Full text: Rezensionen von Herman Grimm in der Deutschen Rundschau (1881-1890)

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 30 
aus :Deutsche Rundschau, 1882, Feh. 
S. 318-319 
ßy.(f . Das Original von Dürcr's Post 
reiter, von Fritz Harck. Mit Abbildung. 
Innsbruck. 1d80. 
Bekanntlich ist von Thausing der Beweis 
versucht worden, daß eine Anzahl mit W ge 
zeichneter Stiche, welche zugleich als Werke 
Dürer's mit dessen Monogrammen vorhanden 
sind, nicht Nachstiche von fremder Hand nach diesen 
letzteren, sondern vielmehr Originale Wohl- 
gemuth's seien, welche Dürer copirte. Dürer 
hätte mithin Werke seines alten Lehrers nach 
gestochen. Für diese Hypothese sind verschiedene 
Gelehrte eingetreten, während andere das Ver 
hältniß als eine Unmöglichkeit ansehen. Was 
am meisten dagegen spricht, ist der Umstand, 
daß zu einigen der auf diesen Stichen dar 
gestellten. Compositionen vorbereitende Zeich 
nungen Dürer's vorhanden sind. Hätte Dürer 
also auch die Stiche Wohlgemnth's copirt, so 
würde dieser doch wieder nach Zeichnungen 
Dürer's gestochen haben. Der Verfasser der 
kleinen Schrift theilt uns die Heliogravüre eines 
j bisher unbekannten Blattes mit, deö Dürer'schen 
sogenannten „Postreiters" mit einem W als 
Monogramm darunter. Es entsteht also auch 
für dieses Blatt die Frage, ob das W den 
Nachstccher oder den ersten Urheber des Werkes 
bezeichne. Harck entscheidet sich für das letztere, 
.wie er denn überhaupt auf Seiten Thausing's 
steht, mit der Modification jedoch, daß er Dürer, 
nach seiner Rückkehr aus Italien 1494, bei 
Wohlgemuth wieder eintreten und für dessen 
Atelier die Zeichnungen zu den in Frage stehenden 
Stichen anfertigen läßt, welche in dem Atelier 
Wohlgemnth's sodann ausgeführt und mit der 
Firma W bezeichnet worden wären. Der Absatz 
der Platten sei dann ein so bedeutender gewesen, 
daß Dürer die nach seinen Zeichnungen ange 
fertigten Stiche selber noch einmal copirt habe. 
Viel einfacher wäre da doch die Annahme, Dürer 
selbst habe seine Zeichnungen zweimal gestochen 
und das erstemal statt seines Monogramms dem 
Atelier seines Meisters Wohlgemuth zu Ehren 
ein W darauf gesetzt. Wovon freilich nichts 
bekannt ist. Set dem, wie ihm wolle — (wir 
unsererseits haben die mit W gezeichneten Stiche 
stets für Copien der Dürer'schen Stiche und 
Thausing's Beweisführung für unzureichend 
gehalten) — sobald einmal zugegeben wird, 
Dürer'sche Zeichnungen lägen hier zu Grunde, 
verliert die Frage das Hauptinteresse. Denn 
darauf kommt es an, ob der alte trockene Wohl- 
geinnth diese geistreichen, in eminenter Weise 
Dürer'schen Compositionen zu schaffen im Stande 
gewesen sei. Weder er noch irgend ein Anderer 
neben Dürer. 
Herr Harck führt außerdem den umständlichen 
Beweis, die mit W gezeichneten Stiche könnten 
nicht ettva, wie vorher vermuthet worden war, 
von Jacopo di Barbart herrühren (W als An 
fangsbuchstabe von Barbari's deutschem Namen 
Walch). Diese Annahme hatte so wenig für ftch, 
daß sie unerwähnt bleiben durfte.
	        
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