© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 43
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Wienstag, -en 12, März 1844.
Inr italienischen Kunstgeschichte.
S. Naphaels Erbschaft.
Die letzten Willensvcrfügungen Olaphael Sanzio's
werden von Vasari C Kdif * Passigli p. 513) folgender
maßen angegeben: „Er machte sein Testament und sandte
zuerst, als Christ, seine Geliebte aus dem Hause, indem
er ihr so viel ließ, daß sie davon anständig leben konnte.
Hierauf vertheilte er seine Sachen unter seine Schüler,
Giulio Romano, den er immer sehr liebte, Giovan
Francesco aus Florenz, den man den Fattore nannte,
und einen Priester aus Urbino, seinen Verwandten, dessen
Namen ich nicht weiß. Er verordnete sodann, daß von
seinem Gelde in Sta Maria Rotonda eines der alten
Tabernakel mittelst neuer Steine wieder hergestellt und
ein Altar mit einer Statue der Jungfrau von Marmor
errichtet werden sollte, ihm zum Grabe und als Ruhe
stätte zu dienen. Alle seine Habe ließ er dem Giulio
und dem Giovan Francesco, indem er M. Valdassarre
da Pescia, damaligen Dakar des Papstes, zu seinem
Testamentsvollzieher machte." Aus andern Nachrichten
ergiebt sich noch, daß er dem Oheim seiner Braut, dem
berühmten Kardinal Vernardo Dovizj da Bibbiena, seine
Wohnung hinterließ, die einst Bramante'n gehörte und
von Raphael um 3000 Dukaten erkauft, dann nach eige
nem Plane von ihm umgebaut worden war. Pa'ssa-
vant (Raphael v. Urbino I, 321, 326, 413) setzt in die
Richtigkeit dieser Nachricht Zweifel, ohne indeß zu er
läutern,. worauf sie beruhen. Als der Brief des Marc
Antonio Michiel di Ser Vektor, in dem sie enthalten,
geschrieben war, konnte man in Rom die Sache sehr
wohl wissen. Daß der Kardinal im vatikanischen Palast
starb und man, nach dem Diarium des Paris de' Grassi,
im Borgo vecchio in der Eile ein Gemach Herrichten
mußte, seine Leiche auszustellen, „cum in palatio papae
nfortuus sit nec liabeat propriam doimim ad quam pos-
eit descrri,“ scheint allerdings gegen die Richtigkeit der
Angabe zu sprechen. Aber der Kardinal war längere
Zeit schon krank und, nach seinen eigenen Worten in
einem Briefe an die Herzogin von Angoulsme vom
19. Mai 1520 (Documenli di storia Itaiiani, Flor. 1836,
Bd. I, Nr. 38), seit lange genöthigt, das Bette zu hütcn<
und da überdies' zur Zeit seines Todes (9. Novbr. 1520)
die Erbschaftsangelegenheiten Raphaels noch nicht geord
net waren, so konnte er wahrscheinlich sich des Hauses
nicht bedienen. Daß aber das Haus nachmals unter
dem Namen Vibbiena's bekannt gewesen, dürfte man
aus dem Irrthum späterer Schriftsteller schließen, welche
sagen, Raphael habe beim Kardinal gewohnt und sey in
dessen Hause gestorben. Durch Fea's Forschungen weiß
man übrigens, daß dies Hans, von welchem Ferrerio
in den Palazzi di Koma und Passava nt in den Ku-
pfertafeln zu seinem oben angeführten schätzbaren Werke
Abbildungen geben, nach denen die Fa^ade jedenfalls
etwas überladen und keineswegs in reinem Styl erscheint,
zur Zeit wo cs niedergerissen ward, dem Priorat von
Malta gehörte und mit 1163 Sc. 34 Vaj. bezahlt wurde.
— Eine andere testamentarische Verfügung'war die Errich
tung einer Kapellanei zur Lesung von Todtenmeffen an
dem bezeichneten Altar in seiner Grabk^pelle. Vasari
redet nicht davon, wohl aber findet man eine Andeu
tung bei dem Anonymus des Comolli. Die Einkünfte
waren auf ein Haus in der Via de' Coronari angewiesen
(vgl. Passavan t a. a. O. 559,560, und Pungileoni,
Elogio di b. 8., wobei indeß zu bemerken, daß weder
von dem, bei Letzterem nach einer Angabe des P. Ver-
naccia angeführten Kaufkontrakt über das erwähnte
Haus, vom I. 1521, noch von dem bei dieser Gelegen
heit genannten Notar Marco Garibaldi bis jetzt irgend
eine urkundliche Spur aufzufinden gewesen ist), und jener
Priester aus Urbino, dessen Name Vasari'n entfallen,
Girolamo Vagnini, war nach derselben Notiz des Ver-
naccia der erste Kapellan. Er war es, welcher die
von Raphael in seinem letzten Willen verfügte Inschrift
zur Erinnerung an des Malers Braut, Maria Dovizj
da Bibbiena, in Uebereinstimmung mit den Testaments-