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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
(Auszug aus dem Monatsbericht der Künigl. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin.)
5.Aug. 1861. Sitzung der philosophisch-histo
rischen Klasse.
Hr. J. Grimm las über einige gothische wörter.
Ulfilas reicht uns für das in allen deutschen sprachen fast
überein lautende wort taube ein ungewohntes ahaks dar, es be
gegnet viermal, würde aber in den verlornen stellen der bibel-
übersetzung noch oft erscheinen und dann auch sein geschlecht
blicken lassen, welches wir aus dem acc. sg. ahak, gen. pl. ahake,
dat. pl. ahakim nicht entnehmen, da diese formen sowol männ
lich als weiblich sein können, ein gen. dat. sg. ahakis, ahaka
oder ahakais, ahakai, auch ein beigefügtes adj. würde den aus-
scblag geben. ns^ia-TE^ct und cotumba des gr. oder lat. textes
hätten allerdings auf ein f. geleitet, woneben doch sonst auch
TTsgiTTEQos und columbus gelten, ja ältere gothische flexionen,
wenn meine Vermutung nicht abirrt, haben jene Casus ein
stimmig ahakais und ahakai für beide geschlecbter gebildet, wie
noth darum, das wort an sich selbst klingt anfangs so seltsam,
dasz wir darauf unsre aufmerksamkeit wenden, analogien dafür zu
entdecken und es zu deuten suchen, wer nun Nemnichs poly
glotte der naturgeschichte nachschlägt, wird s. 1128 durch ein
armenisches ahawik überrascht; der fleiszige mann war aber kein
Sprachkenner und seine anführungen zumal ausländischer Wörter
sind oft fehlerhaft, das armenische wort lautet aghavni, worin
die auslautende gothische gutturalis mangelt, noch stärker fällt
auf, was Castiglione in der vorrede zum zweiten brief an die
Corintber s. VIII beibringt, dasz nach Klaproth die Assi für
taube ahaksin sagen sollen, die Assi sind die Osseten, auch
Klaproth steht nicht im rufe groszer genauigkeit, ich habe die
berichtigungen nachgesehen, welche seinen Sammlungen kosen in
der abhandlung über die ossetische spräche (jahrgang 1845 unsrer
akad. sehr.) hat angedeihen lassen, finde aber s. 394 für taube
nur balaon, kein ahaksin verzeichnet. Klaproths Asia polyglotta
liefert s. 96 wirklich achsinak, mir war blosz die erste ausgäbe
zur band, ich weisz nicht, ob er es in der zweiten oder in an
dern Schriften in ahaksin verändert, dies ahaksin ist sicher nicht
ohne. denn in andern, zwar vom Kaukasus schon etwas abge
legnen türkischen und finnischen sprachen, namentlich bei den
Kirgisen heiszt die taube kugarzin, bei den Baschkiren kugarzik,
bei den Wotjaken (nach Wiedemann s. 309. 398) kegersin, ke-