© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 34
aus : Magazin für die Literatur des Aus-
lands,Nr.48, S.700
— Über die fünfzehn Essays von Herman Grimm, Neue
i Folge*), werden wir noch ausführlicher berichten. Sie sind im
wesentlichen gesammelt aus einigen Berliner Zeitungen, den
preußischen Jahrbüchern, den Westermann'schen Monatsheften
und dem Morgenblatt, also aus Quellen, die nur bestimmt kon-
zentrirte Leserkreise haben, und erscheinen daher für die eigentliche
Lesewelt im Großen und Ganzen als neu. Bei der Bedeutung,
die Herman Grimm und gerade vorzugsweise als Essayist ein
nimmt, und welche seine sonstigen, nicht unerheblichen Leistungen
in den Schatten stellt, wollen wir aber schon jetzt eine Andeutung
des Inhalts mittheilen. Von Malern sind Raphael, Holbein, die
florentinische Gallerte, vorzugsweise Cornelius, endlich der Brüsseler
Wiertz behandelt; von Bildhauern Rauch, anläßlich der in diesen
Blättern besprochenenBiographie von Eggers; ein bedeutsamer Ver
such behandelt Schinkel und die Architektur Berlins, wie er sie wohl
im Sinne hatte, und wie sie bei gänzlich veränderten Verhält
nissen geworden ist; die Ruinen von Ephesus und Aufsätze über
athenische Todtenkrüge schließen sich diesem Forschungsgebiete an;
endlich findet das Drama seinen Platz: Shakespeare, Alfieri und
das Theater des Herzogs Heinrich Julius zu Brannschweig. Es
ist nichts Geringes, wenn wir konstatiren, daß Herman Grimm
ein selbständiges und durchaus unabhängiges Urtheil ausspricht,
wo auch immer er die Feder ansetzt; natürlich reizt er dadurch
auch oft zum Widerspruch. Darum müssen wir auch ans das
Buck zurückkommen, wenn wir Zeit gewonnen haben, uns mit
seinem Inhalt genau vertraut zu machen, nicht bloß um uns zu
rüsten, wenn es eine abweichende Ansicht gilt, sondern auch, um
mit vollem Grunde loben zu können, wo uns das Lob recht von
Herzen kommt. A. N.