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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 44
540 Noch einmal der Hvlbeinzwist.
aber, daß ihnen auch die positiven Erwägungerl und Rathschläge des Ver
fassers nicht umsonst vorgesprochen sein möchten. Er stellt Dänemark an
sich — wie alle Kleinstaaten — als hilflos und gebrechlich dar; auch in
einer nordischen Union sieht er rtoch keinen Dauer gewährenden Machtcomplex.
Dann geht er die Reihe der Großnlächte durch und findet allein im derrtschen
Reiche den nothwendigen und natürlichen Rückhalt für die bluts- und cultur-
verwandten nordgermanischen Kleinmächte. Freundschaft, aufrichtige Freund
schaft mit Deutschland! ist der Refrain seiner Ermahnung. Nur auf diesem
Wege sieht er die Erhaltung des specifischen Dänenthums, soweit voll einem
solchen in der Gesamnitsphäre germanischeil Wesens die Rede sein kann, ver
bürgt und gesichert. Fort deshalb mit dem Hochlnuth, der lloch immer der
gefährlichste Feilld aller Kleinen gelvesert ist! Fort mit dem unnützen Ueber-
aufwand für Heer und Flotte, der am Marke des Landes zehrt, ohne es
nach außen irgendwie furchtbarer zu machen! Fort vor allem mit der Spie
lerei des Freischützenthums, mit den killdischen Reizmitteln der antideutschen
Feste, Taselreden, der Kläsfereien der Presse! Auch die ihrer selbst frohen,
aber erfolg-, ja hoffnungslosen Demonstrationen nordschleswigscher Ab
geordneter in Land- und Reichstag finden vor des Verfassers Augen keine
Gnade. Er erwartet nicht, daß Düppel und Alsen jemals an sein Land
zurückfallen lverden, hält aber eine Einlösung der nordschleslvigscheu Verbind
lichkeiten in bescheidenerem Umfange von Seiten Preußens für nicht unmög
lich, wenn vorher die Dänen selbst Beweise vernünftiger und verträglicher
Gesinnung gegeil uns abgelegt haben würden. Wer möchte ihnl darin unter
uns nicht beipflichten- Wohlan! können wir ausrufen, sangt an endlich
billig zu denken, und ihr werdet auch uns nicht unbillig finden! Hoffen wir
inzwischen, daß die verständig klare Sprache Bagger's nicht ohne Wiederhall
in den Köpfen — wenn auch vorerst nicht in den Herzen — unserer nor
dischen Vettern bleiben möge. a/D.
Noch einmal der Lolbeinzwist.
2. Ein Wort iilier bcn Urheber der Dresdener Madonna.
Jeder, der die Ueberzeugung gewonnen, daß die Dresdener Madonna
nicht von dem jüngeren Holbein herrühren kann, muß jetzt natürlich die
Frage beantwortet wünschen, wem das namenlos gewordene Werk nun zu
zuschreiben sei. Zwar fällt diese Frage, wie bereits ein früherer Aussatz dieser
Ein Wort über den Urheber der Dresdener Madonna.
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Blätter bemerkte, nicht so sehr in's Gewicht, als es den Anschein haben
kann; denn die Ungewißheit über den Maler jenes Bildes vermag die Gründe
nicht zu alterireu, die gegen den Holbein'schen Ursprung desselben sprechen.
Wenn sein Urheber sich nicht sofort mit der nämlichen Sicherheit bestimmen
läßt, mit welcher man die Autorschaft Holbein's verneint hat, so darf dies
nicht befremden, da es in der That seine besonderen Schwierigkeitelt hat, den
Urheber einer Copie attsfindig zu tnachen.
Für eine genaue Erörterung der Frage steht uns das nöthige Mate
rial vor der Hand nicht in hinreichendent Maaß zu Gebote. Unsere Absicht
ist nur, in dem Bezirk der Kunstgeschichte die Stelle etlvas itäher zu be
zeichnen, wo man den Ursprung der Dresdener Madonna wird suchet!
müssen. Auch hierauf hat der kundige Verfasser des erwähnten Aufsatzes
schon hingedeutet.
Die historischen Angaben, die uns über das Darntstädter und Dres
dener Bild vorliegen, sind so widerspruchsvoll und verworren, daß sie einen
sicheren Anhalt für die Lösung unserer Frage nicht bieten können. So viel
allerdings scheint aus denselben hervorzugehen, daß beide Exemplare sich um
1630 in Amsterdam befanden, wahrscheinlich im Besitz des Kunsthändlers
Leblon, den man ja bekanntlich sogar, lvenn auch ohne genügenden Grund,
in dem Verdacht hat, daß er die Copie des Originals zutu Zweck einer Täu
schung habe anfertigen lassen. Eine spätere Zeit, als die um 1630, dürfte
nach jenen historischen Notizen für die Entstehung der Copie wenigstens nicht
als wahrscheinlich gelten.
So lange jedoch das Dunkel der geschichtlichen Angaben nicht durch eine
glückliche Entdeckung gelichtet ist, wird man sich bei dein Versuch, den Ur
sprung des Dresdener Bildes zu ermitteln, im Wesentlichen nur an die in
der Natur des Bildes selbst gegebenen Jndicien zu halten haben. Dieselben
Gründe, die bei der Aechtheitsfrage entscheidettd waren, müssen auch hier
maaßgebend sein. Wenn die ganze Haltung der Dresdener Madonna im
Vergleich zu der des Darntstädter Bildes, wie zu der gesamtnten, erst durch
die Dresdener Ausstellung recht anschaulich gewordenen Kunstlveise Holbein's
eine modernere zu nennen ist, so fragt es sich, wo in der Kunstgeschichte zu
erst Werke von ähnlich moderner Erscheinung hervortreten.
Unter den in Dresden ausgestellten Werken Holbein's gleicht in der tech
nischen Behandlung, aus die es hier zunächst ankommt, in der That keines der
Dresdener Madonna; wir dürfen in diesen! Punkt auf die eingehenden Erör
terungen jenes früheren Aufsatzes verweisen: sämmtliche Holbein'sche Gemälde
zeigen, die aus der letzten Periode des Meisters am schönsten, ein tiefes gesät
tigtes Colorit, gegen welches das des Dresdener Madounenbildes trocken und
kreidig erscheint, eine Gediegenheit der Farbeuverschmelzung, gegen welche der