/«
447/,
317/,
673/8
57—
138«/«
96-
94%
46-
32—
StaatSbahn.
Nordwestbahn. . . . .
Spanier ........
Franz. Kabeiactien..
Lürten.........
Ladats-Obligaüonen.
Neues Anleben . . . .
30 Aug. 31 Aug
807 50 812.50
82.06 82»/,
47.15 4725
88 50 88.77
Neue Staatsbahn —. Fest.
Lsndorr, 31. Aug. AnfangScourse. 3M. EonsolS 93'/r»,
1882! Amerikaner ! 3'/s, Türken 46 6 u, Italienische Rente 59 /»,
Lombarden 15 3 /»e Spanier 32'/«, Neue Russen Silber —,
Crie —, Illinois —.
BsrNn, 31. Aug Getreidemarkt. (Schlußbericht.) Ropge»
per August 51—, per Sept.-October 51'/«. RLböl per August
28'/«, per September-Octobrr 28'/« Sp'rituL per August-Sep-
tembec 18 06, per Srptember-October 18-02.
Hamburg, 31. Aug Getreidemarkt. (Schlußbericht.) Walzen
per 2000 Pfp. netto mindestens 127 Pfd. holl., per August-Sept.
14')— Br. 148— G., per Octbr.-Novbr. 150'/, Br. 149‘/e «.
Roggn: per 2000 Pfd. netto mindcstcns 118 Pfd. holl., per Aug.-
Sept. 101— Br 103—G., per Oct-Rovbr. 105— »r. 101— ».
RüÄöl ioco 29'/«. per Oct. 29 7 /s. Spiritus loco 22—, per Scpt.»
Oct. 22—. Kaffee —.
Gff-kt-Ass rietet.
6 31 August 6'.'« Ahr «bends. Credit 2>4
bez., Star-:! ahn 371°»—°/» bez, junge Staatsbahn 358'/»—
60—59'/« bez., Lombarden 176—'/«—6 bez., Elisabeth 228'/,—
9 - 8'/, bez., Nordwestbahn 213"/« G., Silbeirente 58" t» G.,
Oberheffen 79'/i bez., Amerikaner 95 '/;« bez. Sehr fest und
lebhaft.
^ Aüdmisstouen.
Hessische Ludwigsbahn. Hecstellung deß BahnkölperS und der Kunfi-
baulen der beiden Strecken von Monsheim nach der Grenze
gegen Bockknhrim und von Monsheim Uber Wochenheim nach
der Grenze, von Ainy nach der Landesgrenze, veranschlagt auf
zusammen 169,177 fl. Offerten bis 9. September an daS
Sekretariat des Verwaltungtzraths in Mainz.
/
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