Full text: Rezensionen von Herman Grimm in der Deutschen Rundschau (1881-1890)

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fajr alle Erwartungen rechtfertigt, zur Blüü 
brmgr und nach einem glücklichen langen AU 
harmonisch abschließt- Overdeck war ein Wunde 
kinv dieser An. Stach seinen ersten Ansang« 
wurde man sich nicht vernmndern, wenn daö Vu 
plötzlich abbräche, weil er von dieser Erde sori 
genommen sei, mt sein eigner Sohn Alfons 
spärer uu LünglittgSatter starb. Overbeck ho 
alle Hoffnungen erfuur, zrden geträumten Ersol 
erlebt, me Besinnung -und Anschauungen, j 
sogar nie den Lvn seiner Sprache geändert UN 
har für dieses Wesen stets Verständniß un 
Förderung um> sür sich selbst Freunde gesunder 
-die ihn in großem Streife umgaben. 
2. Overbeck war Eouvernr und hat in Ror 
-lebend sich in absolut stiller Existenz eine 
Mischung -kirchlicher und weltlicher vebenösührunj 
erfreuen dürfen, die Leder -begriff und Steine, 
ihm beneidete. 
3. Overbeck war ein schöpferisches Genie 
hatte fvsiyr aber Alles IN >ich.ausgenommen, 
-waö Rom an Werken des Quattrocento und 
-Eiuquecemo besag, dag seine Werke als die eines 
MeiMS jener Lahryunverte erscheinen, der iu 
-unserer Zeit nachträglich.-gleichsam zur Welt kam. 
Sie verhalten sich zu dieser älteren Arbeit ols 
evendürtiger, aber ganz zarter Nachwuchs. Monats 
rosen könnte man sie vergleichen, vre, in ununter 
brochener Production von knospen und Blüthen 
-sortarbeueuv, sicherlich zur Familie der Rosen 
.aiö ächte verwandte zu zählen sind, denen der 
vvllguellcnde Geruch der Eenusolien, ihr glühendes 
Roch, ihre Fülle aber fehlen. 
Overbea s Leben zu schreiben -war eine Auf 
gabe, der vielleicht nur durch daS Buch, wie rL 
vorliegt, genügt werben konnte. Der romantische 
Nathoiicismus deutscher und englischer Eon 
vertuen hat eine gewisse Beimischung sinnlicher 
Süßigkeit, bie bei einzelnen Individuen -als 
natürlich und darum berechtigt keinen lauten 
Widerspruch Andersgesinnter hervorrufen wird. 
Eonstruirt man nun aber, bei Darstellung der 
Lebensläufe solcher Staturen, die ganze sie um- 
gebende Gesellschaft in -ähnlichem Sinne, so ent 
steht ein Gefühl beim Leser, als ob man auf 
einem See von süßer Milch umhersahre und ein 
gemachte Früchte von den Bäumen pflücke. DaS 
Buch ist vollgepfropft von nebenherlaufendeu 
vortrefflichen Menschen und erinnert an das 
Leben Raphael'ö von Passavant. Zuerst war 
.dieser Ton -in Wackenroder'8 berühmtem Buche 
.angeschlagen worden, daS doch wohl aus Overbeck 
von entscheidendem Einflüsse gewesen ist. 
Für die-Kunstgeschichte der Epoche ist Over- 
beck'S Biographie von großer Wichtigkeit. 
yo. Grübeleien eines Malers über feine 
Kunst. Non Otto Knille. Berlm, Ge 
brüder Paetel, 1887. 
Neuer Abdruck der bereit« in der „Deutschen 
Rundschau" mitgetheilten kunsthistorischen Be- 
trachtungen deS Meisters, welche einen neuen 
Beweis für den Satz liefern, daß die über Kunst 
.und Künstler im Publicum umlaufenden An 
schauungen in den -Aeußerungen der Künstler 
selbst den Boden finden, der sie emporkommen 
läßt. Daß dem so sei, ist auch ganz in der 
Ordnung. Von .jeher -haben Dichter und Musiker 
über ihre Kunst in eignen und fremden Leistungen 
philosophirt, von jeher auch die Maler und 
Bildhauer ein Gleiches -gethan, eS kann also 
auch heute, wenn dieser Stand der Dinge als 
ein natürlicher -anerkannt wird, Schriftstellern 
dieser Art damit weder ein Vorwurf gemacht 
noch Schriftstellerei dieser Art für unberechtigt 
erklärt werden. Knille sucht daS Seinige dazu 
beizutragen, die großen herrschenden Gegensätze 
deS Realismus und ZdealiSmuS zu erklären und 
in ihrer Bethätigung zu verfolgen, ohne seiner 
seits, wie es scheint, zu wissen, was aus beiden 
werden solle. Der Gegensatz aber hat immer 
bestanden und pflegt dann stets zu Besorgnissen 
Anlaß zu geben, wenn durch eine Laune der 
Vorsehung die Vertreter der einen und anderen 
Richtung einander nicht die Waage halten, sondern 
eine von ihnen fast ausschließlich in ausgezeich 
neten Talenten hervorragt. Die Geschichte aber 
zeigt, daß diese Spaltung der Weltanschauung, 
die in Plato und Aristoteles ihre ältesten glan 
zenden Repräsentanten hatte, und die alle Jahr 
hunderte mit ihren Streitigkeiten in Bewegung 
hielt, im Wesen der Menschheit tief begründet 
. liegt, und daß der Wechsel in^der Obergewalt 
hier wahrscheinlich ein ebenso dauernder sein 
wird als auf dem Gebiete des gesammten 
geistigen Leben« überhaupt-
	        

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