Full text: Zeitungsausschnitte über Werke von Herman Grimm: Leben Raphael's

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 37 
'Universität ober in bas bischöfliche Seminar entlassen. Hat 
er auch bies absolvirt, so empfängt ihn bas Priestersemi- 
nar, durch welches Alle hindurchgehen, die orbinirt werden. 
Der meist einjährige Cursus dieses Seminars ist eigentlich 
der wichtigste. Die Zöglinge leben während dieser Zeit 
ganz köfterlich, von allem Verkehr abgeschlossen. Die Ta 
gesordnung ist meist der der Jesuiten entlehnt. Von 
Morgens früh bis Abends spät werden die Candidaten un 
ter der strengsten Zucht zu einer stets im Detail vorge 
schriebenen Thätigkeit angehalten. Mittag- und Abendessen 
werden durch geistliche Vorlesungen gewürzt, und zwar durch 
Vorlesung von Büchern der abstrusesten und barocksten Art. 
Heiligenlegenden, Biographien von Mönchen mit den aben 
teuerlichsten Wundererzählungen, Teufelsspuk und Aehnlichem 
angefüllt, bilden die gewöhnliche Leetüre. Diesem Geist 
entspricht die ganze Erziehung. Alles ist auf Verdummung, 
geistige Knechtung und strengste Unterwerfung berechnet. 
Die erasseste Richtung der ultramontanen Presse athmet so 
recht eigentlich den Geist, der jetzt alle geistlichen Bildungs- 
ortstalten beherrscht. Daß von Staaten und weltlichen Ge- 
setzen mir mit übermäßigem Hohn gesprochen wird, brau 
chen wir nicht zu erwähnen. Was z. B. das Kölner Prie 
sterseminar betrifft, so wurde schon unter dem Cardinal v. 
Geiffel dort der durch seine Bildung, Milde und meister 
hafte Erziehungsmethode ausgezeichnete Regens der alterest 
Schule rücksichtslos entfernt, und Dr. Westhosf, ein in 
Rom gebildeter Jesuiten-Affiliirter an die Stelle gesetzt, 
dessen Andenken unter der Geistlichkeit nur in den über ihn 
circulirenden, mitunter recht rohen Anecdoten sich fortpflanzt. 
Welche Unbildung, Rohheit und Frivolität unter der 
Wirksamkeit dieses Mannes im Seminar um sich griff, läßt 
sich nicht beschreiben. Der Cardinal würde sehr bald ihn 
wieder von diesem Posten entfernt haben, wenn er nicht — 
die Jesuiten gefürchtet hätte. Um das Uebel auf die 
Spitze zu treiben, zog Westhoff den bekannten Dr. Schee- 
ben, gleichfalls in Rom bei den Jesuiten erzogen, als Leh 
rer in*s Seminar, der nun noch beständig sein Möglichstes 
thut, die Divcese mit Fanatikern und gegen alle moderne 
Cultur feindlich gesinnten Geistlichen zu versorgen. Welche 
extreme Stellung dieser Mann in dem Drängen und Trei 
ben auf die Jdentificirung des Katholicismus mit dem 
Ultramontanismus eingenommen hat, dürfte in weiteren 
Kreisen bekannt sein. Trotz seiner Jugend und geistigen 
Inferiorität gehört er in Folge seines Fanatismus und 
seines, alle Rücksichten bei Seite setzenden Eifers zu den 
gefährlichsten und schlimmsten Ultramontanen-Führern in 
Deutschland. Bis zu welchem Grade der Unbildung 
seine dogmatischen Vorträge im Seminar sich steigern, 
davon nur ein Beispiel. Zum Beweise für die Existenz 
persönlicher Teufel hat dieser Jesuitenzögling den an 
gehenden Geistlichen in allem Ernste folgendes Histörchen 
vorgetragen: Einige Damen erzählten einem Prälaten 
in Rom, bei ihrem Svaziergange vor der heiligen Stadt sei 
ihnen das AterkwüMMlMaeanet, daß ihre Regenschirme 
MNchtH^^^W>^'ur ..Erde 
der Staat seit jeher auf die Bildung der Geistlichkeit sich 1 
sichern wollte, völlig paralysirt wird. Die Anstellung von 
Scminarlehrern ist darum von der staatlichen Genehmigung 
abhängig zu machen. Um ihre wissenschaftliche Tüchtigkeit 
zu erproben, unterwirft der Staat sie einer Prüfung, ähn 
lich der, welche die Privatdozenten bei ihrer Habilitation 
zu bestehen haben. Wie alle öffentlichen Lehranstalten, auch 
die Privatschulen, unterstehen gleichfalls die bischöflichen Se 
minarien der Aufsicht der Regierungsbehörden. Zu den 
Prüfungen der angehenden Geistlichen, welche unter ihren 
Personalacten ein preußisches oder dem gleichgeachtetes 
Abiturientenzeugniß aufzuweiftu haben, sendet die Regie 
rung einen Commissar. In Jesuitenanstalten oder zu Rom 
gebildete Geistliche können im Bereiche des preußischen 
Staates kein geistliches Amt erhalten. Durch die letzte Be 
stimmung würde nur das Ministerialrescript vom 16. Juli 
1852 in etwas anderer Form erneuert, wodurch der Be 
such der römischen Bildungsanstalten für Theologen an 
eine vorhergehende Regierungs-Erlaubniß geknüpft ward. 
Trotz jener Verfügung ist Preußen mit Jesuitenschülern 
und römischen Theologen überfluthet, die von den Bischöfen 
eben in die einflußreichsten Stellungen gebracht werden. 
Mögen die Behörden endlich erkennen, wohin ihre Nach 
gicbigkeil sie gebracht hat! 
Der „Osservatore Romano", der bekanntlich in den in 
timsten Beziehungen zum Vatican steht,, läßt seinem Zorn über 
die bevorstehende Zusammenkunft derKaiser vonDeutsch- 
land und Oesterreich freien Lauf. Wenn sonst in den mit der 
Curie zusammenhängenden Organen eine gewisse Feinheit der 
Sprache und der diplomatischen Taktik die Arglist und Ge 
hässigkeit des Zweckes verbarg, so spricht jetzt aus ihnen einzig 
und allen; noch die Wuth, die sich in plumper Hetzerei und 
alberner Verdächtigung ergeht. „Welcher Mensch von 
gesundem Verstand, sagt das jesuitische Blatt, sieht nicht, 
welche Saat von Verrath und Hinterlist das ehrgeizige und 
übermüthige Preußen ausgestreut hat, und welche Ernte 
Oesterreich daraus erwachsen wird, das sich vertrauensvoll 
dem schlintmen Nachbar nähert und in die Arme wirft. 
Das deutsche Reich hat seine Absicht, die deutschen 
Provinzen Oesterreichs zu annectiren, offen aus 
gesprochen (!) und die Minister Franz Josephs wissen gar 
wohl, daß Preußen Oesterreichs Allianz mit Frankreich nur 
hintertreibt, um diesen chrgetzigen Plan auszuführen. Die 
jenigen, welche die Geschicke Oesterreichs in den Händen ha 
ben, müssen wenigstens argwöhnen, daß Preußen um die 
Eifersucht und das Mißtrauen Rußlands zu beschwichtigen, 
diesem seinen Theil an oer österreichischen Beraubung bereits 
zugesichert haben." 
und der engtycye tse;an>oi,e m ouu», , 
nach mehreren Conferenzein in der Eisenbahn-Angelegenheit 
geeinigt. Wenn die Instrumente fertig gestellt iverden könn 
ten, sollte der Vertrag, wMer die Wiederübernahme des auf 
belgischem Gebiet^^^WMMi^^erWilhelm-Luxembourg- 
^unterzeichnet 
.. atm. .Han richtigenÄunchluy ..... 
Gewalt sei üTt. v /;r Dämonen in der Erde gewesen; in der 
heiligen Stadt aber besäßen die Teufel keine Macht. Gläu 
big und fromm nehmen die Seminaristen eine solche Theo 
logie in sich auf. So herangezogen, werden die jungen 
Leute in die Welt geschickt, bildend und Einfluß übend in 
die socialen Verhälmiffe einzugreifen. Welche Anschauun 
gen über politische und ähnliche Dinge in den Seminarien 
eingepflanzt werden, liegt auf der Hand. Diese Anstalten 
sind die Brutstätten des wüstesten Ultramontanismus und 
der craffeften Verdummung; sie sind schlimmer als die 
Jesuitenklöster, weil sie, wenn auch nur mittelbar, mehr in's 
Leben eingreifest. Fragt man sich, was der Staat hier 
gegen zu thun vermögend und verpflichtet sei, so dürfte die 
Antwort nicht schwer sein. Offenbar hat er sich zu verge- 
wiffern, daß seine eigenen Beamten keine staatsfeindlichen 
Tendenzen verfolgen. Er kann also den als Staatsbeam 
ten fungirenden Professoren der Theologie — und unter 
den gegenwärtigen Umständen muß er es — dieselben Er 
klärungen abverlangen wie den Bischöfen. Verweigern sie 
dieselben, so sind sie aus ihren Staatsämtern zu entfernen. 
Die freie Verfügung der Bischöfe über die Semi 
narien ist aufzuheben, weil dadurch äller Einfluß, den 
der Orte, wo die betreffenden Werke sich befanden, verstand 
er es dann, „den allgemeinen Dunst seiner Notizen zu 
Wolken zu ballen", so daß ein luftiges Gebäude entstand, 
recht unmuthig zwar, aber ziemlich ohne jeden wirklich siche 
rest Halt. Ueberhaupt lag dem Autor an „factischem Ma 
terial" viel weniger als an einem Gesammtbild, das auf die 
Künstler, denen das Buch bestimmt war, in gutem Sinne zu 
wirken vermöchte. Daher überall so musterhafte Verhältnisse, 
so anmuthige Situationen, so tugendreiche Menschen — das 
Ganze eine Darstellung, die zwischen Historie und Novelle 
schwankt! 
Da Raphael keine Schule gebildet hatte, die Werke Michel- 
angelo's aber in viel umfassenderer Weise den nachfolgenden 
Generationen Material zu Studien boten, so ward die Be 
geisterung für Raphael bald mehr eine „ästhetisch-historische", 
gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts endlich war er viel 
zu einfach für die Effecte geworden, die man nun brauchte, 
— inan entfernte sich immer mehr von der „stillen Hoheit 
der alten Meister." 
Der Verfasser weis't nach, wie der Anstoß zum Mieder- 
verständniß Raphael's im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts 
von der klassischen Richtung ausging, die sich in Frankreich 
geltend machte, wie Raphael gegen Ende dieses Jahrhunderts 
gleichsam neu geboren wurde, wie aber doch die Arbeit dieses 
und des folgenden Jahrhunderts für uns ziemlich werthlos 
geworden, weil weder eigentlich kritischer Sinn noch auch ge 
nügendes Material vorhanden war, wodurch allein ein tiefe 
res Eindringen möglich geworden wäre. Die große geistige 
Bewegung der neueren Zeit, in welcher der Ruf nach 
„reiner Natur" immer lauter ertönte, wies erst ener 
gischer auf Raphael zurück, und die Zusammenhäufung 
von Kunstwerken in Paris eröffnete breitere Wege zu einer 
richtigen Würdigung der Kunst Raphaels. Nun wurden die 
Die wiederholt u^^Uch von uns schon erwähnte Nach? 
richt, daß sich die hiesig^ Regierung an die katholischen 
Mächte gewandt habe, »m sie mit Rücksicht auf die vielleicht 
nahe bevorstehende neu« Papstwahl über ihre Haltung zu 
befragen, wird jetzt durch verschiedene gutunterrrichtete Cor 
respondenten bestätigt. So telegraphirt man der „W.-Z." von 
hier, es sei eine vorläufige Anzeige an die katholischen Mächte 
ergangen und weitere Schritte' blieben vorbehalten. Dem 
„Hann. Cour." meldet man aus Berlin, daß zwei der inter- 
pellirten Regierungen, beide an der Spitze größerer Staaten, 
auf die empfangene Anregung eingehend und bereitwillig 
geantwortet hätten. Es handelt sich in der That darum, ob 
die europäischen Staaten durch rechtzeitige Vorsicht und That 
kraft die Herrschaft des Jesuitismus brechen, oder ob sie zu 
lassen wollen, daß die großen Machtmittel der römischen 
Kirche auch ferner in seiner Hand bleiben. Geschieht dies, 
so wird die nächste Generation von denselben schweren 
Kämpfen zwischen Kirche und Staat belastet sein, wie die 
heutige. 
Inzwischen hat man auch vom Vatikan aus bei der fran- 
zösischen Regierung sondirt. Bekanntlich hat der Papst wie 
derholt gedroht, daß er nach Annahme des Gesetzes, betref 
fend die Aufhebung der Klöster in Rom, die heilige Stadt 
verlassen werde. Dazu kommt, daß im Vatikan bekanntlich 
Geister überall lebendig, größere Sammlungen entstanden, 
und, wie er selber angeregt wurde, so wirkte Goethe wie 
derum weiter anregend. Der Verfasser bemerkt mit Recht, 
daß diese Seite Goethescher Wirksamkeit noch lange nicht ge 
nügend gewürdigt werde; er habe Winckelmann in gewissem 
Sinne erst die historische Stellung errungen, die diesem ge 
bühre. — Es wird weiter entwickelt, wie jenes „Nazarener 
thum" der Kunst unter dem Einfluß der Romantik, begünstigt 
durch den „Pietismus, der überall in der Luft lag", sich bil 
dete, welches einen sentimental-kränklichen jünglingshaften 
Raphael zu seinem Ideal machte, dessen spätere römische Ent 
wickelung ignorirt wurde, während man die vorrömischen 
Schöpfungen mit krankhafter Inbrunst verehrte, — wie schließ 
lich Goethe's Opposition siegreich blieb, und besonders m 
Berlin das klassische Alterthum festen Fuß faßte, in Berlin, 
welches neben Rom ein zweites Centrum „Raphaelischer Po 
litik" wurde. 
Der Verfasser erkennt schließlich ohne Bedenken die Ver 
dienste des Passavantschen Werkes rückstchtlich deS fleißigen 
Verzeichnisses der Werke Raphaels ebenso gern an, wie er 
entschieden den ersten Theil des Werkes verwirft, der, von 
dem Geiste der Nazarener inspirirt, in schlimmerer, weil viel 
schieferer Weise dem Fehler Vasari's anheimfällt, um „An 
schauungen zu gewinnen" das Unsicherste aufnimmt und „die 
ganze Persönlichkeit des Künstlers durch eine dichte Atmosphäre 
von Innigkeit und Gefühlsdunst verschleiert", die zerstreut 
werden muß, wenn ein Bild der wahren Verhältnisse ent 
stehen soll. Grimm unterzieht sich nun dieser Arbeit im 
ersten Bande seines Werkes, der bis zur Vollendung 
der Malereien in der Camera della Scgnatnra, bis 
zu dein Jahre 1511, reicht. Wenn er dieser Kritik die 
Biographie von Vasari, die doch fast in jeder histo 
rischen Angabe falsch und unzuverlässig ist, zu Grunde 
der Gedanke discutirt wird, ob eine Uebersiedelung nach Pau 
nicht die beste Garantie für eine jesuitisch-französische Papst 
wahl sein würde. Nach österreichischen Blättern soll Herr 
Thiers auf die Anfrage der Curie geantwortet haben, daß er 
persönlich von der in der betreffenden Anfrage ent 
haltenen Vertrauenskündgebung tief gerührt fei, daß 
seine Regierung sich jederzeit verpflichtet erachte, die volle Frei 
heit einer solchen Wahl zu schützen und daß sie, sobald sie 
diese Freiheit für bedroht halten müsse, keinen Augenblick 
zögern werde, im Einvernehmen mit den übrigen katholischen 
Mächten ihr ein Asyl auf dem Boden der Republik zu bieten. 
Diese Antwort ist keineswegs eine Ablehnung, aber sie zeigt 
doch, daß selbst Herb Thiers, der dem Mtramontanismus so 
sehr die Zügel in Frankreich schießen läßt, der Uebersiedlung 
des Papstes mit einiger Bangigkeit entgegensieht und sich eine 
Hinterthür offen halten möchte. 
Die Conferenzen über die sociale Frage, welche zwi 
schen österreichisch-ungarischen und deutschen Bevoll 
mächtigten abgehalten werden sollten, scheinen wieder zweifel 
haft zu werden. Wenigstens geht aus einem Artikel des 
„Pester Lloyd", eines dem Grafen Andrassy nahestehenden 
Blattes, hervor, daß man über die Grundlagen der Berathun 
gen noch nicht im Klaren ist. „Soll überhaupt etwas Lebens 
fähiges geschaffen werden, schreibt das Blatt, so muß es auf 
dem Wege positiver Vorschläge und Maßregeln geschehen; die 
Entwickelung bloßer Theorien hieße Wind säen, um dereinst 
Sturm zu ernten. Wir möchten heute einen Schritt 
weiter gehen und auf die positiven Vorschläge und Maß 
regeln, die wir für nothwendig erachten, leise hindeuten." 
Hierauf stellt das Blatt drei Forderungen: 4) Wahrung des 
freien Vereinsrechts; 2) Unterstützung der Gewerk 
vereine; (?) 3) Errichtung von Arbeitskammern. 
Wie man über diese Fragen auch denken mag, es ist schwer 
einzusehen, in wie fern gerade internationale Berathungen 
zur Lösung derselben wesentlich beitragen könnten. 
Berlin, 13. Juli. 
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: 
Dem General-Lieutenant v. Schwartzkoppen, Commandanten 
von Berlin, die Erlaubniß zur Anlegung des ihm verliehenen 
Großkreuzcs des Königlich württcmbergischen Friedrichs-Ordens 
und des Fürstlich schwarzburgischen Ehrenkreuzes erster Klaffe 
zu ertheilen. ___ 
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Dem 
General-Lieutenant v. Blumenthal, commandirenden Ge 
neral des IV. Armee-Corps, die Erlaubniß zur Anlegung der 
ihm verliehenen Schwerter zum Fürstlich schwarzburgtschen 
Ehrenkreuz erster Klasse zu ertheilen. 
Dem Konsul Wentzel in Tientsin sind die Provinzen Pet- 
schili, Chingking und Schantung; 
dem Konsul An necke in Shanghai die Provinzen Kiangsu, 
Nganheu, Hupe, Kiangsii und Tschekiang; 
dem Konsul Lueder in Canton die Provinzen Fukien mit 
der Insel Formosa, Kuantung und die Insel Hainan als 
Jurisdiktionsbezirke zugewiesen worden. 
Von dem Jurisdiktionsbezirke des Kaiserlichen Konsulats 
in Konstantinopel ist der südliche Theil der Dardanellen, 
von Nagara Point im Norden an, aus der anatolischen 
Seite bis zur Besika-Bay einschließlich, und die Insel Tene- 
oos abgezweigt u^^^em Vice-Konsul Grosse in den Dar- 
als Jurisdiktionsbezirk zugewiesen 
v 5 3iO>t|Ul -Oll 
ist der Käuflnan^ George Goodridge in Dartmout^zum 
Konsular-Agenten'daselbst bestellt worden. 
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: 
Dem Direktor des Literarischen Bureaus des Staats- 
Ministeriums, Dr. Küttge, den Charakter als Geheimer 
Regierungs-Rath zu verleihen; . 
Den Rittergutsbesitzer und Regierungs - Referendarius 
Freihcrrn August v. Hoevel auf Scheppen zum Landratb 
des Kreises Esten; und 
Den bisherigen Pfarrer Carl Freiherrn v. Nichthofen 
zu Hohenfriedeberg zum wirklichen Domherrn bei der Kathedral- 
kirche in Breslau zu ernennen; sowie 
Dem Fabrikanten künstlicher Blumen und Federn Charles 
Siebcrt zu New-Z)ork das Prädikat eines Königlichen Hof 
lieferanten zu oerleihen. 
gleicher Amts- 
, im Land- 
ohnsitzes in 
, . „ , .«Weisung seines 
Vierzig versetzt worden. 
Dem Kantor Wrede in Frankfurt a. O.ckst das Prädikat 
„Musikdirector" beigelegt worden. 
Der Thierarzt I. Klasse A. F. Roepke zu Calbe a. Milde 
ist zum Kreis-Thierarzt des Kreises Ruppin ernannt worden. 
legt, so geschieht dies, weil er einerseits eine neue 
Herausgabe dieser Biographie, von der „spätere Editoren in 
Manchem abgewichen waren", für nützlich hielt, hauptsächlich 
aber wohl, weil, wie er selbst (S. 281) betont, gerade dem 
eigenthümlichen Charakter der „legendenartig aus der Phan 
tasie construirten Vita di Raffaello der tiefe Eindruck ent 
springt, den diese auf Jeden macht. Sie wirkt als poetische, 
mit Begeisterung abgefaßte Conception und bringt uns die 
Gestalt des Meisters großartig und einheitlich vor Angen. 
was eine bloße Sammlung ächter Details ohne ideale G» 
sammtanschauung nicht zu bewirken vermöchte." — Das 
Gebote stehendej von dem Verfasser benutzte Material vi 
Urkunden und Zeichnungen, von denen verschiedene Passavc 
unbekannt geblieben waren, förmt die einzelnen Züge b(W 
tend um. Daß aber, trotzdem nun Manches fragmenta« 
erscheint, aus der ganzen Darstellung doch wieder cinff 
klares Gesammtbild lebendig wird, ist gewiß nicht das gerinj 
Verdienst der Arbeit. > 
Wir 'können nur auf einige wenige Partien in fuj 
Worten hinweisen. - . j 
Was Sagenhaftes über Raphaels erste Kindheit, über sei 
Lehrer, über sein Verhältniß zu Mutter und Stiefmutter^ 
Umlauf ist, verfliegt in Nichts vor einer eindringenden 
Deutliche Züge seiner künstlerischen Entwicklung lassen! 
erst seit seinem Eintritt in die Lehre Perugino's nachwe 
Die ciu§ seiner ersten Zeit erhaltenen Stüdienblätter ^ 
schon, wie er das von der Schule Ueberlieferte selbststc 
auf eigenem Wege zu erfassen strebte. 
Der Ballast von Sage, der sich in den Reisen, die 
Vasari und noch erweitert von Passavant geschildert uni 
die Jahre von 1503—1508 gefaßt iverden, zusammengeht 
hat, erklärt sich genügend aus dem Drange nach „AnschaV 
gen", von dem man beseelt war. Der Verfasser weist über 
Dem Pächter des Pforta'schen Schulguts Voigtstedt Max 
Loescner ist der Charaker als Kömglicher Ober-Amtmann 
^beigelegt worden. 
Angekommen: Se. Excellenz der Staats- und Finanz- 
Minister Camphausen aus Harzburg. 
\ Abgereist: Se. Excellenz der Präsident des Reichkanzler- 
Unts, Staats-Minister Delbrück, nach Süddeutschland. 
^rlin, 13. Juli. Nachrichten aus Ems zufolge saß Se. 
ckder Kaiser und König am Mittwoch, den 10. d. M., 
Maler Bülow aus Berlin zu einem Portrait und war 
^s mit den übrigen hohen Herrschaften auf der Prome- 
md in der Theatervorstellung anwesend. Am Don- 
empsing der Kaiser den Universitäts - Curator Dr. 
ier und den Rector Schäfer, arbeitete mit dem Chef 
ftitär-Cabinets Obersten v. Albedyll und dem Major 
ßegsministerium v. Lestow, hatte eine Unterredung mit 
Minister des Innern Grafen zu Eulenburg und machte 
irauf eine Spazierfahrt. Zun; Diner waren geladen der 
Prinz Arenberg und Sohn, der Minister des Innern Graf 
Eulenburg, der General-Intendant v. Hülsen, der Graf 
Alten, der Universitäts - Curator Dr. Baescler und der 
Rector Schäfer rc. 
Ihre Majestät die Kaiserin Königin empfing am Mitt 
woch im Schlosse zu Coblenz den Besuch der Königin der 
^Niederlande, nahm mit derselben das Dejeuner ein und 
machten später die hohen Frauen zusammen eine Ausfahrt 
in die Umgegend der Stadt. Abends hat die Königin der 
Niederlande Coblenz wieder verlassen. — Am Donnerstag 
-Zertheilte Ihre Majestät die Kaiserin Audienz und wohnte 
Nachmittags dem Militär-Concert in den Rhcinanlagen bei. 
S. Erl. der Erbgraf Friedrich zu Schönburg-Glauchau 
ist aus Rochsburg in Sachsen hier und im Hotel Royal ab 
gestiegen. 
Der englische Botschafter Lord Odo Russe! hat sich am 
Mittwoch mit seiner Gemalin von hier zur Cur nach Carls 
bad begeben. 
Der Finanzminister Camphausen hat auf seiner Reise 
auch die Forstakademie in Münden rcvidirt. 
Das Befinden des Wirkt. Geh. Legationsraths Abeken 
hat sich leider auch in der jüngsten Zeit nicht gebessert und 
giebt Anlaß zu den ernstesten Befürchtungen. 
Die Ernennung des Herrn von Madai zum Pplizei-Prä- 
sidenten von Berlin ist jetzt definitiv erfolgt. 
Der Director der baierischen Ostbahnen, Bad haus er, kam 
gestern hier an, um wegen Benutzung der Wagen der Ostbahnen 
rm letzten Kriege abzurechnen. Von hier wird derselbe nach Bel- 
gien gehen, um als Bevollmächtigter der deutschen Eisen 
bahnen mit der belgischen Regierung über die Ermäßigung 
der Tarifsätze zu verhandeln. 
Der Reichshaushalts-Etat für das Jahr 1873 ist von 
dem Kaiser genehmigt und vollzogen worden. 
An unsere neuliche Reproduction des berüchtigten päpst 
lichen Actenstücks vom 18. April 1701 knüpft die „W. Z" 
noch folgende historische Notiz: „Als Friedrich III. Kurfürst 
von Brandenburg, sich am 18. Januar 1701 den königlichen 
Purpurmantel mit der aus drei Diamanten bestehenden 
Agraffe anlegte, hatte er bereits ein Manifest an alle euro 
päischen Staaten erlassen, in welchem er die Erwartung aus 
sprach, daß die Annahme der Königswürde nirgends auf 
Widerspruch stoßen würde. Alsbald erklärten — der 
Deutsche > Kaiser hatte die Anerkennung vorausgehen 
Tn , Rußland ^Enaland . Dänemark, dst Schweiz, 
Niederlande, Sachen und die meisten übrigen deutschen 
fflirsten ihre Zustimmung und ließen dein neuen König Frie 
drich I. durch besondere Gesandte ihre Glückwünsche darbrin 
gen. Schweden folgte 1704, Frankreich und Spanien beim 
Friedensschluß 1713, die Republik Polen erst 1764, S. Heilig 
keit Papst Clemens machte einen Höllenlärm, aber ohne den 
geringsten Erfolg. Als bei der nächsten Kaiserwahl der Nun 
tius des Papstes, Cardinal Albani, nochmals gegen die Königs 
würde Friedrichs I. Protestiren wollte, erklärte ihm der preu 
ßische Gesandte Christoph von Dohna, wenn der Cardinal 
nur die geringste Miene mache, den Protest zu ver 
suchen, so würde ihm das theuer zu stehen kommen. Dabei 
inachte Herr von Dohna eine Handbcwegung, die an Deut 
lichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. König Friedrich bil 
ligte das Verfahren seines Gesandten nicht blos, sondern gab 
auch sofort seinen damals wegen des spanischen Erbfolgekrie 
ges in Italien befindlichen Truppen Befehl, in den Kirchen 
staat einzurücken, wenn der Neffe des Papstes, Cardinal Al 
bani, trotz des ihm angedrohten „handgreiflichen Verweises", 
wirklich Protestation erheben sollte. Der Nuntius schwieg wie 
sein Onkel. Daran mag Herr Veuillot seine Leser ebenfalls 
erinnern. Die Kaiserkrone auf dem Haupte eines Nachkom 
men Friedrich I. hat in Rom, gerade wie vor 150 und eini 
gen Jahren die Königskrone, den Papst unwirsch gemacht. 
zeugend nach, daß der dem Vasari entnonmtene, mit diesem 
tu das Jähr 1503, aber auch von Anderen in 1504 gesetzte 
erste Florentiner Aufenthalt Raphaels nichts als ein Mythus 
ist. Weder ist er durch äußere Gründe beglaubigt, noch aus 
inneren überhaupt möglich. Vasari kam auf die Erdichtung, 
weil er sah, daß ein plötzlicher Abbruch der Thätigkeit in 
Siena (1503) erfolgt sein müsse; er ließ also Raphael, von 
Sehnsucht erfüllt, die Cartons, an denen Michelangelo noch 
i>ruar 1506 arbeitete, zu sehen, 1503 nach Florenz 
wieder zurückkehren und wieder hingehen, und so fort, 
Werke des Meisters ihn zu leiten schienen. Raphael 
ehr oberflächliche Eindrücke in Florenz empfangen ha- 
^nn er hernach erst das Sposalizio (1504) oder gar 
lonna Ansidei, die schon jenem gegenüber wie ein 
nsmus dasteht, hätte malen können, 
ehen Raphael 1503 in Siena, 1504 in Citta di Ca- 
>05 in Perugia, von wo er Ende 1505 oder Anfang 
ch Florenz aufbricht, um dort bis in das Frühjahr 
;t Atelier zu unterhalten. Ein bcstinnnter Grund 
omicilwechsels, scckvie des damit verbundenen plötz- 
bruchs eben noch übernommener Arbeiten, ist nicht 
»ar; es scheint sein Atelier übrigens in Perugia 
' sen, während der Meister in Florenz weilt. Dort 
er zunächst Anregung von Lionardo und bildet 
»positionsart nach Fra Bartolommeo aus. 
vrentiner Einflüsse sind in der 1507, aber nicht von 
Hand allein gemalten „Grablegung" sichtbar. Die 
ngen über dieses Werk gehören zu dem Anzichend- 
Grimm's Buch bietet. Die Art und Weife von 
künstlerischem Schaffen tritt durch sie in das hellste 
lix sehen, wie dieser den ersten malerischen Gedanken 
antikes Relief des kapitolinischen Museums empfängt, 
ns den Handzeichnungen Bartolommeo's, dessen Ein- 
Wir werden mit Pio Nono wie mit seinem Vorgänger fertig 
werden. 
Der „Germ." geht von betheiligter Seite Abschrift eines 
Actenstückes zu, welches ein erfreulicher Beweis der militäri 
schen Strammheit gegenüber der geistlichen Rebellion ist. 
„Garnlson-Commando. 
X., den 1. Juli 1872. 
An den Pfarrer N. 
Hoch ehrwürden dahier. 
Unter dein 14. v. Mts. erlaubte ich mir, Ew. Hochehrwürden 
einen Befehl des Herrn Kriegsministers, Excellenz, wonach die 
mit der katholischen Militär-Seelsorge beauftragten Geistlichen 
keinerlei Anordnungen des von seinem Amt suspendirten Feld 
propstes Namszanowski ausführen oder annehuren sollten, mitzuthei 
len und dabei hinzuzufügen, das; ich — falls kein Einwand er 
hoben würde — annähme, daß Ew. Hochehrivürden denr Kriegs- 
ministerial-Erlaß stricte nachzukommen gesonnen wären. Ew. 
Hochehrwürden erwiderten mir mit der Offenheit, die einer so wich 
tigen Verfügung gebührte, daß Sie in allen geistlichen Angelegen 
heiten dem Fcldpropst Bischof Namszairowski gehorchen müßten und 
nur dieser allein hon diesem Gehorsam entbinden könne, während 
Sie bei allen die militärische Disciplin betreffenden Angelegenheiten 
der Kriegsministerial-Verfügung nachkommen würden. 
Da der Befehl Sr. Excellenz des Herrn Kriegsmiiristers jedoch 
keinen Unterschied zwischen geistlichen tnrd militärischen Anordntingen 
kennt, ein bedingter Gehorsam auch in keinem Zweige des militä 
rischen Dienstes gestattet werden darf, so' sehe ich mich zu meinem 
Bedauern kraft der mir zustehenden Ermächtigung genöthigt, Ew. 
Hochehrwürden die Ausübung der Militär-Seelsorge in hiesiger Gar 
nison vorläufig zu rmtersagen. — Gleichzeitig ersuche ich Eiv. Hoch- 
chrwürden ergebenst, das bisher geführte Kirchenbuch der Militär- 
gemeinde mir baldgefälligst zusenden zu ivollen. 
v. Y. 
Oberst-Lieutenant und Bataillons-Commandeur/' 
Der preußische „Militarismtts" geht also dem ultramon 
tanen Spuk mit derber Hand zu Leibe. Dagegen kann sich 
die „Germania" für diese etwas niederschlagende Erfahrung 
mit ausländischen Sympathien trösten, wie ja denn das 
Ausland überhaupt cs ist, wo ihre Verbündeten wohnen. Das 
Jesuitenblatt meldet, daß die „katholische Union" in England, deren 
Präsident der Herzog von Norfolk ist, eine Ermunterungs-Adrcffe 
an den Bischof Krementz gerichtet hat, welche folgendermaßerr 
schließt: „Die Mitgliederder „Kätholic Union" find überzeugt, daß 
der seit Beginn dieses Kampfes von Ew. bischöflichen Gnaden 
an den Tag gelegte Muth, daß Ihre bisherige Standhaftig 
keit Ihnen helfen werden, den Kampf bis zu Ende zu führen 
und der Kirche einen neuen Triumph zu sichern, indem da 
durch die Rechte ihrer Freiheit nach Außen einmal mehr be 
stätigt und die Herzen ihrer Kinder noch enger mit ihr ver 
bunden sind." , 
Wir tragen nach dem „Cen,tralblatt für die gesammte 
Unterrichts-Verwaltung" noch eine Verfügung nach, 
welche der Cultusminister bezüglich der Wiener Welt- 
Ausstellung und der Betheiligung der deutschen Kunst 
an derselben erlassen hat: 
Berlin, den 23. Atai 1872. 
Die iur nächsten Jahre in Wien stattfindende Weltausstellung 
bietet eine neue und wUlkomntenc Gelegenheit, die Erzeugnisse der 
deutschen Kunst aus den letzten zehn Jahren in einem Gesammtbilde 
zur Anschatlung zu bringen. .Datz dies in umfassender und würdi 
ger Weise geschehe, ist von höchster Wichtigkeit wie für das deutsche 
Kunstleben überhaupt, so für jeden einzelnen Künstler, bedarf aber 
auch der Theilnahme und Mitwirkung Aller, die als Künstler oder 
Besitzer von KÜnstwerken hierzu beizutragen im Stande sind, Es 
gilt, durch Vcreimgung bedeutsamer Werke möglich aller hervor 
ragenden Meister ztc zeigen, was die deutsche Kunst verrnag.' es 
gilt, ein Bild des künstlerischen Schaans 
zahlreichen Stat- 
n und blühcn- 
uttstfrcunde Preu- 
in recht reichem 
igenthümcr von 
sich für die Tauer 
em; 
ten iHMs Vaterlandes zu geben, st.ftM. 
den KUnstlebens erfreuen. 
richte daher an alle Künstler und 
die dringende Aufforderung, die Auss 
Maße zu beschicken. • Mögen insbesondere 
Privatsammlungen das Opfer nicht scheu) 
der Ausstellung eines liebgewordcuen Besitzes^ zu entäußern. Nur 
durch ihre Betheiligung wird es möglich werden, das Beste von 
deut, tvas in Detrtschland in den letzten Jahren geschaffen, in Wien 
zu vereinigcir. > 
Die Anmeldung ausztistelleuder Känstwerkc ist schleunigst bei einer 
der prertßischeu Kunstakademien zu bewirken, von denen auch die er 
forderlichen Aumeldungsformulare zu beziehen sind. 
Der Minister der geistlichen rc. Angelegenheiten. 
Falk. 
Erwähnt aus dern Junihefp des Centralblatts mag noch 
iverden eine Verfügung des „Brandenburgischen Provinzial- 
Schulcollegiums", welche den Direetoren der höheren Lehr 
anstalten die Veranstaltung eines Sommerschulfestes an 
einem der zahlreichen vaterländischen Gedenktage empfiehlt, 
sowie ein Erlaß des UnterrichtsminWrs, welcher anordnet, 
daß bei dem Beginn und Schluß der Ferien die alte, vor der 
Ztaumer'schen Verwaltung gültige Ordnung wiederhergestellt 
werden soll. Demnach werden die Lectionen erst am Sonn- 
abenb geschlossen und schon ant Montag wieder eröffnet. 
Nach der Verordnung vom 7. August 1846, die Besteue 
rung des im Jnlande erzeugten Rübenzuckers betreffend, 
flüffe auf die Studien zu diesen; Werke deutlich werden, wie 
die Pietü Acichelangelos mitwirkt, wie nach längen Studien 
der Maler in einer ihm eigentbümlichen Weise wieder zu dem 
ersten Gedanken zurückkehrt uno das ganze Werk nun gleich 
sam neu erzeugt. • ' 1 
1507 geht Raphael nach Rom, wie es scheint durch Ver 
mittlung seines ersten Lehrers Perugino. Der Raum ver 
bietet uns, näher auf die umfassenden Auseinandersetzungen 
Grimms über die Malereien der Camera della Segnatura 
einzugehen. Er zeigt, wie die ersten Studien Raphaels 
Ohnmacht erkennen lassen, des großen Raumes durch eine 
Compöfition Herr zu werden, wie die Kräftö mit der Arbeit 
wachsen, wie alle drei großen Compositionen in dem Einen 
übereinstimmen, daß zuletzt noch, fast nach Vollendung der 
Cartons, eine großartige wuchtige Figur von überwältigender 
Kraft eintritt, in denen die Wirkungen Michelangelos ebenso 
lebendig werden, wie in den vier Gestalten der Decke. Der 
Verfasser wehrt den Begriff der „Nachahmrm'g" ab; die 
ganze geistige Atmosphäre Rom's war cs, die auf Raphael 
eindrang und die ersten im florentinischen Geist geschaffenen 
Entwürfe verblassen ließ. 
Indem wir darauf verzichten, auf den Gang der Ent 
wicklung und auf die Deutungen der „Schule von Athen" 
einzugehen, erwähnen wir noch die bei Gelegenheit der Gestalt 
über das wahre Porträt des Künstlers. Der Verfasser er 
kennt es in dem in neuester Zeit wohl allgemein für das 
Bildniß des Bindv Altoviti gehaltenen Münchener Gemälde. 
Ausgehend von der zweifelhaften Stelle Vasari's stützt er 
seine Ansicht durch Hinweis auf die häufige Uebennälung 
hauptsächlich der nun" hoch und glatt geivordenen Stirn auf 
dem Florentiner Bildniß wie auf dem der „Schule von Atheu", 
das auf dem alten Stiche von Ghisi noch rundere, kräftigere 
sind die Rübenzuckerfabrikanten verpflichtet, in ihren Fabrik 
räumen die zur amtlichen Verwiegung der Rüben und zum 
Aufenthalt der controlirenden Beamten erforderlichen bau 
lichen Einrichtungen zu treffen. Da bei der Erbauung 
neuer Rübenzuckerfabriken den bezüglichen Anforderungen der 
Steuer-Verwaltung leicht entsprochen werden kann, während, 
wenn ein Neubau ohne Mcksicht auf die für die Hand 
habung der Controle erforderlichen Einrichtungen ausgeführt 
ivird, letztere unter Umständen nicht in genügender Weise oder nur 
mit unverhältnißmäßigen Kosten für den Fabrikbesitzer getroffen 
werden können, sofft es der Steuerverwaltung wünsch enswcrth, 
daß ihre Organe von den Projecten zum Bau von Rüben 
zucker-Fabriken rechtzeitig Kenntniß erlangen. Zu diesem 
Zweck hat nun der Handelsminister in einem Circular 
an die Provinzial-Regierungen bestimmt, daß Seitens 
der Ortspolizeibehörden über die eingehenden Gesuche um die 
Concession zum Bau von Rübenzuckerfabriken den zuständi 
gen Steuerbeamten jedesmal Mittheilung zu machen und 
denselben eine, der Erledigung der Baugesuche nicht zur Ver 
zögerung gereichende, Frist zu bezeichnen ist, in welcher sie 
im Büreau der Polizeibehörden von dem Inhalte der vorge 
legten Baupläne Einsicht und Notiz nehmen können. Die 
Einwirkung atff die Bauunternehmer zum Zweck der Erledi 
gung von Anständen, die sich iur steuerfiskalischen Interesse 
ergeben, ist demnächst nicht Sache der Baupolizei, sondern 
der Steuerbehörden. - 
Durch den Regierungsrath Duddenhausen ist im Aufträge 
Preußens ein Staatsvertrag bezüglich der Erbauung der 
Stade-Cuxhavener Bahn mit dem Senate in Hamburg ab 
geschlossen. Hiernach wird der Betrieb und Bau der Bahn 
nach preußischen Grundsätzen für die ganze Strecke erfolgen 
und behält sich Hamburg, außer dem Reservat seiner Hoheits- 
rechte auf Hamburger Gebiet,' die Mitgenehmigung der Fracht- 
und Personengeldsätze vor. Es sind'gleichzeitig Bestinunun- 
gen getroffen, daß auch später von einem oder dem anderen 
Staate eine Cuxhaven-Bremer Bahn angelegt iverden kann, 
resp. die Creirüng eines Centralbahnhofes in Cuxhaven. 
Einem aus Plymouth an die Admiralität gerichteten 
offiziellen Aetenstück entnehmen wir, daß die aus Holz 
gebaute Marine Englands sich in einem bedenklich desectcn 
Zustande befindet. In neuerer Zeit kamen der beträchtlichen 
Liste der „Halbinvalidcn" drei mächtige Kriegsschiffe hinzu 
und zwar „Oeean," „Zealous" und auch „Prinee Consort." 
Daß das letztgenannte-Schiff so rasch unbrauchbar geworden, 
erregt in den weitesten Kreisen Sensation, denn noch find 
10 Jahre nicht verflossen, daß dasselbe vom Stapel lief. 
Sein Preis betrug 242,000 Pfund. Vor fünf Atonalen 
hatte sich bereits die Nothivendigkeit herausgestellt, den 
„ Prince Consort" im Dock zu Keyham auszubessern, 
aber nach erneuter gründlicher Untersuchung fand man, 
daß die Kosten für die Herstellung zum völligen 
Kriegsdienstgebrauch ein Drittheil seines ursprünglichen 
Preises übersteigen tvürden, was der Admiralität zu 
hoch schien für ein Schiff, dessen Verfall so rasch eingetreten. 
Es bleibt einstweilen im Hafendienst und muß nach 12 Mo 
naten erneuert einer Untersuchung unterzögen werden. — Bei 
dieser Gelegenheit spricht der Bericht auch über das Ereigniß 
bei der Maschine des Bellerophon und sagt, daß Aehnliches 
ohne Beispiel in der englischen Marine wäre. Hätte man den 
Zustand der' Maschine nicht rechtzeitig entdeckt, und wäre 
das Schiff, welches eben zur Canalflottc abgehen sollte, in 
voller Dampfiraft in See gegangen, so würde die Zer 
trümmerung des Schiffes und der Untergang der gesammten 
Bemannung ziveffellos erfolgt sein. 
Nach dein „Militär-Wochenblatt" ist: Eichling, Sec. Lt. 
vorn Westphäl. Train-Bat. 9tr. 7, als außeretatsmäß. Sec. Lt. 
in die 7. Art. Brigade versetzt. Frhr. v. Stoltzenberg, Pr. 
Lt. vom Königs-Husaren-Regt. (1. Rhein.) Nr. 7, zürn Rittm. 
und Eskadr. Chef, Mühlberg, Sec. Lt. von demselb. Regt., 
zum Pr. Lt., Erbprinz zu Bentheim-Steinfurth, Sec.Lt. 
von demselben Regt., zum überzähl. Prem. Lt., — befördert. 
Paris, Ob. Lt. ä In suite des (Stert. Pegts. Prinz Carl von 
Preußen (2. Brandend.) Nr. 12 und Director des Mm. Knaben- 
Erzieh.-Jnstit. zu Annaburg, ein Patent seiner Charge verliehen. 
Mayer, Hauptm., aggreg. dem Hohenzollern. Füs. Regt. Nr. 
40 und commandirt zur Wahrnehmung der Landw. Bezirks- 
Commando-Geschäfte nach MolÄjeim, unter Stellung' zur 
Disp. mit Pension zum Bezirks-Commandeur des Landw. 
BatÄ Molsheim ernannt. Dr. Raffel, Ob. Stabs- und 
Regts. Arzt des 4. Garde-Regts. zu Fuß, bis auf Weiteres 
zur Wahrn, der Garn.-Ob. Stabsarztgesch. v. Berlin commdrt. 
Dr. Villaret, prakt. Arzt in Berlin, vom 1. Juni er. ab 
zum Unterarzt des aktiven Dienststandes ernannt und mit 
Wahrnehmung einer vacanten Assist. Arzt-Stelle beim 7. 
Feld-Laz. der 19. Division beauftragt. Dr. Paetsch, Unter 
arzt vom Garde-Feld-Art. Regt., vom l. Jinti er. ab zunt 
Kädettenbause in Wahlstatt versetzt und mit Wahrnehmung 
der daselbst vakanten Assist. Arzt-Stelle beauftragt. Dr. 
UrUrisse zeigt. Bor allem aber gründet sich der Beweis auf 
die Formen des 1631 geftindenen wahren Schädels Raphaels, 
dessen stark vortretende Stirn den Ausschlag giebt. Es'wird 
dabei Passavants Vorliebe für den sentimental kränklichen 
Raphael zurückgewiesen, eine Vorstellung, die allerdings schon 
im Hinblick auf die riesige Schaffenskraft des Künstlers un 
wahrscheinlich wird. — Nur Eins vermissen wir hier, 
die Erörterung der Frage, iypher es komme, daß 
das Münchener Bild neben blonden Haaren blaue 
Augen zeigt, während jene beiden erwähnten braunes 
Haar und braune Augen haben, was mit Bellori stümnt, 
dessen Beschreibung, mag sie immerhin erdichtet sein, doch 
ivohl nicht zufällig in diesen; Punkte mit den Bildern cor- 
respondirt. 
Die kritische Bewältigung der Resultate des Grimm'schei; 
Werkes^ tritt unter die Aufgaben der heutigen Kunstwissen 
schaft ein; fernere wissenschaftliche Beschäftigung mit Raphael 
wird ohne dieses Buch als eine Unmöglichkeit gelten müssen. 
Neben dieser rein wissenschaftlichen Bedeutung, aber ist noch 
Eins anzuerkennen: der Verfasser betont mit Recht, daß die 
Pflege der höchsten geistigen Cultur, insbesondere auch der 
Kunst, immer mehrnöthig werde als ein Gleichgewicht gegen 
über der Jntcnstvität, mit der von anderer Seite alle höhere, 
Freiheit gewährende Cultur als entbehrlich bezeichnet ivird. 
Dem, was der Verfasser hier vom Staate fordert, ist gewiß 
beizüstiimnen, — was von Seiten der Wissenschaft aber zu 
verlangen ist, eine Behandlungsart, die das iveitgehendste 
Jntereffe zu erwecket; vermag, das zeigt, wie uns scheint, am 
besten das eigene Werk des Verfassers. Fd. 
Anuzerkung.. Dein,Werk, dessen äußere Ausstattung eilte mttstcr- 
haste ist/ sind zwei Tafeln, daKDresinnle de.S 4. und 5. Raphäel'sche'.t 
Lonetts enthaltend, sowie eine Albertotypic nach dcnt Münchener 
Porträt beigegeben. ‘ Fd.
	        
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