Full text: Rezensionen von Herman Grimm in der Deutschen Rundschau (1881-1890)

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 30 
aus : Deutsche Rundschau, 1886, Nr. ?, S. 157 
jur. Briefe Benedict's XIY. an den 
Canonicus Peggi in Bologna (1725—1758) 
nebst Benedict's Diarium des ConclaveS von 
1740. Herausgegeben von Franz Xaver 
Kraus. Freiber'g i. B., I. C. B. Mohr. 1886. 
Das Buch trägt innen auch einen italienischen 
Titel: „Lettene di Benedetto“ etc. Peggi war 
ein alter Freund des Papstes, dem dieser nach 
seiner Erhebung zur höchsten Würde nun durch 
viele Jahre halb amtlich, halb vertraulich ge 
haltene Mittheilungen zukommen läßt. Man 
muß solche Correspondenzen kennen, um die 
Welt zu verstehen, in die Winckelmann eintrat. 
Der Katholicismus des vorigen Jahrhunderts 
hat, welthistorisch betrachtet, etwas Behagliches, 
Liebenswürdiges und Großartiges, er zeigt eine 
Milde und Weitherzigkeit, mit der wir sympathi- 
siren und die gegen die harten Gesinnungen der 
norddeutschen Pastoren in jenen Zeitläuften oft 
seltsam abstirbt. Nur dürfen wir nie vergessen, daß 
beides vorübergehende Symptome sind, die mit 
der Sache selber, d. h. mit dem geistigen Kerne 
der beiden Richtungen nicht im Zusammenhange 
stehen. Es ist als wie sich in manchen Jahrzehnten 
eu Reihe milder Winter oder kühler Sommer 
.^nchmal folgen: Winter und Sommer bleiben 
darum doch, was sie sind. Der Schwerpunkt des 
Buches liegt in der Zweiten Beilage, S. 151 ff., 
„Geschichte des Couclaves, welches der Wahl 
Benedict's XIV. 1740 vorausging", aus der Bib 
liothek der Conti Malvezzi de' Medici in Bologna. 
Von Tag zu Tag genaue Mittheilung, was unter 
den Cardinälen sich ereignete, bis Lambertini 
endlich erwählt wurde.' Wir haben andere 
solcher Berichte aus anderen Conclaven, die 
merkwürdig gemeinsame Züge zeigen. Hier ver 
folgen wir, wir möchten sagen, in rein mensch 
licher Theilnahme, wie die anfangs auftretenden 
Candidaten sich abnutzen, wie die Möglichkeit, 
sich zu vereinigen, immer mehr schwindet, und 
wie plötzlich dann, indem ein ganz neuer Name 
aufkommt, auf diesen im Flüge alle Stimmen 
zusammengehen. Man wohnt bei der Lectüre 
dieser Aufzeichnungen einem Drama bei, dessen 
letzte Entwicklung'uns überrascht, uns zugleich 
aber durchaus natürlich erscheint. 
Der Verfasser, dem aus dem italienischen 
Titel des Buches der eigene Titel „Professore 
di Storia Ecclesiastica nell’ Universitä di 
Friburgo“ beigegeben ist, bedurfte auf dem 
deutschen dieser erläuternden Beigabe nicht. Als 
Mitarbeiter der „Deutschen Rundschau" hat er 
vielfachen Anspruch auf die besondere Dankbarkeit 
ihrer Leser. Sein Buch ist bereits in Band XLVI, 
S. 243 ff. dieser Zeitschrift (Februar 1886) 
Gegenstand des schönen Aussatzes gewesen, in 
welchem O. Hartwig sich über „ein päpstliches 
Conclave im vorigen Jahrhundert" aus 
gesprochen hat. 
C. i. Albrecht Dürer von L. Kaufmann. 
Zweite verbesserte Auflage. Freiburg i. B., 
Herder'sche Verlagsbuchhandlung. 1887. — 
2. Dürer's Stellung zur Reformation 
von Dr. M. Zucker. Erlangen, Andreas 
Deichert. 1886. 
Die letztere Schrift wendet sich gegen die 
erstere, und zwar mit so guten und einfach vor 
getragenen Gründen, daß die Partei (wir sagen 
nicht Confession, sondern Partei), welcher 
der Verf. jener, in zweiter, sehr hübscher Auflage 
erscheinenden angehört, sich nun wohl mit dem 
ihr so geläufigen „totalen Stillschweigen" in sein 
Schicksal finden wird. Gott sei Dank gibt e8 
in Deutschland in katholischen wie protestantischen 
Kreisen ein gemeinsames nationales Publicum, 
das sich keinen Sand in die Augen streuen läßt. 
Die Frage, ob Dürer als Protestant oder Katholik 
gestorben sei, ist eine künstlich aufgerührte. Jeder 
mann muß seine Freude daran haben, bis in die 
Einzelnheiten hinein verfolgen zu können, in wie 
ruhiger, nachdrücklicher und erfolgreicher Art Herr- 
Zucker Herrn Kaufmann aus seinem Bau heraus 
treibt. Die Deutung der Münchener Apostel- 
bilder als der Werke eines Meisters, welcher der 
Resormpartei angehört haben müsse, ist eine vor 
zügliche Leistung, für welche alle Freunde Dürer's 
und insbesondere alle Freunde der Kunstgeschichte 
in höherer Auffassung Herrn Zucker zu Danke 
verpflichtet sind. 
f. Vademecum pour la Peinture italienne 
des Aiiciens Maltres. Premiere Partie. 
Galleries publiques de Paris, Londres, Berlin, 
Dresde, Munich, Vienne et Frankfort s. M. 
(ordre par numeros) par George E. Habicli. 
Hambourg, IIoffmann & Campe. 1886. 
Obgleich der Verfasser sich in einer Preface 
und einer daraus folgenden Introduction ebenso 
umständlich als energisch über das ausspricht, 
was er mit seiner Arbeit bezwecken zu wollen 
behauptet, erscheint uns nach deren Durchsicht 
trotzdem als eine baare Unmöglichkeit, zu er 
kennen, welchen Gebrauch man davon machen 
solle. Die Introdnction beginnt: „En qnoi con- 
siste la methode de Lermolieff? Elle consiste 
ä, rechercher les qualites speciales d une pein 
ture, ä en etudier le dessein, c’est-ä-dire la 
forme donnee aux oreilles, au nez, aux yeux, 
aux mains et aux autres parties du corps 
humain, ä entrer dans tous les details, ä 
studier meine les points accessoires qui peu- 
vent s’y trouver pour ne pas se laisser 
entrainer ä un jugement preeipite d’apres 
la premiere Impression produite par l’ensemble 
de l'oeuvre.“ An wen richtet sich der Verfasser 
mit solchen Darlegungen? Das Büchelchen steckt 
voll von Druckfehlern, nicht zu gedenken der selt 
samen Sprache, in der es gehalten ist.
	        
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