© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 30
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76 Deutsche Rundschau.
ihm jedes sympathische Gefühl, er zeigt kein Feingefühl, keine Rücksicht, keine Erwägung
der mildernden Umstände, keine Spur von Tact; merkwürdig nur, daß Carlyle gerade
diesen Freund zu seinem Biographen ernannte. Froude^s Mangel an richtigem Gefühl
zeigt sich besonders in der Art und Weise, wie er auseinanderliegende Thatsachen,
Aeußerungen, Ereignisse so zusammenstellt, daß Carlyle in einem falschen, ungünstigen
Licht erscheint. Durch Andeutungen und Mißdeutungen, die leider nicht immer zu
fällig zu sein scheinen, wird der Leser zu einem ungerechten Urtheil verleitet, und es
geschieht Alles unter dem Vorwände, daß Froude hiermit seinem wahrheitsliebenden
Freunde einen wahren Dienst erweise, weil eben in einer Biographie nichts verschwiegen
werden dürfe. Aus Prof. Nortons Sammlung wird klar, daß Froude sein Material
nachlässig behandelt hat und ebenso nachlässig als Herausgeber war. Es ist auch
nachgewiesen worden, daß er trotz vorhandener Beweise des Gegentheils manchmal
seiner Schilderung einen ungünstigen Anstrich gab. „Die Evidenz gegen ihn (Froude),"
schreibt die New Pork Nation, „ist bereits überzeugend genug, um ihn schuldig zu
erklären." Die bis jetzt erschienenen Briefe reichen nur bis 1826, die aus Carlyle^s
viel besprochene eheliche Verhältnisse sich beziehenden werden nächstens erscheinen. Geben
auch diese dann gleich schlagende Beweise von der Unzuverlässigkeit des Froude'schen
Werkes, so werden wir ein ganz anderes Bild von Carlyle's Charakter empfangen, als
das, welches bisher für porträtgemäß gehalten worden ist. C. H. G.
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