Full text: Zeitungsausschnitte über Werke von Herman Grimm: Essays

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 34 
3 
st «A bct ® tenun ft« ft ^ i[X Lebendigkeit, Verlr!irruug der,Gruirdmotive für 
reiche Abwechslung, Verzerrung der GesiHtsmEcln für Aufdruck leidenschaft 
licher Kraft. flatternde Bärte, die wie Feuer flammen dahin und dorthin 
streben, scheuten Muth, und gedrückte Augenbrauen Entschlossenheit auszu 
drücken. Der ersten momentanen Begegnung erscheint das als das Rechte, auf 
die Länge wirken solche Gestalten als versteinerte Schauspieler. Unser Be 
streben, in Sculpturwerken nicht die bleibende Ruhe, sondern gleichsam einige 
sehr bewegte Momente des realen Lebens zu verkörpern, wird später einmal als 
ein Merkmal unsrer bcutigen Kunst gelten." Hab nach der Wanderung durch 
die Gemäldcsäle der Berliner Jubiläumsausstellung fragt er: „Welches war 
das schönste, das liebenswürdigste, das unser Herz om reinsten berührende, 
dasjenige Werk, dessen Besitz eilte dauernde Bereicherung unsrer Existenz 
wäre?... Interessant, frappant, merkwürdig, dergleichen Adjectiva dürfen 
oft vergeben werden; aber herzerfrischend, erhebend, schön finden kaum 
Verwendung. Zu allen Zeiten hat es des Zusantmeutresfens besonderer Um 
stände bedurft, damit Kunstwerke entständen, die als vollkommen harmonisch 
eine befreiende Wirkung hätten. Mir scheint, soll gezeigt werden, welches die 
höchsten Wirkungen der Kunst seien, so kann das mit Ausstellungen überhaupt 
mmirtfS CT^r> ~— «* —* ~ r rr ' 
— —vyuyuuuuu ^LH'IUL’U 4 * JUt C’lv'U’H iLIDU nCUUl l2>VUiUH uiv 
Cartons von Gcselschap für die Kuppelgewölbe des Berliner Zeughauses, 
Bilder von der Noth und dem Ernst des Krieges wie von der Freude des 
Sieges, von der Ausrichtung des Deutschen Reiches, im Anschlug an die Werke 
von Eornclius und Kaulbach, schwungvolle, ideale Eompostlioncn, lebenswahr 
rrnd formcuschön. ,.Die Besucher sehen fast wie zu etwas Fremdem zu ihm 
hinauf, zu dem sie lein rechtes Verhältnis; hatten. Meinem Gefühle nach l'.egen 
hier die Keime der Kunst, die auch unsre Zeit einmal als in enger Verbindung 
mit den Traditionen stehend zeigen wird, mit denen scheinbar für immer ge 
brochen worden war." Wir wollen die Berechtigung nicht verkennen, welche 
dem Idealismus gegenüber das Ireuflcißige Nmursiudium. die feinere Aus 
bildung des Farbensinnes, die Erfassung der unmittelbaren Wirklichkeit und die 
Einkehr der Kunst in das tägliche Leben hat, aber iüer das Herzcrhebcnde und 
Befreiende, das Beglückende classischer Meisterwerke erlebt hat. der werd hoffen, 
daß die betete vorwaltenden Richtungen in Vocsie und Malerei ein Ueber- 
gangs- und Durchgangspunkt zu einer Kunst siitd, bei welcher uns wohl luitb, 
deren harmonische Vollendung uns selber harmonisch macht. 
M. Carriere. 
aus : Kreuzzeitung, Berlin, 1890,Nov.2 
aut!« SS, ÖCtt Wtcn fünf Jahrcu. Fünfzehn Essays von Her- 
mnn Gütersloh, bei Bertelsmann. 1890. 
eigenthümlich schönen Sprache, welche H. Grimm im 
j£j.^ bishpÄ rC, ^ l ?l ,lfC v ^ erworben hat. werden uns aus dem Gebiet 
Kunst und Literatur eine Reihe von Abhandlungen über 
Mater ^ Neuzeit gebote.t. auch wissenschaftlich-pädagogische 
gefallen ^geitreut. Wrr folgen dem bewährten Führer mit Wohl- 
Die Ȇi-P Anerkennung bleibt doch etwas Kuhle beigemischt. 
Nart akadeimsch betonte Darstellung laßt keinen unmittelbaren Ein- 
Lr injv »nt«!; vem ^lUslUst des Dozenten, der zur Ktittstgem 
7-er Leser empfindet in dieser kunstgeträukten Gesellschaft .. .. 
"Behaglichkeit. Hier gehen Geister um, die wir nicht begreifen. Willig 
gestehen wir zu, dasi es uns viel zu hoch ist, was Sette 123 zu lesen 
stylst: „Ueber feinen Werken steht Goethe als lebendige, 
fortwirkende Persönlichkeit. (?!) Was er als solche werth k«, 
stticl) davon ist von vielen Seiten her schon die Rede gewesen nur ganz 
genüge Kenntniß seiner Vedeutuug in dieser Richtung aber doch in das 
Mk eingedrungen. Dem Publikum ist das lebendige Wasser scmes 
leerstes nur in soweit sichtbar, als es in glänzenden Fällen und Spring« 
srunnen aufrauscht: die Zukunft aber wird es auch als Kraft kennen 
lehren, die Mühlen treibt, aus denen tägliches Brot gemahlen 
toirb (?!)" Dieser Kultus des unabhängig von sciuen Werken fort« 
wirkenden Goethe-Genius hat etwas Spukhaftes und Uugestmdes, lvas 
der Fassnugskraft nüchterner Christemnenschen hartnäckigen Wider« 
starld leistet. vb.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.