vorletzten Lüneburger Snedeganges heben es besonders hervor,
und wie die betroffenen Knaben es als eine Ehre angesehen. Diese
Begehung der Stadtgrenze war ein ordentlicher Festzug. Alles wurde,
um die Ausübung als Recht festzustellen, zu Protocoll genommen,
das Markstein-Setzen, das Erdhügelaufwerfen (vrgl. Grimm S. 546),
das Hasenschießen. Mitten durch einige Bauerhäuser ging
der Zug, und um das alte Recht zu zeigen, wurde der
Kessel haken ausgerissen. Die Rathsdiener hatten schon den
neuen bereit, den der Bauer bekam.
Zum Hut, der gerade als Rechtssymbol der Güterauflassung in
unsern Gegenden urkundlich festgestellt ist, wollen wir doch die Re
densart „unter einem Hut stecken", sich einander heimlich behülflich
sein) erwähnen. „Spielen unter einem Hut" ist auch bei uns üblich.
Deutet aber der Schuh in unserem: „hi hett en scho vull kregen"
(ein böses Weib bekommen), und in Jeremias Gotthelfs Uli: „einen
schuh voll herausholen" (in derselben Bedeutung) auf die alte Ver-
löbnißweise? „Der Bräutigam bringt den Schuh der Braut; sobald
sie ihn an den Fuß gelegt hat, wird sie als seiner Gewalt unter
worfen betrachtet", sagt Grimm S. 155. Oder sind beide Redens
arten als aus bäurischer Rede hervorgegangen zu deuten, welcher
der Schuh voll Koth geläufig genug ist, um ihn sprüchwörtlich zu
gebrauchen? Das Fassen beim Rockschooß lebt offenbar fort in
unserem „beim Fittich kriegen" oder „beim Fittich nehmen"
der etwas spöttischen Umschreibung des Arretirens, auch wohl des
Fassens um Jemand die Thür, zu weisen. Die Redensart stammt
aus dem Niedersächsischen, wo der Flügel des Vogels Fiddik, Fittek,
auch dem Flügel der Mannestracht den Namen gegeben, wie das
Bremer Wörterbuch ausweist. Auch „bei der Schlafitche krie
gen", sagt der Göttinger in seinem provinziellen Hochdeutsch, doch
nur im Spaß, wenn er sein Kind jagt; und „Slafitche" ist ebenfalls
der „Schlagsittich" des Rockes, der wehende Schooß. — Durch Neh-
! men unter den Mantel adoptiren oder legitimiren ist gewiß in
undenklicher Zeit nicht inehr vorgekommen, doch kennt der Nordheimer
kleine Mann noch die Mantelkinder (S. 160), er sagt, wenn
eine Mutter ihre unächt gebornen Kinder bei der Trauung unter
den Mantel nähme, so würden sie „ehelich." Auch einen andern
bei Grimm noch mit einer Frage erklärten Ausdruck fand ich in
Nordheim: Hammer, Holzhammer ist das schwere Hammerbeil, das
Zeichen des Holzbesitzes, mit dem die Marke des Eigenthümers in
die gefällten Bäume geschlagen wird. Dieser Hammer ist also ge
radezu die P0U-6X6, welche das Bremer Wörterbuch, p. 327, als
schwedisch-gothisches Erbetenzeichen aufführt.
Das Schwert bei der Brautleite der Friesen zum Zeichen,
daß der Mann Gewalt über das Leben der Frau habe,- finden wir
auch beim Volksstamm der Schwaben, wo beide Brautführer es
tragen und beim Zuge zum Brautgelag und Brauttanz die zwei
Klingen kreuzweise in die Decke des Zimmers, gerade über dem Sitze
der Neuvermählten, stoßen. Auerbach hat auch diesen Brauch in
seinen Dorfgeschichten Band 3 erhalten, erzählt aber zugleich, wie er
seit vorigem Jahrhundert durch die Polizei verkümmert ist. Von der
Sitte des Besenspringens, die neben dem Durchkriechen unter dem
Schwert von der friesischen Braut (p. 168) erzählt wird, habe ich
auch im Göttingischen wohl gehört. Dort gilt zugleich der Glaube,
eine Hexe vermöge nicht über den Besen zu springen, wahrscheinlich,
weil er als ihr Reitpferd gleich mit ihr davoneilt.
Bei der Thür möge aus Pertz' „Leben Stein's" erinnert sein,
wie der Amtmann Stein's aus der Thür des freiherrlichen Hauses
den Thürklopfer, den Eselskopf, aushob und als Zeichen rechtlichen
Besitzes sorgsam barg, als Nassau mediatisiren wollte. Die Schlüssel
repräsentiren noch die Hausfrau, und bei Polterabendscherzen werden
darum der Braut Schlüssel überreicht. Sind uns Leserinnen bis
hierher gefolgt, so vernehmen sie auch wohl gern, daß.früberhin nur
I ber Bräutigam der Braut den Ring gegeben; freilich als eine
| Art Dingung, denn alle Mädchen- auch Frauenverhältnisse im ältesten
Recht weisen auf die Magd. Damit ist das Ehebündniß geschlossen.
Ringgabe Seitens der Braut ist nur Liebeszeichen, und Grimm meint,
die Sitte des Ringwechsels sei vielleicht ganz undeutsch und erst seit
dem Christenthum bei uns eingeführt. Desto älter scheint Wohl das
von Grimm in dieser Beziehung gar nicht angeführte
Symbol der Münze; doch auch wohl Kauf, Dingen bedeutend.
Das eine Beispiel bietet hier im Bremischen das Alte Land. Der
Bursche gibt bei der Verlobung dem Mädchen die „echt" oder „echte",
einige Münzen, besonders gern alte, in der Familie gehegte seltene
Stücke. Auch in Hamburg hat man noch die Redensart „up de
echt geven", auf die Trau geben. Dann scheint abermals Auerbach
in seinem „Lehnhold", Dorfgesch. Bd. 4, für Schwaben ein Bei
spiel zu geben. Ameile fordert und erhält von ihrem Dominic eine
Medaille als „Trau." Endlich wandern wir nach Paris. Am 30. Ja
nuar 1853 ward die Trauung des kaiserlichen Paares vollzogen, die
Zeitungen erzählten: „Nach dem Segnen der Goldstücke und
des Traurings wendet sich der Erzbischof an den Kaiser und die
Kaiserin, empfängt von ihnen ihre Erklärungen und üb erg lebt
die Goldstücke und den Trauring dem Kaiser, der jene
der Kaiserin giebt und ihr den Trauring an den Fin
ger steckt." Wäre das schwäbische Beispiel nicht da, so möchte im
merhin, da Grimm das Münzsymbol nur bei den Franken kennt,
der Altländerbrauch ein Beleg für das Herkommen dieses Volks
schlages aus fränkischen Landschaften sein.
* Natives und Knownothings.
Von Franz Löher.
Es ist die Meinung verbreitet, der Orden der Knownothings
in Amerika sei erst jetzt neu aufgetreten. Das ist nicht ganz richtig,
dieser Orden bestand schon lange Zeit in der Stille und zwar sehr
wirksam. Ich hatte während meiner Reise durch Amerika Gelegen
heit, die geheimen Statuten dieses Ordens kennen zu lernen, und
veröffentlichte einen Theil davon bereits vor Jahren in meinem zu
Cincinnati gedruckten Buche „Geschichte und Zustände der Deutschen
in Amerika." Der Bundesname dieser geheimen Gesellschaft ist
„Vereinigte Söhne von Amerika", die Bezeichnung Knownothings
(„Nichtswisser" oder besser „Weißnichtser") ist nur daraus entstanden,
daß die Bundesmitglieder auf Fragen nach ihren Einrichtungen und
Plänen zu antworten haben: „Ich weiß nichts." Wie aber der
Orden plötzlich zu einer so gefürchteten Macht geworden, und warum
er jetzt mehr öffentlich auf den Kampfplatz getreten ist, erhellt, wenn
man einen Blick wirft auf die Gesinnungen und Absichten der Na
tives und deren frühere Anstrengungen, ihre Pläne durchzusetzen.
Das amerikanische Volk entstand und entsteht noch fortwährend
aus dem Zuströmen von Leuten aus verschiedenen Völkern. Durch
ihre Vermischung unter einander, unter den Einflüssen des Klimas
und der eigenthümlichen Landesnatur, lebend in Staats- und Gesell
schaftseinrichtungen, welche von den europäischen so vielfach abweichen,
entwickelt sich unter den Eingewanderten sehr bald eine spezifisch
amerikanische Nationalität ,~ welche in tausend großen und kleinen
Beziehungen auffallend absticht von jeder europäischen. Je länger
Familien in Amerika einheimisch geworden sind, desto entschiedener
prägt sich in ihren Angehörigen dieses eigenthümlich Amerikanische
aus, und desto mehr fühlen sie sich innerlich verschieden von den
neuen Ankömmlingen, desto schärfer wird der Gegensatz zwischen
amerikanischer und europäischer Denk- und Anschauungsweise. Es
kommt hinzu der Nationalstolz, der in keinem andern Volke so stark
und lebhaft ist als unter den Amerikanern, sie halten sich in vollem
Ernste für das erste Volk auf der Welt, für das christlichste und
aufgeklärteste, wie für das freieste und glücklichste Volk, bestimmt die
andern Völker zu lehren und die größten noch unerhörten Thaten in
der Weltgeschichte zu verrichten. Ihr Nationalstolz reicht sehr nahe
in jene Anschauungsweise hinein, in welcher sich einst Israel für