Full text: Zeitungsausschnitte über Veröffentlichungen von Herman Grimm: Über einzelne Kunstwerke

essisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 28 
2, 
Man würde, wäre der rechte Plan da, Geld bewilligen 
und Kräfte aufwenden. Aber man möchte nicht bauen im 
alten abgenutzten Sinne. Man wrll etwas wirklich Neues. 
Es soll etwas sein, das wahr und wahrhaftig ein Abbild 
der Gedanken der Epoche ist. 
Hier nun erlaubt sich ein bescheiden in der Ferne ste 
hender Unparteiischer ernen Lolschlag. 
Es giebt kerne Architektur heul zu Tage, welche der 
maßen imponine, als die aus Glas und Ersen und innen 
mit lebendiger Vegetation decoririen Auöstellungöpaläste. 
Kern Zweifel, daß sie den eigentlichen Ausdruck, den 
Gedanken unserer Generation bilden. 2ch weiß, 
daß der erste Eintritt in den Sydenhampalast ein 
fache Leute zu Thränen gerührt hat. Da empfin 
det man die majestätische Pracht unserer techni>chen 
Gewalt. Da sagt man sich staunend: „Das sind wir 
Menschen, wir armen schwachen Kerls, die das emporgc- 
zwungen haben. Wir haben gewollt, daß das Eisen zu 
jo ungeheuren Bogen sich spannte, wir haben das Glas 
jeder dieser Spiegelscheiben gemischt und gegossen. Wir!!' 
das war das Gefühl, mit dem die Aegypter ihre Pyramiden 
ansahen. Und wenn ein herunterrollenber Block vleüeicht auf 
rem Wege einige Dutzend dieser schwarzbraunen Zwiebelsresscr 
todtmalmte, so fingen die übrigen doch an, ihn wieder auf 
zuwinden. Gerade so wie bei uns, wenn aus der Form 
brechende Eisenfluthen etwa einige Arbeiter jämmerlich ver 
kohlen: d«e anderen treten ein, die Lmie steht immer un 
unterbrochen im Feuer. 
Man hat die Architektur der Paläste aus Eisen und 
Glas jetzt ja schon so weit ausgebiloet. . Man weiß m 
diese Häuser im Sommer Kühle, im Winter Wärme ein 
strömen zu lassen. Es giebt ja in dieser Richtung keine 
unlösbaren Aufgaben heute. 
Man thürme einen solchen Palast auf. Man wähle 
Eisen und Glas so, um Dauer zu schaffen, man ver 
säume nrcht, rnnerhalb des ungeheuren Raumes emen 
akustisch vorzüglichen Platz für die Verhandlungen zu er 
richten. Man sorge für em Wunderwerk von Temperamr- 
vorzüglichkeit, für einen Sommer- und Wintergarten da, 
der dw Gärten der Semrramiö verdunkelt, man schaffe 
von ganz neuen Gesichtspunkten aus Rath für alle Be 
dürfnisse und Anforderungen. 
Man schreibe für einen solchen Palast eine Coucurrcnz 
aus! Da wird weder von Gothik, noch von Renalssance 
die Rede sein: aber Pläne werden einkommen, von oenen 
mehr als einer die Frage rn genialer Weise lösen, oder 
der Lösung zuführen wuv. 
Ein Kunstfreund. 
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