© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 37
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Kunstgeschichtliches.
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diese eine Arbeit vertreten sein wird. Ihre Bedeutung scheint
mir einzig und allein sin der glänzenden Technik zu liegen,
dagegen Komposition und Zeichnung viel zu wünschen übrig
zu lassen. Allerdings läßt sich nicht verkennen, daß sich die
früheren Schlachten, d. h. jene, welche vor der Einführung
der Schußwaffen geschlagen wurden, mehr für die künst
lerische Darstellung eigneten als die modernen, weil sie sich
weniger in geregelten Massen bewegten als vielmehr in lauter
Einzelkämpsen, in denen persönlicher Muth den Ausschlag gab.
Allein dies kann im vorliegenden Falle nicht zur Entschuldigung
für die Zerfahrenheit der Komposition dienen, denn Brandt
hat nicht sowohl eine Schlacht im gewöhnlichen Sinne des
Wortes, als vielmehr einen Einbruch in's feindliche Lager
dargestellt, ähnlich wie Horace Veruet in seinem berühmten Bilde
„Die Einnahme der Smala". Während manche Schlachten
maler der neueren Zeit sich darauf beschränken, eine einzelne
Episode aus dem Gewühle der Schlacht zu fassen, um die sie
Nebensächliches erläuternd anbringen, hat I. Brandt den ent
gegengesetzten Weg eingeschlagen nnd löst die Schlacht derart
in kleine Gruppen und Einzelfiguren auf, daß darüber die
künstlerische Einheit verloren geht, nnd man sich in dem Ge-
mengsel von Menschen, Pferden, Waffen und Zelten kaum
mehr zurecht findet. Dem Streben nach schlagenden Effekten
hat der Künstler dort und da auch die Wahrheit geopfert und
vielfach selbst auffallende Zeichnungsverstöße sich zu Schulden
kommen lassen. M. Gierpmski brachte in seinem „Alarm"
ein polnisches Jnsurgentenlager vom Jahre 1863. Ich habe
erst in meinem letzten Berichte dieses begabten Künstlers ge-
gedacht und möchte heute auf eine Eigenthümlichkeit desselben
und mehrerer seiner Landsleute hinweisen, die darin besteht,
daß sie grundsätzlich ihre Figuren von Heller Luft derart dunkel
abgehen lassen, wie es in der Natur nicht vorkommt uud nach
den optischen Gesetzen nicht vorkommen kann. Ein solches Ab
weichen von der Natur aber muß als Manier bezeichnet wer
den. Neben solchen Bravourstücken nimmt sich Louis Braun's
„Einzug der deutschen Truppen in Paris am 1. März 1871"
ziemlich nüchtern aus. Aber das wird durch die Solidität
des Aufbaues der Gruppen und die Sorgfalt in der Durch
bildung allerwege wieder ausgeglichen. Einen friedlicheren
Stoff wählte Theod. Pixis in seiner „Glücklichen Fahrt".
Ein Nachen gleitet über die Spiegelfläche des See's. Die
Contouren der Bergriesen im Hintergründe sagen uns, daß es
der liebliche Starnberger-See ist. Im Nachen sitzen sechs
Personen: vorn ein Elternpaar, in den Anblick der reizenden
Scenerie versunken; ihm zunächst ein kleines Mädchen, mit
den hüpfenden Wellen spielend, dann ein junges Brautpaar,
ganz allein mit sich beschäftigt und die Lippen zum Kusse auf
einander gepreßt und endlich hinten der Schiffer, durch den
aufgespannten Sonnenschirm des Fräuleins von der zärtlichen
Gruppe getrennt. Alles spricht uns so traulich und heimisch
an, daß wir uns wohl in die schöne Jugendzeit zurückversetzt
fühlen. In I. Schnitzberger, einem Neffen des trefflichen
Steinschneiders, lernen wir ein ungewöhnliches Talent kennen.
Seine „Mutter-Freuden", Katze mit ihren Jungen, sind ebenso
meisterhaft gemalt wie sein „Reinecke vor der Staffelei". Man
kann sich nichts Frischeres, Wahreres und zugleich Lustigeres
denken als die Art, wie der Künstler die Thiere darstellt,
denen er mit unglaublich feinem Gefühl jede scheinbar noch
so unbedeutende Bewegung abgelauscht hat. Da hätten wir
ja einen zweiten Katzen-Raffael in optima forma! — Bon
den in der Ausstellung vertretenen Landschaftern muß vor Allen
Meister Eduard Schleich genannt werden, doch werden
Sie mir erlassen, alle die Vorzüge seines wunderbar gestimm
ten Bildes auftuzählen. Horst Hacker's „Well-und Wetter
horn", — „Vierwaldstädter-See" — und „Winterabend"
müssen als sehr verdienstliche Leistungen hervorgehoben wer
den, während ich mit Bedauern feststelle, daß L. Meixner's
„Mondnacht an der schwedischen Küste" an fader Süßlichkeit
des Kolorites und Gelecktheit des Vortrages krankt. Ich
würde das Bild mit Schweigen übergangen haben, glaubte
ich nicht, daß man ein so achtbares Talent, wenn viel
leicht auch vergebens, vor solchen Verirrungen warnen
sollte. Zum Schluffe muß ich noch eines trefflichen Aquarell
bildes von I. Kossak gedenken, das Maßverhältnisse zeigt,
wie sie mir wenigstens in diesem Kunstzweige noch nicht vor
gekommen sind. Die Bezeichnung lautet: „Stanislaus Rewera
Potocki, vom Kriege gegen die Türken aus Podolien nach
Lemberg zum Landtage zurückkehrend, erhält von einem im
Felde ackernden Landmann einen ausgepflügten Feldherrnstab".
Die Komposition ist klar und übersichtlich und die Technik
von einer staunenswertben Sicherheit.
Die Kunstakademie zu Rotterdam wird ihre alle drei
Jahr wiederkehrende Ausstellung, zu deren Betheiligung auch
ausländische Künstler aufgefordert werden, am 1. Juni d. I.
eröffnen. Die Dauer derselben ist ans vier Wochen festgestellt.
Terminder Einsendung: vom 5. bis zum 15. Mai; Anmeldungen
sind zu richten an die „Kommission der Ausstellung der Akademie
der schönen Künste, im Akademiegebäude. Rotterdam, Coolvest."
kunstgeschichtliches.
B. Düffeldorf. Anknüpfend an unsere neuliche Mit
theilung über die treffliche Restauration des großen Bildes
„Mariä Himmelfahrt" von Rubens durch Professor Andreas
Müller, sind wir beute im Stande, einige nähere Nach
richten über die Geschichte dieses ausgezeichneten Gemäldes
zu geben, welche der Königliche Landgerichtsrefercndar Herr
C. F. Strauven mit Hwiß und Umsicht gesammelt hat.
Demnach stammt das Meisterwerk aus der Kirche Notre Dame
de la Chapelle zu Brüssel, für deren Hochaltar es im Jahre
1614 von dem Erzherzog Albert und deffen Gemahlin Jsabella,
Infantin von Spanien, geschenkt wurde. Nach dem Bom
bardement von 1693, durch welches ein Theil der Kirche
zu Grunde ging, verkaufte dieselbe das Bild an den Kur
fürsten Johann Wilhelm von der Pfalz. Herzog von Jülich,
Cleve und Berg für die Summe von sieben Tausend Gulden,
wie es heißt. Doch ließ man zuvor eine Kopie des Gemäldes
anfertigen, die sich noch jetzt an dem fraglichen Hochaltar be
findet, gegenwärtig allerdings in einer andern Kirche, der
Eglise de Saint Josse-ten node les-Bruxelles. Kurfürst Johann
Wilhelm ließ das Meisterwerk nach Düsseldorf bringen, wo
es eine der Hauptzierden der von ihm gegründeten kostbaren
Galerie bildete, in der es im fünften Saal, dem sogenannten
Rubens-Saal, (worin sich seit 1822 die Königliche Landes
bibliothek befindet) einen hervorragenden Platz an der Haupt
wand einnahm. In der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober
1794 wurde die Festung Düsseldorf von den Franzosen bom-
bardirt und deßhalb die Galerie in größter Eile verpackt und
nach Bremen, später nach Glückstadt geflüchtet. Das Rubens'sche
Bild aber blieb hier und soll, wie von Augenzeugen versichert
wird, neben dem Reiterstandbild Johann Wilhelm'« auf dem
Düsseldorfer Marktplatz von Asche nnd Düngerhaufen bedeckt
am Boden gelegen haben. Auch im Jahre 1805, als die
Galerie nach Kirchheim-Bolanden und dann nach München
überführt wurde, wo sie bekanntlich geblieben ist, ließ man
das Meisterwerk zurück, weil es auf eine Platte von schwerem
Eichenholz gemalt ist, die bei einer Größe von dreizehn Fuß
und einem Zoll Höhe zu acht Fuß neun Zoll Breite (wie
Pigage in seinem Galerie-Kataloge 1778 den Umfang an
gibt) kaum zu verpacken war. Wo es nun aufbewahrt
wurde, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Aeltere Leute
wollen es aber im Jahre 1814 in der hiesigen St. Lam-
bertuskirche gesehen haben. Später, etwa um 1828, ge
langte es in dem heutigen Ausstellungssaale der Königlichen
Kunstakademie zur Aufstellung, bis es dann 1860 (wenn wir
nicht irren) seinen jetzigen Platz im Galerie-Ecksaal erhielt.
Dieser Raum wurde im Winter 1869 auf 70 mit Erlaubniß
des Curatoriums der Akademie, aber unter Protest des
Conservators. Professor Andreas Müller, als Atelier benutzt
und demgemäß geheizt, und als man im Frühjahr 1870 den
grünen Vorhang von dem Bilde wegzog, fand man, daß die
Holzplatte in pblge der ungewohnten Hitze gesprungen war
und eine breite Spalte durch das ganze Gemälde ging.
Glücklicherweise gelang es durch geschicktes Zusammenfügen
der gewichenen Brettertheile und andere Bemühungen, diesen
Schaden wiederherzustellen, der die Veranlassung gab, die
Restauration zu beschließen. Diese ist aber erst jetzt zur Aus
führung gelangt, nachdem zuvor noch der Brand der Akademie
im März 1872 das Bild in neue Gefahr zu bringen drohte. —
Diese „Himmelfahrt Mariä" von Rubens übertrifft die
vielen andern Darstellungen desselben Gegenstandes, die der
Meister geschaffen, und zählt unstreitig zu seinen besten Werken.
Wie aus den obigen Mittheilungen erhellt, gehört sie auch
seiner vollen Blüthezeit an und verdankt ihre Entstehung der
gleichen Periode, in der er die berühmte „Kreuzabnahme"
in der Kathedrale zu Antwerpen gemalt. Möge unserm Bilde
nun auch endlich in der Kunstgeschichte die verdiente Beach
tung zu Theil werden, deren es bisher nur allzu sehr er
mangelte.
Vermischte Nachrichten. — Inserate.
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Vermischte Nachrichten.
Aus Naumburg a. d. S. schreibt man der Köln. Zeitg.:
„Durch die Vermittlung unseres jetzigen Cultus-Ministers ist
es endlich gelungen, die Mittel zu einer umfassenden Restau
ration unseres alten, für die Geschichte der Baukunst so be
deutenden Domes zu erhalten, und wird an demselben wenig
stens außen emsig geschafft. Durch das Ableben von neun
der zwölf adeligen Herren, welche als „Domherren" für das
große Einkommen, das sie als solche bezogen, nichts weiter
thaten, als alljährlich einmal zusammenzukommen, um sich in
dasselbe zu theilen, sind die bedeutenden Kosten zur Wieder
herstellung des alten Kunstwerkes flüssig geworden. Die
Vollendung wird allerdings noch eine Reihe von Jahren auf
sich warten lassen."
Der Limburger Dom soll demnächst im Innern eine
reiche und würdige Ausstattung erhalten: Bildhauerarbeit und
Malerei werden die Wände schmücken. Altar, Kanzel und
Kirchenstühle sollen entsprechend hergestellt werden und die
jetzigen gewöhnlichen Fenster will mau durch Glasmalereien
ersetzen. Für die beabsichtigten Arbeiten sind im Ganzen
36—40,000 Thaler ausgeworfen. Die Pläne für die Restau
ration wurden vom Baumeister Stier in Berlin angefertigt.
(Jll. Zeitg.)
In Cairo fand unlängst die feierliche Enthüllung einer
Statue Ibrahim Pascha's statt. Man konnte aber weder mit
der Regulirung des für das Monument bestimmten Platzes,
noch mit dem marmornen Postamente bis zu den Festtagen
fertig werden uud stellte daher die Figur auf ein Holzgerüst,
und in diesem halbfertigen Zustande mußte die Enthüllung statt
finden. Die aus dem Atelier des rühmlichst bekannten Bild
hauers Co rdier bervorgegangene, sechs Meter hohe Statue ist
aus Bronce und wiegt 12,000 Zollpfund. Ibrahim Pascha
sitzt zu Pferde und scheint eine Schlacht zu dirigiren; der
erhobene rechte Arm bezeichnet den Punkt, auf welchen der
Angriff zu richten ist. Dem Werke fehlt es nicht an Be
wegung und einer gewissen majestätischen Hoheit; der Total-
Eindruck wirkt aber statt künstlerisch anregend theatralisch
frappirend. (N. Fr. Pr.)
Inserate.
MEYERS REISEBÜCHER 1873. — ITALIEN VON GSELL- FELS.
OBEE-ITALIEN.
(Revidirte Ausgabe.)
Mit 10 Karten, älPiänen, 89 Ansichten,
1 Panorama.
1 Band, geb., 3Vz Thlr.
ROM usD MITTEL-ITALIEN. UNTER-ITALIEN.
(Neue berichtigte und ergänzte Ausgabe.)
Mit 5 Karten, 55 Plänen, 79 Ansichten,
1 Panorama.
2 Bände, geb., 6 Thlr.
(Soeben erschienen.)
Mit 6 Karten, 28 Plänen und 72 An
sichten.
1 Band, geb., 2‘/s Thlr.
Aus Kritiken: „ . . . . Allzu reich ist unsere Reisebücherliteratur über
Italien ohnehin nicht, und dieses neueste Werk, das dürfen wir dreist
sagen, nimmt jetzt entschieden den ersten Rang ein ein Reise
handbuch , um das andere Völker uns beneiden können . . . .“
Augsburger Allgemeine Zeitung.
. . . Der Unterzeichnete hat vor anderthalb Jahren in Italien die
Erfahrung gemacht, dass er die mitgebrachten deutschen Reisehandbücher
unterwegs wieder in den Koffer thun und zu dem französischen Handbucli
von Dr. Pays, zu dem englischen aus Murray's .Verlag seine Zuflucht
nehmen musste. Das hat ein deutscher Wanderer durch Italien nicht
mehr nöthig, seit das Werk von Gsell-Fels erschienen ist.“
„ . . . . Den, Reisehandbuch von Gsell-Fels merkt man jene Herrschaft
über die Sache an, welche durchgängige eigene Anschauung von Land,
Volk und Denkmälern gewährt . . .“
Prof. Weltmann in der „National-Zeitung“.
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Der Verfasser schrieb diesen Führer, in Allem und Jedem die Frucht eigener Anschauung und Studien, weder als
Archäolog, noch als Künstler, sondern suchte an seine Person und an sein Buch den Massstab allgemeiner Bildung zu
legen. Wer gegenwärtig Italien bereist, wünscht sachliche Anleitung, nicht blos auszählende Erwähnung, zum nachhaltigen
und verständigen Genuss des Sehenswerthen; für diese Anleitung scheinen diese Bücher das richtige Mass getroffen zu
haben: sie enthalten kein Wort, das der Beschauer nicht geradezu verlangt oder doch zu seiner Kenntniss hinzuzufügen
erfreut ist.
„ .. . . Die Gsell’schen Führer nehmen unter allen bis jetzt erschie
nenen Reissbüchern durch Italien den ersten Rang ein. Sie verbinden
die Vortheile des Bädeker und Fournier mit denen von Burckhardts
Cicerone . . .“
Prof. Berg au im „Nürnberger Korrespondenten“.
„ . r.. Gsell-Fels hat so in der That ein Reisehandbuch für Italien
geschaffen, um das andere Völker uns wohl beneiden können ..."
Kölnische Zeitung.
„ . .. . Ref. kann aber schon jetzt die in der Vorrede zu Burckhardts
Cicerone gethane Aeusserung: das einzige mit wUnschenswerther Ausführ
lichkeit gearbeitete Reisehandbuch für Italien sei noch immer Murray,
zu Gunsten des vorliegenden Werkes ausdrücklich zurücknehmen. . ..“
Dr. A. von Zahn,
in den „Jahrbüchern für Kunstwissenschaft“.
Verlag des Bibliographischen Instituts in Hildburghausen.
Soeben ist erschienen und durch jede Buch- und Kunsthandlung zu beziehen:
Fünfzehn Radirungen
von
Unger, Clauss und Laufberger.
Aus dem Album der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst ausgewählt.
kl. Folio. Preis: 10 Thlr.
Laufberger’s Vorhang
im
Neuen Opernhause in Wien.
Nach den Cartons gestochen von Bültemeyer.
9 Blatt kl. Folio. Preis: 6% Thlr.
Leipzig, im Februar 1873.
E. A. Seemann,
Generalagentur der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig.
Soeben erschien in splendider Aus
stattung, in einzelnen Abschnitten neu
bearbeitet und vermehrt:
Populäre Aesthetik.
Von
Dr. C. Lemcke.
Vierte Auflage.
; 580 8. mit 55 Illustrationen, gr. 8.
| broch. 3 Thlr., geb. 3V2 Thlr.
Von demselben, vor Kurzem an die
Akademie zu Amsterdam berufenen Ver
fasser erschien früher:
Geschichte
der
deutschen Dichtung
neuerer Zeit,
I. Band. Von Opitz bis Klopstock.
534 S. gr. 8. br. I 3 /., Thlr., geb. 2V 4 Thlr.