Full text: Zeitungsausschnitte über Werke von Herman Grimm: Leben Raphael's

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 37 
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Aus Tirol. 
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Bandes. Es wurden vollendet „Christus am Kreuz" 
nach Dürer, gestochen von Th. Langer; „Jakob und Rahel" 
nach Giorgione, ebenfalls von Langer gestochen und 
„Magdalena" nach Franceschini, gestochen von Ed. Büchel. 
Die photographischen Vervielfältigungen nach den Hand- 
zeichnungen der genannten Sammlung, seit dem Jahre 
1861 in der Anzahl von 100 Stück aufgenommen, 
wollten bei den Fortschritten der photographischen Tech 
nik nicht mehr den Anforderungen an eine derartige 
Publikation entsprechen, und die Generaldirektion ging 
deßhalb sehr gern auf das Anerbieten Ad. Braun's in 
Dornach ein, auch die hiesigen Handzeichnungen mittelst 
seines Verfahrens photographisch zu vervielfältigen. Be 
reits sind 150 Handzeichnungen aufgenommen, und es 
steht die Veröffentlichung einer Auswahl derselben in der 
Ausstattung der bisherigen Braun'schen Publikationen 
in nächster Zeit zu erwarten. Die Genehmigung zur 
photographischenPublikation der Kunstwerke des Museums 
der Gypsabgüsse wurde dem Photographen Hermann 
Krone in Dresden ertheilt, welcher im Jahre 1870 eine 
größere Anzahl von Aufnahmen in Kabinetformat herge 
stellt und veröffentlicht hat. Auch bei dem historischen 
Museum wurde durch photographische Publikation der 
hervorragendsten Gegenstände die Kenntniß derselben ver 
breitet und ein belehrendes Material von Vorbildern 
kunstgewerblicher Erzeugnisse, namentlich verzierter Waf 
fen und Rüstungen geschaffen. Die photographische An 
stalt von Franz Hanfstängl erhielt die Genehmigung zur 
Herausgabe dieser Photographien, welche in der Anzahl 
von 160 Blatt vom Mai 1870 bis November 1871 
hergestellt wurden und durch eine' ganz vorzügliche Aus 
führung zu den besten Leistungen dieses Gebietes zählen. 
Außer der Ausgabe in einzelnen Blättern hat die Ver 
lagsanstalt eine Bandausgabe des Werkes mit einem, 
von den beiden Direktoren der Sammlung, Prof. Dr. 
Hetlner und Büttner, bearbeiteten erklärenden Text unter 
nommen. Die Bereicherungen der Antiken-Sammlung 
bestanden in verschiedenen Gegenständen, welche der Direk 
tor dieser Sammlung, Dr. Hettner, auf einer Reise in 
Italien erworben; außerdem aus 63 Stück javanischen 
Bronze-Waffen und Figuren, geschenkt von Herrn F. 
v. Ranzow in Djocjocarta. Bei den regen Bemühungen 
der Generaldirektion, die Schätze der Sammlungen durch 
die besten Mittel der nachbildenden Technik zum Zwecke 
der Publikation vervielfältigen zu lassen, ist auch die wich 
tige Dürer-Handschrift der königl. Bibliothek, welche zur 
4O0jährigen Säkularfeier von Dürer's Geburt in der 
Dürer-Ausstellung des Germanischen Museums zu Nürn 
berg ausgestellt war, photographisch nachgebildet worden. 
Wie über die Kunstsammlungen, so verbreitet sich der vor 
liegende Bericht auch über die wissenschaftlichen Samm 
lungen, worauf einzugehen jedoch außerhalb des Zweckes 
dieser Zeitschrift liegt. 
Im Anhange endlich findet sich ein Verzeichniß der 
ausgegebenen Karten zn freiem Eintritt und zu freien 
Führungen, ebenso Mittheilungen über die Einnahmen für 
Eintritts- und Garderobegelder und für die verkauften 
Kataloge und endlich in Ziffern der Aufwand für die Ver 
mehrung der einzelnen Sammlungen. Im Ganzen wurden 
im Jahre 1871 eingenommen: für den Eintritt 15,242 
Thlr. lO Ngr., für verkaufte Kataloge 3,584 Thlr. 20 Ngr. 
und an Garderobegeldern 1,205 Thlr. Noch ist zu be 
merken, daß die Generaldirektion auch in Zukunft über 
die wichtigeren Vorkommniste bei der Verwaltung, nament 
lich über die Vermehrung des Bestandes und die Ein 
richtungen im Interesse der öffentlichen Benutzung der 
Sammlungen, derartige, der zweijährigen Finanzperiode 
des Staatshaushaltes entsprechende Berichte, wie den 
gegenwärtigen, veröffentlichen wird. 
Lunstliteratur. 
W. Drugulin, Allart van Everdingen. Catalogue 
raisonnd de toutes les estampes qui forment son 
oeuvre gravd. Supplement au peintre-graveur de 
Bartsch. Leipzig 1873. 
Diese kritische Beschreibung der Radirungen von 
Everdingen wurde von den Verehrern der Maler- 
Radirungen seit Jahr nnv Tag erwartet, da bekannt ge 
worden, daß der als Schriftsteller wie als Kunsthändler 
bekannte Verfasser sich der überaus großen Mühe, eine 
möglichst vollständige Beschreibung der verschiedenen 
Blätter des Meisters zu liefern, unterzogen hatte. Das 
Studium des vorliegenden Werkes ergiebt das Resultat, 
daß die Aufgabe glänzend gelöst ist, so daß man ohne 
Gefahr des Widerspruches behaupten kann: seit siebzig 
Jahren, seit der unsterbliche Bartsch seine meisterhafte 
Beschreibung der Radirungen Everdingen's veröffentlicht, 
hat Niemand auch nur im Entferntesten so viel zur Kennt 
niß des Meisters beigetragen, als Herr Drugulin mit 
diesem Werke. Allerdings kamen unserem Verfasser die 
Bemerkungen von R. Weigel in dessen Supplement au 
peintre-graveur zu Statten, besonders aber die von dem ver 
storbenen Börner in Nürnberg im Monogrammen-Lexi- 
kon, sowie die des Katalogs von Jul. Marshall. Es blieb 
ihm aber noch so viel zu thun übrig, daß man die Umsicht 
und Ausdauer, womit Drugulin gearbeitet hat, nicht genug 
loben und kühn behaupten kann, daß nach einer so er 
schöpfenden Arbeit für die Nachkommen wohl Einzelnes, 
aber nichts Großes zu thun übrig bleiben wird. Alle 
Kunstfreunde, besonders aber die Verehrer von Radirun 
gen sind dem Herrn Drugulin deßhalb zu Dank verpflichtet 
für seine Bemühungen; kein Museum und kein Sammler 
wird sein Werk entbehren können. Dasselbe ist mit drei 
Heliographien und dem Bildniß des Meisters geziert. 
Zwei dieser Heliographien geben fast unbekannte land 
schaftliche Radirungen Everdingen's. 
Nach dem Gesagten haben wir nur wenige Aus 
stellungen zu machen. Unseres Erachtens hätte Herr 
Drugulin sich in der Bezeichnung der Nummern der von 
Bartsch so vortrefflich beschriebenen Blätter strenger an 
dieselben halten können, da doch alle Sammlungen nach 
Bartsch geordnet sind und auch bleiben werden. In der 
321 
Nekrologe. — Sammlungen und Ausstellungen. 
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Beschreibung der verschiedenen Zustände der Blätter ist 
eine große Ungleichheit zu bemerken, die sich allerdings 
leicht erklärt, wenn man bedenkt, daß der Vergleich mit 
einem andern Zustande des Blattes nicht immer zur Hand 
ist. Diese Bemerkung trifft z. B. die Nr. 47: „Marine 
ä travers le rocher percd 1 *, wo der von Drugulin be 
schriebene erste Zustand, welcher sich in der Sammlung 
des Herrn Dr. Sträter befindet, ein nnieurn zu sein scheint, 
den der Verfasser vielleicht nur einmal gesehen und des 
wegen nicht genau beschrieben hat, sodaß Irrthümer ent 
stehen könnten. Wir geben daher die Beschreibung der drei 
Zustände: 
I. Trait sin et interrompu; les coins d’ä gauche 
onverts. Avant les grosses branches qui dependent 
dans la voute du rocher ä droite; le monogramme 
contre la bordure ä gauche vers le milieu de la hauteur 
de la plan eh e. 
II. Avec les branches mentionnees; le paysage du 
fond qui se voit ä travers la voute tout ä fait changd: 
dans la voute ä gauche on voit maintenant un arbre 
au lieu d’un navire qui s’y trouvait au premier etat; 
et le monogramme se trouve maintenant au milieu du 
bas de l’estampe. 
III. Trait renforce, les coins fermds. 
Bemerken wollen wir endlich noch, daß sich in der 
Kunfthalle zu Bremen ein allererster Zustand des Blattes 
B. 19, Drugulin 18, befindet, wo die Wolken noch nicht 
existiren, sowie in der Sammlung des Dr. Sträter ein 
tout premier dtat avant la bordure en haut von B. 59. 
R. 
Nekrologe. 
Gustave Ricard, einer der bedeutendsten französischen 
Porträtmaler, ist am 24. Januar plötzlich in Paris gestorben. 
Er war 1824 zu Marseille geboren, wo er seine ersten Studien 
machte; dann ließ er sich in Paris nieder, wo er im Salon 
von 1850 den Kopf eines jungen Zigeunermädchens ausstellte. 
Näheres bei Jul. Meyer, Geschichte der französischen Malerei 
S. 385. 
Sammlungen und Ausstellungen. 
Pf Oesterreichischer Kunstverein. Neue Lorbeeren sammelte 
sich in der Februar-Ausstellung G. Vastag mit seinen für 
die Weltausstellung bestimmten Bildern. Zu wiederholten 
Malen wurden an dieser Stelle die gediegenen Arbeiten des 
genannten Klausenburger Künstlers hervorgehoben, und auch 
diesen neuesten Leistungen, welche an größeren Aufgaben eine 
bedeutendere Entfaltung seines Talentes zeigen, ist nur ge 
rechtes Lob zu spenden. Wieder ist es eine braune Pußta- 
Venus, die sin dem größeren Bilde) sein Pinsel in klaren, 
kraftvollen Tönen aus der Leinwand heraus modellirt. So 
rauh auch die Poesie aus diesen derben, üppigen Naturer 
scheinungen klingt, so dauernd anziehend wirken die gesunden 
lebensfrischen Formen. Manche akademisch gemalte mytholo 
gische Schönheit dürfte dieses rumänische Zigeunermädchen 
um ihre Formen beneiden. Als Fortschritt ist an des Künst 
lers neuesten Bildern und besonders an diesem letzten Werke 
anzuerkennen, daß der sinnliche Realismus, so derb er auch 
zur Erscheinung gebracht wird, dennoch von einem gewissen 
idealen Geiste getragen wird. der das Rohe, Ungeschminkte, 
gerade in seiner Naturwahrheit, wieder veredelt. Der sanft 
zu dem schwämmepflückenden Knaben geneigte, schwärmerische 
Kopf der Hauptfigur, der sich dunkel von der Luft abhebt, 
braucht, was Auffassung und technische Vollendung anbelangt, 
sich keines Vergleiches zu scheuen. Mit bekannter Bravour 
sind die Gewand- und Schmucksachen behandelt, besonders 
gelungen auch die durchsichtigen Helldunkelpartien. Der breite, 
einheitliche Vortrag der Landschaft bildet zu den plastischen 
Gestalten eine stimmungsvolle Ergänzung. Das Bild hat 
nur den einen Fehler, daß es für sein Sujet zu groß ist. 
Lebensgroße Genrebilder von noch so gediegener Malerei sind 
für das Auge immer etwas schwer verdaulich; viel traulicher 
fühlt man sich von der Scene angezogen, wenn die Figuren 
in mäßiger Größe gehalten sind, wie aus des Künstlers zweitem 
Bilde „Die Wahrsagerin". Das Bildchen ist so flott in Flächen 
hingelegt, als hätte es der Pinsel erst während des Malens 
gezeichnet. — Durch pocsievolle Auffassung und feine Stim 
mung zeichnet sich Chelmonski's Motiv aus der Ukraine 
„Am Morgen" ans. In grauer, öder Gegend auf einer 
schmutzigen Straße an einem trüben Morgen einem elenden 
Fuhrwerk mit vermummten, halbschlafeuden Gestalten begegnen, 
die sich in magischen Silhouetten vom dämmernden Himmel 
abheben: das wirkt wie eine Elegie in Prosa. Fr. Arndt's 
„Kinderscherze" ist mit viel Humor gezeichnet, nur zu derb 
gemalt und zu tief im Tone. Ein reizendes Bildchen ist 
wieder von A. Eb ert zu verzeichnen: „Jugendliche Galanterie". 
Neben der lebensfrischen Farbe bringt sein zarter Pinsel stets 
ein gutes Stück feinen Empfindens in die anmuthigen Scenen, 
dabei ist auch alles Nebenwerk. Landschaft rc. mit echt Wald- 
müller'schem Fleiße von der Natur abgeschrieben. I. Fux sucht 
in seinem „Tanbenopfer" Makart nachzuahmen. Ein Saion- 
Studienkopf von G. Raab verhält sich gegenüber Vastag's 
Zigeunerin wie eine Blume im Herbarium zur lebenden 
Blüthe. Mit viel Eleganz ist ein „weibliches Brustbild" von 
Fr. Ruß gemalt; nur vom Halse an auffallend verzeichnet. 
Ebenfalls an Zeichnungsfehlern krankt A. Heckl's „Kleopatra 
und Cäsar OctavianuS". Was nützt Farbe und Stimmung, 
wenn die Gestalten nur aus Köpfen und Gewändern be 
stehen, wenn der Akt nicht in den Draperien klar dnrchklingt! 
— Von älteren Bildern, welche zur Füllung der Säle für 
diesen Monat acquirirt wurden, leuchtet Lasch's Hochzeits 
schmaus als wahre Perle hervor. Der Herr Pastor bringt 
dem glücklichen Paare einen Toast. Alles lauscht den gemüth- 
vollen Worten, und in den Gesichtern lesen wir ihren Reflex 
in allen möglichen Variationen, so natürlich und wahr, wie 
eben das biedere Landvolk nur zu sprechen versteht. Das 
Bild ist allenthalben zu bekannt, als daß wir Weiteres darüber 
zu sagen brauchten; dasselbe gilt von den älteren Arbeiten 
von Rob. Ruß, Pettenkofen, de Vos und Fr. Gunkel. 
Des Letzteren „Schlacht am Granikus" ist in einzelnen Motiven 
imposant aufgefaßt, läßt aber in Farbe und Zeichnung Vieles 
zu wünschen übrig. — Ausnehmend spärlich ist diesmal die 
Landschaft vertreten. Zwei große Bilder von A. Ri eg er 
„Waldfriede" und „Gewittersturm" sind so pikant in der 
Farbe, daß man sich vergebens abmüht, sich in die Natur 
versetzt zu fühlen. So hübsch Einzelnes gezeichnet ist, verliert 
sich jede Harmonie, da Alles interessant sein will; derselbe 
Fehler, wenn auch etwas moderirt, begegnet uns in des 
Künstlers „Küstenlandschaft in Istrien". I. Püttner's „Ein 
fahrt in den Hafen von Venedig" verdient nur deshalb genannt 
zu werden, weil dies Stück vom Kunstverein zur Verlosung ange 
kauft wurde! — Als beachtenswerthe Arbeiten sind endlich noch 
I. Ellminzer's nettes Genrebildchen „Im Vorüberfahren" 
und H. Schaumann's „Frühstück in der Menagerie" zu 
erwähnen. 
A Münchener Kunstverein. Die erste Februar-Wochen 
ausstellung des Kunstvereins gehörte zn den umfangreichsten 
des ganzen Jahres, obwohl der Berwaltungsausschuß seine 
Kaufgeschäfte bereits abgeschlossen hatte; wir haben die Reich 
haltigkeit zunächst wohl der Wiener Weltausstellung zu ver 
danken. Wenn ich vor Allem I. Brandt's „Die Schlacht 
bei Wien am 12. September 1683" in's Auge fasse, so hat 
das seinen Hauptgrund darin, weil ein Bild von so riesigem 
Umfange wie das genannte schon durch seine Maßverhältnisse 
hiezu herausfordert. I. Brandt ist, wie man mir sagte, ein 
geborener Pole und spricht seinen Patriotismus auch' in der 
Wahl seines Gegenstandes aus. Ich habe hier nicht zu unter 
suchen, nach welchem Prozentsätze die Lorbeern jenes Tages 
an Sobiesky mit seinen Polen und an die deutschen Hilssvölker 
zu vertheilen sind, und muß deshalb auch davon Umgang 
nehmen, von diesem Standpunkte aus die Frage zu erörtern, 
ob es nicht eine Forderung der historischen Wahrheit gewesen 
wäre, auf dem figurenreichen Bilde auch den Deutschen ein 
Plätzchen zu gönnen. Weit entfernt, die schöne Begabung des 
jungen Künstlers zu verkennen, muß ich mir doch sagen, daß 
das gegenwärtig ansgestellte Bild gegenüber seinen früheren 
keinen Fortschritt bezeichnet. Ich bedauere das umsomehr, als 
er auf der Wiener Weltausstellung wahrscheinlich nur durch
	        

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