Full text: Zeitungsausschnitte über Werke von Herman Grimm: Goethe

ättSfcucfb btefe Unreblicfjfett vtitbt^i^^R 
im 93oraug unb ftellt ein äfttfjlmgen in jtc^l 
Slngficht. £>ie 23ornugfe£ung, bah bk nicht 
fortfchrittlichen liberalen, bie Diationalliberalen, 
iljrerfeitg an bem fpaft tf;eilnefjmen nnb bie 
miff entlieh falfc^e S3ef^utbigung gegen eine 
SRacbbarpartei fidj aneignen füllten, muff fd^on 
an ber ©fjrlichfeit ber Siberalen feheitern. 
cobile" unb bie Heineren Schiffe (r Seürier",j 
„SJionftiqne" unb „Sllcpone". ©herhonrg 
bietet einen gro§artigen ÄnblicJ. ©inen mei* 
teren ©lanjpnnlt beg gefteg mirb bie ©rlench* 
tnng beg £)afeng bilben. ©herbourg ift eine 
«Stabt mit 40,000 ©inroohnern, nnb ba bie 
3al)l ber ^remben cinferft grof ift, fo ift bag 
Sehen bort fefjr tfjeuer. ©infaetje ©achftubchen 
3n Seranlaffung ron Hermann ©rimm’g; 
(Buetfje = ^orleftmgen^ 
3toeite Auflage. ^Berlin. £>ertj. 1880. 
25on ^lau§ 
II. 
2lrnbt batte ©oetbe einmal gefeben unb ge* 
fprochen. Seine münblicbe Sefchreibung Pon iPer* 
fonen trar immer, begleitet buri^ lebhafte @e= 
herben unb trecbfelnben Don ber Stimme, böcbft 
anfcbaulich- ©^ ift mir alg fäb ich ©oetbe, 
Stein unb ©arl Sluguft sufammen im Sölner 
Dom, alg 2lrnbt su ihnen bereintritt unb fte 
in’g 2tuge fa|t: fo malte et fte mir, ©oetbe 
Poran: „3a er trar ein fdjöner 2Jtann! 2lber 
er batte ettrag su furse Seine. Dag muhte er 
auch febr mobl unb trug begbalh einen langen 
fRod, um eg su Perbecfen!" 
Slrnbt batte eine briefliche 2lufforberung Pon 
feinem „alten öerrn" erhalten, nach Söln herüber 
31t fommen, mo er mit bem 6er3og unb ©oetbe 
eintreffen mürbe. Natürlich batte er ftch gleich 
aufgemacht, Permutblich 3U S^h/ batte 2lbenbg 
mit ihnen getäfelt, ©arl 2luguft batte etmag 
fripole Sifchgefpräche geführt unb Slrnbt ärgerte 
ftch noch, bah ©oetbe fie gleichgültig ober lächelnb 
mit angebört. Da aber fagte Stein: „Durch* 
laucbt, menu Sie ficb nicht Por fid? felbft fchä* 
men, füllten Sie fich fcheuen Por ben jungen 
amfchulbigen Seuten! 1 ' 
— 
3m Sommer 1855 fam auch noch Settina 
auf längere 3<it %ai) Sown Hrnbt brachte mich 
3U ihr: „Sie mill Sie feben!" 3<h fträubte 
mich aufangg bagegen, aber ber 2llte lieh nicht 
nach. 5Ro<h bemabre ich einen fleinen fettet auf, 
ben ich eineg Sagg im 3nli auf meinem 3inr* 
mer fanb, ber in grober gemaltiger Schrift bie 
2Borte enthielt: „Somme um 5 Uhr .fjerrn Slang 
©rotb absubolen 3U Stau Settina. ©. 2R. 
Slrnbt. 11 
Unb fo fam et: ©in Heiner unterfeljter 9Rann, 
ein menig gebüeft, altbeutfchen fRocf an, ohne 
Sragen, breiten §embüberf<hlag aug biefem Sei* 
nen, rinbgleberne Schube mit Seberriemen 3itge* 
bunben, £>ut mit fchmalem SRanbe unb einer 
groben preujnfcben ©ocarbe: ein 3Rann aug alter 
3eit, aber aug ber eifernen, ©r fafjte meine 
lange fchmale ©eftalt unter ben 2trm unb fo 
manberten mir bie Soblenser Strahe hinauf, er 
lebhaft rebenb. ©r erjählte mir eine Sage, mir 
mar’g alg mühte man ihn brühen übern Schein 
Pernebmen, Seute blieben fteben, boröbten unb 
faben ung nach- 3« ©rmefeifg ©arten hinter 
bem ßotel trafen mir Settina allein Por einem 
Dbeetifch. „Da ift er!" Unb bann umarmte unb 
füfite er fie, inbem er fie Stau Schmefter an* 
rebete. Settina’g 2lnfeben, bie einft gefeierte, 
mar bamalg am tiefften gefunfen. Sie batte 
einmal eine fReibe 3abte früher einen fRoman 
gefebrieben u. b. D. ,,©oetbe 1 g Sriefmechfel mit 
'/ vvaiMpun Uli vvv U vv- 
//■.'F'Sreitreppe -Rorbenffjölb, bet in ^Begleitung 
feineä berühmten Steunbeg Sorrel erfcbien, unb 
geleiteten ihn in ben becorirten Seftfaal, in met* 
<hem etma 300 Serfonen anmefeitb maren, bar* 
unter ber ©rbprins oon Meiningen, ber ©bef ber 
2lbmiralität Pon Stofcb, Unterftaatgfecretair öon 
©ojjlet, ber ^iefige cbineftfche ©efanbte, ber Dlec* 
tor ber UniPerfität unb eine grobe Strahl Pon 
Deputationen gelehrter ©efellfchaften. 2ltt ber 
einem Sinbe", einen Dtoman Pott beftricfenbem , 
3auber, bet in einer faft unpergleichlicb frönen 
Spraye Sebengmutb unb Stüblinggluft, ber beut* 
fdjeg 2ßefen unb Setfebr uttb alg ÜJRittelpunft 
unfern gröfiten Dieter unb ficb felbft alg lieben* 
beg unb geliebteg jungeg 9Räbcben barftellt, fo 
bab ^ebermann Pon ber tbatfächlichen Realität 
überzeugt, ein Silb ber 3oit unb Por allem beg 
föauptbelben ©oetbe’g empfing, trie eg feine ejacte 
Sebengbefchreibung hätte geben fönnen. 2lber 
bamalg, in ben fündiger fahren, regierten bie 
ejacten Sorfcber bie Sßiffenfchaft unb bie Sßoefte. 
@g traten nicht blob bie ©ermaniften, Sachmann 
unb ßaupt an ber Spilje, treldpe Staut unb 
Unfraut, bag ftdj> nid^t mit 3ablen unb 9tamen 
belegen lieb, augrotteten fotreit eg unfere mittel* 
bochbeutfche $Poefie betraf. Die ©oet&eforfcber 
trurben halb ebenfo baarfpaltenb. ©in falfcheg 
Datum in „Dichtung unb SBabrbeit" trat ein 
grober S»nb, ber bem gaitjen 3Jteiftertrerf ein 
neueg Siebt geben fotlte. 2Ran trollte ber Settina 
Sonette ron ©oetbe nacbmeifen, bie fie alg an 
ftd? gerietet mittbeilte, bie aber nic^t für fte ge* 
febrieben feien. 3a, fte ^ättc folche in ißrofa 
aufgelbft, in ^Briefform an ©oetbe gerichtet unb 
fie ficb bann Pon ihm alg Slntmort triebet 
fdjreiben taffen. Dag unb 2lcbnlicbeg trat genug, 
ihr eigueg SReiftermerf, bem noch feine Nation 
etmag an bie Seite ju ftellen bat/ in ben Stugen 
gläubiger Sefer 31t Pernicbten. 2llg trenn ein 
nepmuugssgeiir oeuricper ©eogta 
allen ©ebieten ber SBiffenfdbaft berrorragenbf 
Sebeutung Deutfdblanbg mache ibm ben bereite* 
ten ©rnpfang unb bie Segriijjung ungemein 
irertbPolI; ber ©inbruef erhöbe fi<h für ibn 
bureb bie ©rinnerung an feine 3nflenb, ba er 
bag ©litcf batte, unter ber Seitung berrorragen* 
ber beutfdber ©elebrter hier bie erften Schritte 
auf ber Sahn ber SBiffenfcbaft su tbuu; inbem 
er für biefen ©mpfang unb bag 3ntereffe 
j Dtoman Pon Steptag ober ©berg ettrag anbereg 
leiftet, nur nicht in bemfelben DRafje: ben Sefer 
3U täufeben, alg fei atleg 2Birflid)feit getrefen, 
trag bie Seher beg Serfafferg befchreibt. £>ätte 
Settina ©oetbe’g Silb Pet3eichnet, hätte ihre 
Darfteüung feiner ©rohe Abbruch getban, fo 
träten bie Herren im Dtecbt getrefen. 3etjt haben 
fte auf 3abte bin bem nadbirachfenben ©efcblecbt 
©enufj unb ^Belehrung geraubt eineg Sunft* 
trerfeg Pon einer inneren SSabrbeit, bag su 
f<hreiben nur eine boebpoetifche Dtatur, begün* 
ftigt burch gans befonbere ©rfabrungen, im 
Stanbe trat, ©anj abgefeben pon ben £>aupt* 
perfonen: 2Ber bat bie beutfdje Saitbfchaft am 
glücflidjen DRain unb Dtbein, trer bat ben 
Frühling unb Sommer unb mit ibm bag ein* 
faebfte DRenfchenbafein, mie man im ©arten bie 
©rbfen blühen fiebt, ober am Stübmorgen bie 
Strafen einer Stabt, ober im ©dritter unb 
Sommerregen bie Ofocbugfapelle unb ben 2Beg 
hinab 311m alten beutfdfen Strom, trer bat 
aufjer ©oetbe eg 3U befchreiben Permocbt, bah 
bag £>et3 auflebt, trie ^Bettina ? 
ltnb bie DJZoral trat noch ebenfo ftrenge mie 
bie ^Philologie. Diefe ©itelfeit! ©ine Stau 
ftellt ficb bar alg bie ©eliebte gleichfam 
terg! 2llg trenn ber nicht DRanche geliebt! 
llttb audb bieg Serbältnifj trabrlich reiner unb 
icböner alg mehrere reale, ltnb gatt3 in bem 
Sinne, trie ung ©oetbe fie felbft rerflärt in
	        

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