Full text: Zeitungsausschnitte über Holbein

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Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 44 
426 Die Holbein-Ausstellung zu Dresden. 
Holbein, nicht aber mir dem Jüngeren, sondern mit dem Aelteren zu thun 
haben. Ist das aber der Fall, so müssen nrir noch weiter gehen und dem 
Aelteren auch die Madonna mit dem Maiglöckchen vonl Pastor Schmitter- 
Hug in Sanct Gallen und das männliche Bildniß vom Grafen Lanckoronski 
in Wien zuschreiben und diese Bilder aus dem Register der Werke Hans 
Holbein's des Jüngeren streichen. Interessant dabei ist der Vergleich, den 
die Dresdener Ausstellung uns auch hier erlaubt. In dem Wiener Bilde 
ist ein älterer Mann dargestellt, der eine große braune Mütze und einen 
braunen Pelz trägt; hinter ihm ist eine blaue Wand, vor ihm eine Ba 
lustrade mit rothem Damast bedeckt, im Hintergrund Architectur; oben grau 
in grau zwei Genien, gewundene Ornamente und zwei Medaillons, worauf 
man das Datum 1513 liest. Auf den Pilastern die Worte „Als ich was 
52 Jar alt | da het ich die Gestalt". Im allgemeinen ist der Fleischton 
braun mit weißblasscn Lichtern und Schatten, wie eingeriebenen Lasuren, das 
Ganze mit großer Sorgfalt vollendet. Die Technik paßt schlechterdings nicht 
zu der von Hans dem Jüngeren, besser zu der von Hans dem Aelteren. 
Werfen wir nun einen Blick aus die „Madonna mit dem Maiglöckchen", 
so fällt es gleich auf, daß die architectonische Umrahmung, die Genien, Orna 
mente und Medaillons dieselben sind wie in dem Bildniß vom Grafen 
Lanckoronski, ebenso daß die Inschrift „Carpet aliquis cicius quam inrita- 
bitur, Johannes Holbain in Augusta hinge wat“ dieselbe Stelle einnimmt 
wie die Inschrift auf dem Wiener Portrait. Weiter geht die Gleichheit 
nicht; denn die Architectur ist bräunlich, die Madonna glatt, braun gefärbt 
und ohne Spur des geriebenen Verfahrens, das wir auf dem Gegenbild 
sehen. Wie wäre es aber, wenn wir näher auf die Geschichte der Madonna 
mit dein Maiglöckchen eingingen? Bewiesen ist, daß das Bild einst in sehr 
schlechtem Zustande war. Schon in München konnte man sehen, daß es 
stark restaurirt, daß sogar der ganze Kopf des Christkindes neu ist. Es ist 
möglich, daß der Unterschied zwischen den beiden Bildern früher nicht so 
groß war, wie er jetzt ist, möglich, daß beide vom älteren Hans Holbein 
herrühren, besonders da die Inschriften in beiden Fällen alle Merkmale der 
Aechtheit an sich tragen. 
Diese Ader weiter zu verfolgen würde uns hier zu weit führen. Es 
genügt wohl für den Augenblick die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde auf 
diesen Punkt gelenkt zu haben. Es wäre leicht thunlich, gestützt auf die 
Grundlage, welche die Dresdener Ausstellung dazu gewährt, die verschiedenen 
Richtungen von Talent und Geist Hans Holbein's des Jüngeren zu illu- 
striren, seinen Geschmack als Erfinder von Ornamenten, sein Geschick als 
Zeichner, seine derbe Kraft in historischen Compositionen zu beleuchten. Es 
würde aber schwer halten, mehr darüber zu sagen, als was schon besser und 
Frankfurter Familim-Namen. 
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ausführlicher von Zahn, Woltmann und anderen gesagt worden ist, und wir 
können nur Jedem den Rath ertheilen, sich nach Dresden zu begeben, um 
selbst eine Ueberzeugung in diesen wichtigen Fragen zu gewinnen. 
I. A. Cr owe. 
Frankfurter Iamilien-Uamen. 
Wie alle Städte hat auch Frankfurt seine Bevölkerung aus der nächsten 
Umgebung erhalten, doch ist dabei der Unterschied bemerkbar, daß, da die 
lutherische Confession bis 1806 in der Stadt bevorzugt war, die Bevölkerung 
vorwaltend aus lutherischen Gebietstheilen sich ergänzte. Nach den Staaten 
und Staatentheilen der jetzigen imb jüngstvergangenen Zeit hat Frankfurt 
seine Bevölkerung vorwiegend aus dem Großherzogthum Hessen, der Land 
grafschaft Hessen-Homburg, dem Herzogthum Nassau, der Grafschaft Hanau, 
dem Fürstbisthum Fulda, der kurfürstlich hessischen Provinz Oberhessen, dem 
badischen Unterland (Pfalz), dem württembergischen Franken (Hohenlohe rc.), 
den bairischen Provinzen Unterfranken-Aschaffenburg und Rheinpfalz und den 
preußischen ehemals pfälzischen Rhein-Nahelanden (Kreuznach rc. rc.) erhalten 
Ausfallend ist dabei, wie sehr das Fürstenthum Wal deck nach Frankfurt 
hingravitirt, während die nur wenig nördlicher gelegenen Lippe'schen Länder 
nach Cassel und Hannover hinstreben. 1867 waren in Frankfurt anwesend 
213 Waldecker, dagegen aus dem doppelt so großen Lippe-Detnrold nur 6, 
aus Schaumburg-Lippe 1. Die zahlreichen französischen Namen sind theils 
die von protestantischen Franzosen und Wallonen, welche unter König Franz I. 
von Frankreich, unter Herzog Alba, endlich nach Aufhebung des Edicts von 
Nantes 1685 in Frankfurt einwanderten, theils solche von Waldensern, welche 
aus den in der Nähe von Frankfurt gelegenen Colonien zu Hanau, Neu- 
Isenburg, Friedrichsdorf, Dornholzhausen rc. nach Frankfurt übersiedelten, 
theils endlich die von Franzosen, welche als Sprach-, Fecht-, Tanzlehrer rc. 
sich in der Stadt seßhaft machten. Die italienischen Namen stammen 
meist von Geldwechslern und von Händlern mit den Producten ihres Vater 
landes, die tschechischen von den österreichisch-böhmischen Regimentern, welche 
in Folge des April-Attentats von 1833 bis 1842 die Stadt besetzt hielten. 
Die übrigen Nationalitäten sind nur durch eine höchst geringe Zahl von 
Namen vertreten. Eine besondere Besprechung verdienen noch die Familien- 
Namen der zahlreichen jüdischen Bevölkerung (1867: 8500 Seelen). 
Erst das fürstlich primatische Edict vom 30. Septbr. 1809 setzte fest,
	        
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