© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340
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Resultaten, welche die Ausgrabungen bei Grimlinghausen in
ihrer Ausbeute bis dahin schon nachgewiesen, läßt sich von
dem planmäßigen und nachhaltigen Durchführen dieser Er
mittelungen sicherlich ein reicher Fund erwarten. Das Nä
here darüber wird der Verein für Alterthumskunde im Rhein
lande bekannt machen, bei welchem auch Dr. Jäger als aus
wärtiger Sekretär betheiligt ist.
Caimstadt. Die in der jüngsten Zeit vorgenommene
Straßenkorreklion in Münster hat das schon im letzten Som
mer zum Theil aufgedeckte römische Gebäude nun von drei
Seiten in seinen Substruktionen an den Tag gefördert.
Demnach bestand dieses aus drei Gemächern, jedes ungefähr
16 Fuß breit und 52 Fuß lang, von denen der Estrichboden
des einen um 4 Fuß höher lag, als der des andern. Bei
zweien derselben stieß man auf der Südseite auf eine im Halb
zirkel angelegte, sehr sorgfältig gemauerte Vorkammer, die
wahrscheinlich zum Behufe der Heizung der Hypokausten
diente, da in dem einen noch 2 Zoll hoch feine Asche mit
Kohlen und eisernen Geräthschasten gefunden wurde. Der
obere heizbare Boden dieser Gemächer sammt den Pfeilern
muß früher abgetragen worden seyn, da viele Reste von
Wandkacheln und Tragplatten im Schulte lagen, auch an
einem zweiten Gebäude in einer Ecke desselben Säulen, Estrich-
boden und Wandkacheln noch vollständig erhalten waren.
Außerdem wurden sorgfältig gearbeitete Säulenfüße von ver
schiedener Form und Dimension aus Sandstein, ganz gut er
haltene stäche und hohle Ziegel, Backsteinplatten jeder Große,
eiserne und bronzene Gerathe verschiedener Art gefunden;
übrigens weder Münzen noch Gefäße, und nur wenige Reste
von terra sigillata. Auffallend ist die Aehttlichkeit der oben
genannten, noch nicht hinreichend erklärten Halbrunde mit denen
- dem nahen Zazenhausen, wo ein größeres heizbares Gemach
"cren drei neben einander auf der Südseite zeigte. Dem äu
ßeren Bestich des Gebäudes zu Folge und der Schuttmasse,
die cs bis zu dieser Linie umgicbt, scheint auch hier, wie
überhaupt in unserer Gegend, der Boden seit jener Zeit um
4 bis 5 Fuß höher geworden zu seyn. Die Zeit, welcher
diese Niederlassung, so wie die in Hofen, Mühlhausen, Za
zenhausen, Altenburg u. s. w. angehörte, ist noch durch kein
Monument näher bezeichnet. Die in hiesiger Gegend gefun
denen Münzen gehen vom Triumvirat bis zum Jahre 250 ;
die meisten gehören der Zeit des Antoninus und Alexander
Severus an. Ein Krug mit der Inschrift L08. H. N. T.
J. (Nero. Traj. Imp.) entspricht dem Jahre Ivo. UebrigenS
zeigen alle unsere Baureste aus der Römerzeit die Spuren
der öfteren Zerstörung und Restauration, und so fand man
auch in Münster auf früheren Estrichböden neu angelegte
zweite Lagen, doppelten Bestich der Wandungen, eingemauerte
Säulenfragmente :c. Immerhin bleibt diese Niederlassung
als ein neues Glied in der großen römischen Befestigungskette
längs des Neckars von Bedeutung.
Nom. Bei dein Graben der Fundamente des neuen Kais,
oberhalb des Porto della Ripetta, kamen unlängst vier mar
morne Architekturfragmente von nicht schlechter Arbeit, auch
Ueberrcste von zertrümmerten Statuen, zum Vorschein. Jetzt
finden die Arbeiter in derselben Gegend des Tiberufers an
tike Münzen, auch Medaillen in Bronze, selten in Silber,
in so großer Zahl, daß sie zu Tage ganze Körbe damit an
füllen. Die meisten aus dem 5. Jahrhundert nach Aurelian,
nur selten von numismatischem Werth.
Nach einer Mittheilung des Archäologen F. Sozzi fand
man in Celtona, unweit von Chiufi, dem alten Clusium,
bei einer zufälligen Nachgrabung auf einem Gute der Familie
Gilgi, die Reste eines großartigen Gebäudes von ttngefähr
ioo Ellen Länge und so Ellen Breite. Die Wände sind mit
steinerner Mosaik im griechischer Style verziert. Zwei Zim
mer sind mit einer Menge kleiner Säulchen aus Terracotta
überladen, zwischen welchen wahrscheinlich eine Communikar
tiou der Zimmer bestand. Bei Aufbrechung des Fußbodens
fanden sich noch viele ähnliche Colonnen, alle mit Mörtel
überzogen, von welchem auch der untere Raum angefüllt ist.
Es scheint, daß der ganze geräumige Bezirk mit einer langen
Mauer umgeben gewesen, in welcher, ungefähr in einer Ent
fernung von 8 Ellen von einander, Nischen angebracht waren.
Jede Nische muß eine Marmorstatue enthalten haben. Zwei
solcher Statuen sind in angezeigter Entfernung aufgeftinden
worden, beide auf Thronen ruhend, von denen der eine
Armlehnen hat, die sich in Tigerköpfen endigen. Eine jede
Statue ist mit einer Chla'inys der Art drapirt, daß die Brust
und manche andere Körpertheile entblößt blieben. Bei der
einen Bildsäule ruht der rechte Vorderarm auf der Hüfte,
und die rechte, leider am Gelenk abgebrochene Hand muß dein
linken Ellenbogen zur Unterlage gedient haben. Das Gesicht
scheint Schmerz mit ernster Betrachtung vereint auszudrücken.
Haupt und Kinn find reich behaart. Die auf einem Schemel
ruhenden Fußsohlen sind mit Sandalen bekleidet, die auf jeder
Seite drei nach vorn gebogene Ränder haben, die fast den
ganzen Fuß umschließen und mit einem in eine Schleife aus
gehenden Riemen nach moderner Art befestigt find. Die zweite
Statue, an der alle Extremitäten fehlen, scheint von dem
selben trefflichen Meister wie die erste gearbeitet zu seyn.
Der Ritter von Hamilton erklärte nach der Besichtigung,
daß er cs wohl nicht für griechisch halte, übrigens aber nicht
zu entscheiden vermöge, ob das Ganze etruskischen ober rö
mischen Ursprungs sey. Daß man römische Münzen an dem
selben Orte aufgefunden, spricht noch nicht dafür, daß er von
den Römern zu Bädern oder öffentlichen Spielen gebraucht
wurde, wie der gelehrte Sozzi meint. Vielleicht wird es
sich bei näherer Untersuchung ergeben, daß dieser Bau das
Grabmal des Porsenna sey, von dem M. Varro im Plittius
erzählt, und von welchem sich biS jetzt nirgend Spuren auf-
gefunden.
Neapel. Das große Mosaikgemälde, die Alexanberschlacht
(s. Nr. 15), welches im November v. I. unter der Leitung
des Cavaliere Niccolini in einem Stück in das hiesige
Museo Borbonico gebracht worden, soll im Saale des Äntir
nous (der kolossalen Büste des Jupiter, II Gigantc genannt),
unter der Leitung des Cavaliere Avellino aufgestellt werden.
Dieser Saal wird nämlich mit den beiden angränzenden Zim
mern in eine Rotonda verwandelt und durch drei große Fen
ster von der Seite dell’ Insrcscnta erleuchtet. Eö sind bereits
alle Statuen aus diesen drei Räumen herausgenommen und
der Bau eifrig begonnen. Das Mosaik soll in der Art, wie es
in Pompeji gefunden worden, auf dem Fußboden placirt und
von einer erhöhten Balustrade für die Zuschauer umgeben
werden. Eine hiesige Tcrracotteu- und Vasenfabrik hat cs
versucht, dieses Mosaik für Deutschland und England auf
Majolica-Art auf mehreren Platten zum Zusammensetzen im
Großen nachzuahmen, konnte aber leider nicht die Erlaubniß
von der Regierung erlangen, es nach dem Originale copiren
zu dürfen, sondern sah sich genöthigt, cs nach dem kleinen
Kupferstiche zu vergrößern, wodurch denn diese Copien sehr
mangelhaft ausfallen mußten, was tun so mehr zu bedauern
ist, da dieß sonst eine herrliche Zierde für Fußböden seyn
würde. In Pompeji ist in den letzten zwei Monaten nichts
von Bedeutung entdeckt worden.
Unter Mitwirkung von Dr. Ernst Förster in München und Dr. Franz Kugler in Berlin, und unter Verantwortlichkeit
der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.