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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 33
dagegen sind irregulaire arabische Reiter, welche
nur bei einzelnen Expeditionen aufgeboten werden
und sich freiwillig stellen. 120—150 Reiter bilden
einen Goum.
Ausführlich wird die ingeniöse Art und Weise
geschildert, in welcher die französischen Soldaten
in Algerien ihre Lager einrichten. Itn Verlauf von
8 Tagen hatten die Zuaven an der Grenze von
Marokko nicht nur die Zellstrassen des Lagers
geptlastert, sondern dasselbe auch mit allem Com
fort, selbst steinernen Häusern und kleinen Gärten
für die Officiere vollständig ausgestaltet, ausserdem
aber auch mit den übrigen Truppen an den Ver
schanzungen fleissig mitgearbeitet.
Mitte October halle General Martimprey sein
17—18,000 Mann starkes Expeditions-Corps gegen
die Grenzstämme in Marokko versammelt und so
fort sollte der Vormarsch beginnen, als die Cholera
unter den Truppen in so heftiger Weise ausbrach,
dass gleich in der ersten Nacht 4—500 Erkran-
kungs- und 100 Todesfälle vorkamen.
Auch auf dem Marsche, welcher am 21. Octo
ber angetreten wurde, wüthete die Cholera fort,
so dass, wie Vers. sagt, die zum Kampfe auszie
hende Colonne daher einem Leichenzuge in grossem
Maassstabe glich. Erst am 27. October, nachdem
das französische Corps die marokkanische Grenze
überschritten und sich anschickte, den umgangenen
Grenz- und Bergdistrict Beni Snassen vom Rücken
her anzugreifen, hörte die Krankheit auf, nachdem
die Franzosen in 9 Tagen 3000 Mann, darunter
2 Generale und 60 Officiere, verloren halten.
An demselben Tage erfolgte der Angriff auf
die Hauptstellung des Feindes, den Col de Taffou-
ral, und zwar in 2 Coionnen, von denen einer 2
Bataillone Zuaven die Avantgarde machten. Auf
der Höhe des wilden, durch tiefe Abgründe zer
klüfteten Gebirges stiessen die Franzosen auf ern
sten Widerstand der Kabylenstämme, welche ihnen
nicht nur durch ihr wohlgezieltes und gedecktes
Feuer, sondern auch durch grosse Felsblöcke,
welche die Kabylen auf die engen Passagen hinab
rollen liessen, grosse Schwierigkeiten und Verluste
bereiteten.
Trotz alledem wurde die Position erstürmt und
die Franzosen bezogen, Herren des ganzen Pla
teaus, ein Lager auf der Höhe, in welchem bald
darauf der Kabylen-Chef Beni Snassen’s sich ein
fand, und um Frieden bat. Dieser wurde ihm
gegen eine Kriegs-Contribution von l 1 /* Millionen
Francs auch bewilligt.
Nachdem so die Gebirgsstämme besiegt, wollte
G. Martimprey nun auch die Maiastämme in der
Ebene züchtigen und ordnete daher an, dass 6
Bataillone Infanterie, sämmtliche Cavallerie und
Goum’s durch einen Nachtmarsch diese Stämme
überfallen sollten.
Die Expedition misslang aber, indem die Maia
stämme, durch Spione gewarnt, bei Zeiten geflüch
tet und die Ebene verlassen hatten. Die franzö
sische Colonne halte übrigens in stockfinsterer
Nacht, durch ein wild zerklüftetes unbekanntes
Gebirgsterrain hindurch, grosse Schwierigkeiten zu
überwinden gehabt, wovon schon der Umstand
einen Beweis liefert, dass sie zur Zurücklegung
dieses etwa 3 /* deutsche Meilen betragenden Nacht
marsches — 12 volle Stunden brauchte.
Nachdem das Expeditions-Corps am 11. No
vember die französische Grenze wieder über
schritten, wurde dasselbe, nach erreichtem Zwecke
aufgelöst und Anfangs December traf das 2. Zua-
ven-Regiment wieder in Oran ein. Dasselbe war
mithin 9 Monate in Afrika und in Italien fortwäh
rend auf dem Marsche und im Kriegszustände
gewesen! Im April 1860 wurde das 2. Zuaven-
Regiment zu neuer kriegerischer Thätigkeit beru
fen. Es galt einer grösseren Expedition nach Ka-
bylien, dessen östliche Bevölkerung sich empört
hatte. Am 27. April erfolgte der Abmarsch von
Oräri und die Einschiffung nach Algier, am 2. Mai
wurde von dort der Weitermarsch nach Milah in
der Provinz Constanline angetreten, woselbst am
27. Mai das Expeditions-Corps in der Stärke von
10,000 Mann formirt wurde.
Dasselbe setzte sich gleich den folgenden Tag
in 3 Coionnen in Marsch und durchschritt am 30.
Mai den gefürchteten Pass von Tedj-el-Arba, ohne
von den Kabylen irgend wie belästigt zu werden.
Diese, eingeschüchtert durch das energische Vor
gehen der Franzosen, eröffneten Unterhandlungen
und da sie die Forderungen der Franzosen (Aus
lieferung einiger Häuptlinge als Anstifter und Ent
richtung einer Kriegseontribution) erfüllten, so war
damit auch diese Expedition und zwar ohne Blut-
vergiessen beendet.
Der Vers., obschon er auf diese Weise mit sei
nen Zuavenkameraden keine Gelegenheit fand, sich
neuen Ruhm zu erwerben, lernte dagegen bei
dieser friedlichen Expedition um so mehr das Land
und die Bevölkerung in Kabylien kennen und be
richtet darüber ausführlich.
Mit diesem Zuge schliesst übrigens der Auf-